Читать книгу Die Missionen 141-150 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21015 - Antje Ippensen - Страница 33

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Ihr Alarmstart glückte, sie erreichten auf Anhieb Fluchtgeschwindigkeit – doch was dann folgte, war entsetzlich. Mit Hilfe der sehr leistungsfähigen Bildübertragungssysteme an Bord des Gleiters verfolgten die drei Männer auf den Monitoren, wie sich über dem fast endlosen Meer von Aquandia eine Art Wasserhose bildete. Irgendeine Kraft saugte das Wasser an und – transformierte es. An der Spitze des gewaltigen, wirbelnden Trichters entstand ein orangeroter Teil, der sich ablöste und sich, in Pfeilform, mit unvorstellbarer Gewalt in den Weltraum hinauskatapultierte. Das Ziel dieser tödlichen Waffe war die CARPE DIEM. Und alles geschah so irrwitzig schnell, dass keine Gegenwehr, kein Ausweichmanöver möglich war. Die zweite Offizierin Starface versuchte es tapfer, das konnte Darkin, der hilflos keuchte und knurrte, deutlich erkennen. Aber sie hatte keine Chance.

Der erste Treffer durchdrang mühelos die Schutzschilde, riss einen Teil der Außenhülle auf und brachte die CARPE DIEM ins Trudeln. Fassungslos starrten Darkin, Espinosa und Kvight auf das schreckliche Schauspiel – es hatte ihnen die Sprache verschlagen. Später fragte sich Darkin, ob er noch etwas hätte machen können. Er glaubte es eher nicht.

Das zweite Geschoss war kein Pfeil, sondern ein wirbelndes Feuerrad mit Zacken, und es folgte dem anderen so schnell, dass weder Flucht noch Gegenangriff möglich waren. Im nächsten Moment gehörte die CARPE DIEM der Geschichte an. Sie zerbarst als funkensprühendes Etwas im Weltall, vollständig, und ohne Zweifel hatte kein Besatzungsmitglied mehr die Zeit gehabt, mit einer Rettungskapsel zu fliehen.

Es blieb keine Zeit zum Trauern. Die „Wasserhose“, diese tödliche Katapultwaffe, richtete sich auf ein neues, kleineres Ziel aus.

„ Weg hier!“, brüllte Espinosa, der als erster die drohende Gefahr erkannte, und er programmierte mit traumwandlerischer Sicherheit einen komplexen Zickzackkurs, um sodann den Gleiter mit Höchstgeschwindigkeit durch den Kosmos zu jagen. Währenddessen sprang Darkin an die Waffensysteme und legte einen Sperrfeuergürtel; gerade noch rechtzeitig, um wenigstens eine Kleinigkeit ausrichten zu können.

Ein triumphierendes „Yeah!“ entrang sich ihm, als es ihm gelang ein orangefarbenes Netz zu zerreißen, das auf den Gleiter zuschoss und das kleine Raumfahrzeug laut technischer Analyse mühelos zerdrückt hätte wie eine Männerfaust eine Pflaume, sobald es mit irrwitziger Geschwindigkeit seine Beute gefangen und umschlungen hätte.

Dazu kam es nicht – aber ein aus Blau und Orange geflochtenes Seil, ohne Zweifel aus purer, tödlicher Energie, streifte den Gleiter, so dass er sich überschlug. „Festhalten!“, schrie Espinosa, konnte aber seinen eigenen Rat nicht befolgen und wurde quer durch den Raum geschleudert. Im letzten Moment hatte er noch eine schwierige Steuerungsänderung vorgenommen, und das erforderte seine ganze Konzentration. Er prallte mit mörderischer Gewalt an mehrere harte Kanten, während Darkin und sogar Kvight es schafften sich festzuhalten. Der Käptn hatte auf automatisches Schießen stellen können.

Dank Espinosas genialer Manöver schafften sie es – beinahe. Verdammt, das war knapp, fluchte Darkin in Gedanken, als das nächste Geschoss um Haaresbreite an ihnen vorbeisauste. Espinosa raffte sich mühsam auf und schaffte es, den wild trudelnden, völlig außer Kontrolle geratenen Gleiter wieder in seine Gewalt zu bringen. Er fing das kleine Raumboot auf und erhöhte die Geschwindigkeit, so gut es noch ging. Wir sind schwer beschädigt, schoss es Darkin durch den Sinn.

„ Professor, schnallen Sie sich an! Und recherchieren Sie im Terminal nach einem Himmelskörper, auf dem wir landen könnten! Na los doch!“

Kvight zuckte zusammen, gehorchte aber auf der Stelle Darkins Befehl.

Waren sie außer Reichweite der unheimlichen planetaren Abwehr von Aquandia, die sich aus dem Nichts heraus manifestiert hatte? Fieberhaft suchten Darkins Augen den Achter-Monitor ab, er zoomte das Bild heran und wieder weg, schwenkte herum. Nichts. Was aber nicht das geringste heißen musste.

