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1.5Zusammenspiel von Ressourcen und Stressoren

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Wenn es nun um einen möglichen Überblick zu den gelungenen und herausfordernden Aspekten der Bewältigung des eigenen Lebens geht, sei an dieser Stelle an das wertvolle sog. integrative Systemmodell der Familienentwicklung des Psychologen Klaus A. Schneewind (2010, S. 128 f.) erinnert, welches das Zusammenspiel von vertikalen Ressourcen und Stressoren sowie von horizontalen Ressourcen und Stressoren beschreibt (Abb. 1; Tabelle 1).

Abb. 1: Systemmodell der Familienentwicklung unter Berücksichtigung von Stressoren und Ressourcen (aus Schneewind 2010, S. 128)

Mit diesem Modell ist es Schneewind sehr gut gelungen, die individuelle Dimension, die partnerschaftliche Dimension, die Einflüsse des Mehrgenerationensystems und weiterer außenliegender Systeme an einem idealtypischen Modell von Paar und Familie zu beschreiben (Schneewind 2010, S. 130): »Im Zusammentreffen der vertikalen und horizontalen Dimension von Stressoren und Ressourcen entscheidet sich, wie ein Paar oder Familiensystem mit gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen umgeht.« Vergleichbares gilt auch für alleinstehende Menschen ohne Partner. In diesem Sinne stellt das Modell ein Gerüst zur Verfügung, um Bilanz zu ziehen, und eignet sich gut als Matrix, um »von oben« auf die aktuelle Lebenssituation zu schauen und entsprechende Such- und Sortierprozesse anzuregen:

•Wo bin ich, bzw. sind wir bereits gut aufgestellt?

•Was sind wertvolle Impulse aus meiner/deiner Familie?

•Wo passen unsere Konzepte gut zueinander?

Tab. 1: Beispiele für vertikale bzw. horizontale Stressoren und Ressourcen im individuellen System sowie im Paar- bzw. Familiensystem (aus Schneewind 2010, S. 129)

•Was fördert unser Familienklima?

•Wodurch sorgen wir für Lebensqualität?

•Was hilft uns mit möglichen Belastungen umzugehen?

•Auf welche Kraftquellen können wir zählen?

•Wo sollten wir noch »anbauen«?

Fragen, die im Trubel des Alltags gelegentlich untergehen können, die für die bewusste Gestaltung des eigenen Lebens jedoch von zentraler Bedeutung sind. Insbesondere, da die aktuellen, weiter oben beschriebenen gesellschaftlichen Herausforderungen (Kap. 1.2) von den handelnden Menschen permanente Standortbestimmungen und Anpassungsleistungen erwarten, damit sie den festen Boden unter den Füßen behalten.

Das kann nicht ohne Wirkung auf die unterschiedlichen Professionen bleiben, denn die »Möglichkeiten, an den zu bewältigenden Lebensaufgaben zu scheitern, sind gewachsen. Biografische Kompetenz ist gefragt« (Schulze 2003, S. 66). Aus Theodor Schulzes Sicht müssen sich die professionellen Fachkräfte daher auf unterschiedliche lebensgeschichtliche Voraussetzungen und biografische Perspektiven einstellen, »und die Förderung biografischer Kompetenz wird zu einer pädagogischen Aufgabe« (ebd.).

Dieser Einschätzung folgen auch Kraul und Marotzki (2002, S. 8) mit ihrer Schlussfolgerung, Menschen seien

»im Übergang zur Informationsgesellschaft im hohen Maße auf biografische Arbeit verwiesen. Das liegt nicht nur daran, dass eine sogenannte Normalbiografie ihre normative Kraft weitestgehend eingebüßt hat, sondern es hat auch viel damit zu tun, dass beispielsweise Lernen lebenslang in die Biografie integriert werden muss«.

Beide Autoren sprechen folglich von Biografiearbeit als einer modernitätstheoretisch fundierten Kategorie. In die gleiche Richtung zielt der US-amerikanische Soziologe Richard Sennett: Seinen Studien zufolge nimmt die Kurzfristigkeit des Arbeitslebens den Menschen die Chance, »eine Lebensgeschichte durch Arbeit« zu entwickeln (Sennett 2001, S. 19), sodass eine »Sinnhaftigkeit« im eigenen Leben »erst durch erhöhte biografische Arbeit hergestellt werden kann« (Kraul u. Marotzki 2002, S. 9). Dieser die Biografiearbeit begründenden Spur will ich nun nachgehen.

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