Sie waren verloren, wenn nicht ein Landeplatz auftauchte. Durch die Havarie ging ihnen Energie in rauen Mengen verloren, in so beängstigender Geschwindigkeit, dass es schwindelerregend war. Die KI des Gleiters griff schon auf sämtliche Power-Reserven zurück. Geistesgegenwärtig dachte Darkin an die Notrufdrohne und koppelte sie von der kraftsaugenden KI ab, um sie dann hastig zu präparieren. Er verfasste seine Nachricht und obwohl er sich bemühte, sie sachlich abzufassen, merkte er, dass das Ganze ziemlich verrückt klang. Kein Wunder. Er tappte ja selbst im Dunkel und versuchte vergeblich, sich einen Reim auf die Sache zu machen. Tatsache war, dass fremde Wesen Besitz ergriffen hatten von den menschlichen Kolonisten. Zunächst musste diese „Besetzung“ von Geist und Körper der Menschen nur teilweise, schleichend erfolgt sein, und Carena und Cohen hatten offenbar am längsten Widerstand geleistet – deshalb hatten sie auch noch diese Warnung aussprechen können. Wie aber war eine so perfide Manipulation der Menschen möglich gewesen? Was planten die Wesen, was hatten sie vor? Weshalb hatten sie zuerst dem Treiben des Professors und den Nachforschungen der Offiziere untätig zugesehen? Fragen über Fragen.

Darkin hatte einen sauren, bitteren Geschmack im Mund. „Drei Überlebende“, schrieb er als letztes und ihre drei Namen. Er war kurz davor, die Drohne loszuschicken, als ihn die Stimme des Professors in seinem Tun unterbrach.

„ Da, ein Asteroid! Er ist ziemlich groß, wir müssten drauf landen können!“, stieß Kvight plötzlich hervor. Sie waren noch ein paar Millionen Meilen entfernt von dem rasenden Felssplitter im All, doch Darkin vermutete, dass sie es schaffen konnten.

Wie zum Hohn, wie um ihn zu widerlegen trudelte der Gleiter plötzlich erneut, und Espinosa stieß einen erstickten Schrei aus. Gedankenschnell löste der Kapitän seine Sicherheitsgurte und durchquerte den kleinen Raum, sich an Arbeitsstationen und Sitzlehnen festhaltend, um seinem Ersten beizustehen. Das war auch dringend nötig. Ellams Augen waren unnatürlich geweitet, er stand unter Schock. Und dann bemerkte Darkin auch den dünnen Blutfaden, der ihm aus dem Mundwinkel lief. Er drückte ihm aufmunternd den Arm und setzte sich auf den zweiten Platz, übernahm umgehend alle Steuerungsfunktionen. Er hatte große Mühe, den Gleiter auf Kurs zu bringen – die Beschädigungen waren einfach zu schwer – und er nahm an, dass sie eine Notlandung hinlegen mussten. Bei der das Gefährt zweifellos zerbrechen würde. Sie würden sich im richtigen Moment durch Schleudersitze hinauskatapultieren müssen.

„ Ellam, halte durch, wir schaffen es“, stieß Darkin hervor.

„ Ja Sir“, antwortete der Erste schwach.

„ Nicht reden. Kannst du deinen Protector alleine anziehen?“

Espinosa nickte und machte sich gleich ans Werk.

„ Sie auch, Kvight“, sagte Darkin, während er selbst nach seinem Schutzanzug griff.

Der Asteroid kam näher und näher – siedendheiß fiel Darkin die interstellare Rufdrohne ein. Fast war es schon zu spät, doch er konnte noch klar denken. Und so ergänzte er seine Nachricht um die genauen Koordinaten und das Ziel, ehe er sie losjagte. Im allerletzten Moment.

Und dann wurde aus der geplanten Notlandung sogar ein Absturz.

Es grenzte an ein Wunder, dass es ihnen gelang, sich rauszuschleudern, ehe der Aufschlag erfolgte. Der ohnehin schon lädierte Espinosa erlitt dabei weitere Verletzungen, und die Protectoren wurden beschädigt; wie bei fast allen Anzügen lag die Schwachstelle bei der Sauerstoffversorgung, die solch schweren Unfällen nichts entgegenzusetzen hatte. Ihnen blieb nur eine Stunde, vielleicht weniger – doch glücklicherweise enthielt Darkins Notfallrucksack ein Atmosphärenzelt. Und die Antigrav-Einlagen in den Stiefeln taten ihren Dienst.

Es war und blieb ein Wunder, und nun ging es darum, die winzige Chance zu nutzen, die ihnen das Schicksal gegeben hatte. Manchmal dachte Darkin, seine restliche Mannschaft war vielleicht besser dran – verbannte diese defätistischen Gedanken aber gleich wieder. Durch die Botschaft, durch seine kosmische Flaschenpost würden sie gerettet werden. Er musste ein leicht irres Kichern unterdrücken, denn er wusste selbst, dass er sich an einen mikrodünnen Faden klammerte.

Die Gedanken an einen schnellen Tod kehrten wieder, als Darkin von draußen nasse, schmatzende, schleimige Schritte hörte, die sich dem Atmo-Zelt näherten.

*


„ Käptn?“, hörte Xala Nathans Stimme hinter sich. Sie war auf dem Weg zum Casino und hatte gerade zufrieden festgestellt, in was für einem hervorragenden Zustand sich die MEGAN 3 befand.

Sie verlangsamte ihren Schritt, drehte sich um und sah ihn freundlich an. Er wirkte noch ein kleines bisschen befangen, doch da er seine Strafe mannhaft angenommen hatte, war für Xala alles vergeben und vergessen. Ihr letzter Auftrag – ausnahmsweise keine Raumfahrtmission, sondern geheimagentenmäßiges Bewachen eines kosmischen Artefaktes – lag erst eine Woche zurück. Dabei war es Kapitän Xala und Arsay, ihrer Ersten Offizierin, trotz einer irren Kamikaze-Aktion Nathans gelungen, die Aufgabe zu einem guten Ende zu führen.

„ Ja, Nath? Was gibt es?“

„ Kann ich Sie einen Augenblick sprechen?“

„ Sicher doch. Schieß los.“ Xala blieb stehen und registrierte amüsiert, wie scheu und respektvoll er auf einmal wieder war – sie duzten sich normalerweise alle an Bord der MEGAN 3, von der Basismannschaft, bestehend aus zwölf eigenartigen kleinwüchsigen Dwarfinnen, einmal abgesehen.

Nathan Hilk blinzelte nervös mit seinen schönen kohlgrünen Augen, ehe er begann.

„ Also, ich hatte ja ein bisschen Zeit zum Nachdenken. Mir ist klar geworden, wie extrem dumm und leichtsinnig ich gehandelt habe, als ich so überstürzt und so“, er schluckte und wich Xalas Blick aus, „befehlswidrig aufbrach, um mich zum Narren zu machen. Eigentlich war mir das schon von Anfang an klar, spätestens, als ich in der Krankenstation aufwachte. Ich hab aber weiter nachgedacht und – bitte, Sir, wie stehen meine Chancen, mich von Arsay ausbilden zu lassen, im Kampf? Ich will das beherrschen, was sie kann, zumindest teilweise. Bei meinem – dilettantischen Versuch, ihr zu Hilfe zu eilen, hatte ich geglaubt, ich wäre fit. Schließlich hatte ich ein Fitness- und Muskeltraining absolviert! Aber es war nutzlos! Ich konnte nichts einstecken, ich konnte mich nicht wehren, meine Reflexe waren lausig, meine Reaktionen schwach. Und ich bin, nach allem, was ich erlebt habe, davon überzeugt, dass wir wieder in gefährliche Situationen geraten, und ich will endlich auch auf diesem Gebiet was taugen. Will ihr den Rücken freihalten können. Ich wäre glücklich, wenn sie mich wenigstens ab und zu mal einsetzen kann; wenn ich sie entlasten könnte. An Bord der MEGAN 3, vor allem, so lange sie nur mit dieser schrägen Crew unterwegs ist, müssen alle auch im Kampf mit anpacken.“

Xala lächelte, aber ohne Spott. „Und was ist aus ‚Nathan-die-Feder-ist-mächtiger-als-das-Schwert-Hilk‘ geworden?“

„ Ich glaub, der wurde tierisch ausgeknockt“, versetzte Nathan grimmig. „Er musste einsehen, dass er sich gefälligst zu verändern hat. Er muss sich weiterentwickeln, damit ihn nicht mehr ein einziger Wurf durch einen Reptiloiden vom Flugboard holt.“

„ Dabei versichert mir Arsay, dass du ihr dadurch einen entscheidenden Moment verschafft hast“, bemerkte Xala mild. „Möglicherweise bist du gut genug so, wie du bist, Nathan. Hast du dir die Sache wirklich genau überlegt? Ich warne dich hiermit vor falschem Ehrgeiz. Du besitzt genügend Qualitäten, und eine Tour de Force in Sachen kämpferische Fähigkeiten kann ich nicht gutheißen.“

„ Weshalb nicht, Sir?“

Xala lehnte sich gegen die konkav gewölbte Wand des Ganges, stützte eine Hand in die Hüfte und ihre Augen fixierten Nathan. „Wer gut kämpfen kann, übernimmt eine hohe Verantwortung. Und doch scheint den meisten Kriegern dies nicht bewusst zu sein. Das liegt unter anderem daran, dass der Kampf wie ein Rauschgift sein kann. Ja, er steigt dir zu Kopf, löscht Teile deiner Persönlichkeit und dann dieses Machtgefühl! Es macht den einen oder die andere völlig verrückt. Ich habe es im Krieg erlebt. Arsay hat es im Krieg und bei vielen anderen Gelegenheiten erlebt. Sie gehört zu den überaus seltenen Exemplaren kämpferisch begabter Geschöpfe, die Kampf als Kunstform ansehen und leben. Er bereitet ihr Vergnügen, und doch vergisst sie niemals, verantwortungsbewusst zu handeln, so edel wie möglich und nach den Regeln des Fair Play. Bist du ebenfalls dazu bereit? Sich auf das einzulassen, was sie beherrscht – und in der Tat, dir wird es nur zu einem Teil gelingen, das zu meistern, egal, wie hart du trainierst – ist gefährlich. Für dich. Für den Menschen, der du bist. Ich mag diesen Menschen, der du bist, Nathan. Ich möchte nicht erleben, dass deine schlimmsten, niedersten Instinkte herausgekitzelt werden.“

Sie sah, dass er ihre Worte ernst nahm, er sich Satz für Satz durch den Kopf gehen ließ. Das gefiel ihr.

„ Hätte ich denn überhaupt eine Chance?“, beharrte er dann. „Würde Arsay mich ausbilden?“ Sein Gesicht wirkte sehr angespannt, er hing an ihren Lippen.

„ Nun – schwer zu sagen. Ich wollte sie auch mal dazu bewegen, meine Mädchen zu trainieren, nicht im Kampf, sondern damit sie körperlich leistungsfähiger werden, aber Arsay stöhnte nur und meinte, das läge ihr überhaupt nicht. Als sie dich zu Anfang deiner Dienstzeit ein bisschen rumscheuchte, tat sie das auch nur auf Befehl. Andererseits“, Xala strich sich nachdenklich über Kinn und Hals, „ist sie der Meinung, dass du den einen oder anderen Energiekristall bei ihr im Brett hast. Als mehrfacher Lebensretter und so. Ab und an hat sie sich zwar revanchiert, doch es könnte durchaus sein, dass sie sich deswegen breitschlagen lässt, dich in ihre Kunst einzuweihen. Ein bisschen zumindest. Weil sie denkt, dass sie dir noch was schuldet.“

Nathan verzog den Mund.

Nanu, dachte Xala erstaunt, schmeckt ihm die Sache mit der Verpflichtung nicht? Hat er etwa gehofft, dass Arsay ihn aus reiner Freundschaft als ihren Schüler annimmt?

Ihr Nachrichtenoffizier holte tief Lust, schien sich mit ihrer Einschätzung abzufinden und meinte, hartnäckig wie eh und je: „Und würden Sie ein gutes Wort für mich einlegen, Käptn? Arsay hört auf Sie. Es wäre schließlich wichtig und zum Besten des Schiffes ...“

Xala lachte auf. „Oh nein, das machst du hübsch allein, mein Bester. Du findest schon die richtigen Worte. Und übrigens sagen wir ‚Du‘ zueinander, hast du das denn ganz verdrängt?“

Nathans Ohrmuscheln färbten sich an den Rändern rötlich. „Ähm, ich dachte, ich verdiene das nicht mehr, seitdem Sie mich, seitdem du mich bestrafen musstest.“

Sie schnalzte mit der Zunge. „Was glaubst du, wie oft ich meine eigentliche Crew, bestehend aus wilden, unangepassten Existenzen, disziplinieren musste? Damit sie immerhin halbwegs die ihnen zugedachten Aufgaben erfüllen konnten?“

„ Kam das wirklich so häufig vor?“, fragte Nathan erstaunt.

„ Na gut, ich übertreibe im Nachhinein vielleicht ein bisschen“, grinste Xala. „Zumal ich mit Kezz, Herkulat und den anderen immer noch nicht im Reinen bin und nicht gerade wohlwollend an sie denke.“ Ihr Grinsen erlosch.

„ Übrigens wollte ich dir noch was mitteilen, Käptn“, fing Nathan an und machte nun einen deutlich gelösteren Eindruck auf Xala.

In diesem Moment summte der kleine Obelisk an ihrem Hals, der so viel mehr war als ein Schmuckstück, und Xala hob die Hand. „Das muss warten, Nathan. Gehen wir zum Meeting Raum – Johnson will uns sprechen.“ Schon wurde auch ihr Nachrichtenoffizier angepingt. Obwohl viele Raumflottenoffiziere des Sektors einen implantierten Chip trugen, hatte er sich letztendlich doch auch für einen personalisierten Halsschmuck als Kommunikator entschieden.

Sie machten beide kehrt und gingen in Richtung des Konferenzzimmers der MEGAN 3 anstatt zum Casino. Auf dem Weg dahin begegneten sie Arsay, die eine goldbraune, köstlich duftende, frisch geschälte Banane in der Hand hielt. Mit vollem Mund murmelte sie undeutlich: „Na toll. Ich hab mich scho‘ dran gwöhnt, dass wir mehrere Wochen Pause ham zwischn den Aufträgen.“

„ Sowas wie geregelte Urlaubszeiten gibt es bei der Raumflotte nicht, daran solltest du dich noch erinnern können, Arsay“, lächelte Xala. „Auch keine Routine, eigentlich.“

Arsay schluckte ihren Bissen herunter und meinte: „Es sei denn, du schiebst öden Bewach-mich-Dienst auf einem Planeten, der gar keine Bewachung braucht. Bis vor kurzem dein Routine-Schicksal, Käptn, wenn ich dich daran erinnern darf.“

„ Darfst du. Nur bitte nicht allzu oft.“

Ihre Erste Offizierin hielt ihr die Banane hin. „Abbeißen? Sowas hast du nie zuvor aus einem Nutri-Distributor geholt, Käptn, ich schwör’s dir. Der neueste Gourmet-Hit.“

Xala nahm das Angebot an und musste Arsay beipflichten – die Banane schmeckte toll: cremig, fruchtig, vanillig und noch dazu mit einer leicht würzigen Note, die hervorragend mit den übrigen Aromen harmonierte. Sie sah, wie hungrig Nathan die Erste Offizierin anblickte, und Arsay bemerkte das ebenfalls.

Aber als sie ihm großzügig auch ein Stück Banane anbot, zuckte er nur zusammen, schüttelte den Kopf und nuschelte: „Nein danke.“

Wahrscheinlich spukt ihm noch unser Gespräch im Kopf rum, dachte Xala, und er überlegt sich, wie und ob er Arsay um Kampftraining bitten soll.

Gleich darauf hatte sie diese kleine Szene schon wieder vergessen, denn sie konzentrierten sich alle drei auf den Holo-Kopf ihres Admirals, der ihnen schilderte, was sich im Nachbarsektor gerade zutrug und weshalb es dringend erforderlich sei, dass sie sofort durch Kampfstart aufbrächen.

„ O’Rapin, Umurut, Hilk – ich weiß, Sie hatten relativ wenig Regenerationszeit nach dem letzten Auftrag, vor allem Sie, Umurut“, der weißhaarige Admiral legte eine kurze Pause ein und sah Arsay fragend an.

„ Alles gut, Sir“, antwortete die Erste Offizierin lässig. „Bin voll einsatzfähig.“

„ Und das Schiff wurde ja kaum in Anspruch genommen“, warf Xala ein. „Wir können auf der Stelle starten.“

Johnson nickte zufrieden und fuhr fort: „Als vor einer Viertelstunde die interstellare Rufdrohne bei uns eintraf, wusste ich innerhalb weniger Minuten, dass für diese Aufgabe nur die MEGAN 3 infrage kommt. Zum einen gehören Sie drei zu meinen fähigsten Offizieren, auch Sie, Hilk, Sie haben einen Blitzkarrierstart hingelegt, und das als Quereinsteiger. Zum anderen kennen Sie, O’Rapin, und Sie, Umurut, Kapitän Darkin schon lange. Sie können am besten einschätzen, ob er den Verstand verloren hat.“

„ Darkin? Rob Darkin?“, fragte Xala verblüfft. „Dieser mit allen Wassern gewaschene Draufgänger, der ebenso schlau wie durchsetzungsstark ist?“ Sie sah Arsays braune Augen aufleuchten – auch sie erinnerte sich an den Mann.

Johnson zwirbelte die Enden seines Schnurrbarts. „Die Zeit drängt. Ich habe Ihnen alle erforderlichen Daten schon überspielen lassen. Retten Sie Darkin und das, was von seiner Crew noch übrig ist. Liefern Sie mir eine komplette Aufklärung des Falles ‚Aquandia‘. Was ist auf dem unheimlichen Planeten passiert? Schnappen Sie sich Ihre Dwarfinenn und auf geht’s. – Ach ja ...“

Was kam nun noch? Hoffentlich keine unangenehmen Fragen nach Kezz, Herku und den anderen, also der Ur-Crew der MEGAN 3, die sich mit ihrem Käptn überworfen hatte. Die Fronten waren inzwischen verhärtet und Kommunikation fand nicht mehr statt. Xala runzelte flüchtig die Stirn, während sie sich weiterhin auf den Admiral konzentrierte. Ihre Sorge war zum Glück unbegründet, denn Johnson rückte mit etwas ganz anderem heraus.

„ Sie müssen auf einen der Dwarfinnen verzichten – ich habe Ihnen eine... Praktikantin zugeteilt. Relisa ist meine Nichte und ich hoffe, sie wird einen realistischen Einblick in die Arbeit der Raumflotte erhalten.“ Seine Miene strahlte eine grimmige Zufriedenheit aus, als er hinzufügte: „Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, der Flotte beizutreten.“

Xala und Arsay setzten neutrale Mienen auf, was Nathan nicht so gut gelang.

„ Relisa ist ein ganz verständiges Mädchen“, fuhr der Admiral fort. „Nehmen Sie sie ruhig hart ran. Gibt es damit etwa irgendwelche Probleme?“

„ Nein, Sir“, sagte Xala. „Und selbst wenn: Probleme sind schließlich nichts anderes als Lernprozesse.“

Johnson grinste breit, machte das Daumen-hoch-Zeichen und beendete die Übertragung.

„ Na toll“, beschwerte sich Nathan, „das hat uns noch gefehlt! Kindermädchen zu spielen für eine Admiralsverwandte, die bestimmt eine Sonderbehandlung erwartet und ...“

„ Moment, Nath, gib ihr erstmal eine Chance“, unterbrach Xala ihren Nachrichtenoffizier.

„ Und hast du nicht gehört, wie der Alte Sternenraubfisch sagte: Nehmt sie ruhig hart ran. Das meint er wirklich so“, erklärte Arsay.

„ Übrigens: Nur du, Nathan, wirst für die Praktikantin zuständig sein. Das ist ab sofort deine Hauptaufgabe, und ich erwarte, dass du sie gut und mit Hingabe erledigst. Arsay und ich kümmern uns um den Rest“, bestimmte Xala.

Nathan starrte sie an und versuchte ein Lachen, er glaubte wohl, dass sie einen Scherz machte. Seine kohlgrünen Augen weiteten sich ungläubig. „Ich, ich soll das Kindermädchen sein?“

Arsay lachte. „Hey, das finde ich gut. Dann erfährst du endlich mal in etwa, wie ich mich als dein Kindermädchen gefühlt habe, Nath!“

Hilk fuhr wie von einer Schlange gebissen zu ihr herum und fauchte: „War ja klar, dass du so eine Bemerkung vom Stapel lassen musst – Umurut!“

„ Sind wir da etwa ein bisschen empfindlich?“, spottete Arsay. „Hast wohl vergessen, wieviel Mühe ich mir mit dir gegeben habe? Ja, das verdrängt man doch gern. Nun bildest du dir ein, blitzschnell der relativ brauchbare Raumflottenoffizier geworden zu sein, der du jetzt bist, und zwar praktisch aus dir selbst heraus, stimmt’s?“

„ Wer sich hier wohl eher was einbildet? Ich geb dir einen Tipp: Dafür brauchst du nur in den Spiegel zu gucken!“, rief Nathan böse.

„ Ich muss sagen, das hab ich schon vermisst: dass ihr beide euch kabbelt. Hat was Vertrautes“, mischte sich Xala seelenruhig ein, und dann fügte sie hinzu, sie wolle nun eben rasch die Dwarfinnen ins Bild setzen.

Arsay schnalzte bewundernd mit der Zunge, und Xala glaubte zu wissen, wieso: Das letzte Mal, als ihre Erste Offizierin und Hilk sich zankten, hatte sie darauf noch gereizt reagiert.

„ Und hier ist höchste Eile geboten, wie ihr wisst! Holt Relisa und macht alles klar zum Kampfstart. Denkt daran, dass Admiral Johnson nur eine Viertelstunde gebraucht hat seit dem Auftauchen der interstellaren Rufdrohne, um uns diesen Auftrag zu geben. Das ist neuer Rekord, vermute ich.“

Nur wenig später erschien Xala im Tropfensegment ihres Schiffes, und zwar im unteren Bereich, im Tropfenbauch: dem Wirkungsbereich des Dwarfinnen-Kollektivs. Die Quartiere der Basismannschaft lagen in den „Scheren“ der MEGAN 3, aber arbeiten taten sie hier, im Zentrum des Antriebes, während der sich verjüngende, spitz zulaufende Bereich des „Tropfens“ ausschließlich den Führungsoffizieren vorbehalten war. Offizierskabinen, Krankenstation, Casino, Labore und Kommandobrücke lagen nicht weit voneinander entfernt. Der Meeting Raum hingegen befand sich weiter hinten/unten, Richtung Antriebsbereich im bauchigen Teil.

Die zwölf Kleinwüchsigen wuselten bereits wie Ameisen durcheinander, emsig beschäftigt, und strahlten dabei diesen kalten Autismus aus, für den sie berüchtigt waren. Mit Genugtuung stellte Xala fest, dass sich diese Ausstrahlung subtil veränderte, sowie sie den Raum betrat; sie spürte, dass ihre Basis-Mannschaft, die niemals Gefühle zeigte, Respekt empfand, der an Furcht grenzte. So gehörte es sich. Heute habe ich nur die Elektropeitsche für euch, kein bisschen Süßstoff. Na gut, eine ganz bestimmte Karotte kann ich doch bieten.

Null-Eins-Strich-Sieben, dwarfinnische Sprecher/in, trat auf sie zu. „Kapitän?“

„ Dies ist eine Priorität-Eins Rettungsmission“, erklärte Xala mit frostiger Strenge. „Eine Praktikantin kommt zudem an Bord. Drei Menschen sollen lebend von einem Asteroiden geborgen werden.“ Die Sprecherin begriff schon jetzt, und ganz kurz flackerte es in ihren farblosen Augen auf.

„ Sofort vier Dwarfinnen auswählen und in die Kyrokammern verfrachten“, ließ Xala den Befehl folgen, den zu akzeptieren diesem Volk sehr schwerfiel, weil dadurch ihr wie eine geölte Maschine funktionierendes Kollektiv zerrissen wurde. Auf einen Angehörigen der Gruppe zu verzichten, war für das Dutzend schon schwierig genug, aber gleich auf vier? Dergleichen hatte Kapitän O’Rapin ihnen bis jetzt noch nie zugemutet. Xala wusste das auch sehr gut.

Null-Eins-Strich-Sieben stand reglos da und nach einer Weile wortlosen Blickemessens mit Xala nickte der Dwarf/die Dwarfin schwach.

„ Kapitän, bei letzter Mission, die uns Opfer abverlangte, war Belohnung entsprechend.“

Es klang nicht fragend, war aber so gemeint.

„ Ich erinnere mich“, sagte Xala kalt. „Sie begeisterte euch sogar so sehr, dass ihr den eingefrorenen Dwarf glatt vergessen hättet, wenn wir nicht an ihn gedacht hätten!“ Sie wählte bewusst die rein männliche Formulierung, worauf Dwarfinnen normalerweise mit Protest reagierten – sie wollte ihre Basis-Mannschaft ein bisschen aus der Reserve locken, Gefühlsäußerungen provozieren, vielleicht ein paar Rechtfertigungen und weitere Lügen hören. Aber sie wartete vergeblich darauf.

Wie erloschen und gleichzeitig gierig stand das Geschöpf da, protestierte nicht, schwieg.

„ Dieses Mal habe ich kein Extragold und keine Energie-Rubine zu bieten.“ Sie legte eine wohlkalkulierte Pause ein, während das rein geistige Duell zwischen ihr und Null-Eins-Strich-Sieben weiterging. Xala holte zu einem letzten Hieb mit der Elektropeitsche aus, sozusagen. „Doch der besondere Dank der Raumflotte wird euch gehören, wenn die Mission erfolgreich abgeschlossen ist. Darauf könnt ihr in eurer besonderen Situation nicht verzichten, dies ist wertvoller als Gold und Edelsteine, seid dessen sicher.“ Das war haarscharf an der Grenze zur Drohung, das wusste sie und ihr war auch klar, dass sie ein Wagnis einging. Eines Tages, fügten ihre Augen noch hinzu, werdet ihr alle Fürsprecher brauchen, die ihr kriegen könnt. Wie auf lautlose Anweisungen hin erschienen sechs Dwarfinnen im Halbkreis um die Sprecherin und schauten genauso ausdruckslos drein wie sie. Null-Eins-Strich-Sieben drehte sich zu ihnen um und zählte vier von ihnen ab, so rasch, dass Xala nicht alle Zahlen-Namen mitbekam. Es spielte für sie allerdings auch keine Rolle, sie konnte und wollte die Kleinwüchsigen ohnehin nicht auseinanderhalten.

Die vier Dwarfinnen nahmen ihre zeitweilige Versetzung in den eisigen Ruhestand stoisch hin.

Das wär erledigt, dachte Xala zufrieden.

Sie hatte aber nicht damit gerechnet, welchen Entrüstungssturm ihre Aktion bei einem ihrer beiden Offiziere hervorrufen würde. Für einen Augenblick glaubte sie sogar, Nathan Hilk würde tätlich werden – er sprang auf der Brücke von seiner Sitzschale hoch und beinahe auf seinen Käptn zu. Dabei sah Xala anerkennend, dass er wirklich kräftiger geworden war seit ihrer ersten Mission, er war nicht mehr der hagere Schlaks von ehedem, er hatte wirklich trainiert. Natürlich hätte er trotzdem nicht den Hauch einer Chance gegen Arsay gehabt, die als Leibwächterin ihres Käptns schon katzenschnell zwischen ihn und Xala trat. „Spinnst du, Nath?“, knurrte die frühere Söldnerin.

„ Sorry, ich ...“ Der ehemalige Journalist hielt inne und hob sofort beschwichtigend beide Hände.

Xala hatte nicht mit der Wimper gezuckt. „Wieso diese Überreaktion, Nathan?“, erkundigte sie sich sanft.

Sofort sprudelte es aus ihm hervor. „Gleich VIER Dwarfinnen!? Ich dachte, einer! Admiral Johnson sagte doch ... Wieso denn nur, das wird sie schwächen und wütend machen und – also das geht doch einfach nicht! Käptn, bei allem Respekt! Erstens wissen wir doch noch gar nicht, ob wir wirklich drei Männer lebend retten und zweitens könnten wir die dann doch in den Kryokammern transportieren!“

„ Das“, sagte Xala sehr bestimmt, „wird ganz sicher nicht passieren. Überleg doch mal, Nathan: Kapitän Darkin und die beiden anderen Überlebenden müssen uns unbedingt dabei helfen, die Hintergründe dieses Desasters aufzuklären. Wir brauchen sie! Während es für die Dwarfinnen mal ganz gut ist, von der Routine abzuweichen und zu acht klarzukommen. Und du weißt ja – ein kleines bisschen geschwächt, demütig und verunsichert gefallen mir diese kleinen Suchtkrüppel viel besser. Dass sie Wut empfinden, eine Emotion, und gar nach außen tragen werden, bezweifle ich ganz erheblich.“

Nathan schüttelte so heftig den Kopf, dass sein fuchsrotes Haar flog. „Nein, nein, nein, Käptn! Das ist ... das ist einfach nicht richtig. Sie – Sie sollten das nicht tun“, schloss er ein bisschen lahm.

Xala musterte ihn durchdringend. Du verheimlichst mir doch irgendwas, mein Junge. Hältst was zurück, und wenn es bislang nur Mutmaßungen sind, von denen ich aber Kenntnis haben müsste!

„ Ich hab deinen Protest gehört, Nathan, und da ich der Käptn dieses Schiffes bin, brauche ich ja wohl nichts weiter zu sagen. Allerdings müssen wir zwei uns nochmal unterhalten über das Reizthema ‚Dwarfinnen‘. Nur nicht gerade jetzt.“

Wenn ich’s mir recht überlege, hast du jedesmal Bedenken gehabt, wenn ich meine zwergenhafte Basismannschaft mal ein bisschen gepiekst habe.

„ Genau – wir müssen auf der Stelle starten“, schaltete Arsay sich ein, „wo bleibt denn dieses Mädchen? Nach dem, was Johnson uns sagte, hab ich erwartet ...“

In genau diesem Moment öffnete sich das Schott zur Brücke und eine bildhübsche, zierliche junge Frau trat ein. „Käptn O’Rapin, Relisa Johnson meldet sich zum Dienst auf Probe auf der MEGAN 3“, sagte sie mit zarter Rehstimme und sah aus großen blauen Augen alle drei Offiziere der Reihe nach an. „Ich freue mich sehr, Sie alle kennenzulernen.“ Mit einem offenen Lächeln ging sie auf Xala zu und reichte ihr als erste die Hand.

„ Willkommen, Relisa – auf den letzten Drücker, wir dachten schon, du hättest Probleme mit dem Schwebelift oder seist versehentlich im falschen erloschenen Vulkan gestrandet“, sagte der Käptn und drückte die zerbrechlich wirkenden Finger des Mädchens ganz vorsichtig. Mit einem Lächeln aber nahm sie ihren Worten die Schärfe und Relisa lächelte erleichtert zurück. „Oh nein, ich wusste ja, Vulkan Nummer 17, mein Onkel hat mir alles genau erklärt, auch wie der Lift zu bedienen ist. Und mein Chip hat mich problemlos durch die Sicherheitsschleusen gebracht.“ Stolz hob sie ihr schmales Handgelenk. Sie trug als einzige auf der Brücke eine Sternenflottenuniform und ihr rotbraunes, blondgesträhntes Haar in einer perfekt aufgeräumten Hochsteckfrisur. Dass Arsay wie immer in blauschwarz schimmerndes Rizzoleder gekleidet war, vom glattrasierten Kopf bis zum gestiefelten Fuß, dass der Käptn barfuß lief und sich in Nano-Samt gehüllt hatte und dass auch Nathan, das am wenigsten schräge Crewmitglied, von Uniformen nichts zu halten schien, befremdete Relisa offenbar nicht. Im Gegenteil, sie betrachtete sie alle drei mit Bewunderung und lebhafter Neugier, kommentierte ihre eigenen Blicke auch sofort: „Käptn O’Rapin, Miss Umurut – ich habe die beiden Interviews gesehen, die Sie SHINING SPACE gegeben haben! Sie sind so toll. Wissen Sie überhaupt, dass Sie berühmt sind? Diese witzigen, spannenden Gespräche haben sich wie ein Lauffeuer im Quadranten verbreitet!“

Arsay und Xala wechselten einen Blick. Dann bemerkte der Käptn auch noch Nathans Das-war-es-worüber-ich-auch-noch-mit-dir-reden-wollte-Käptn-Gesichtsausdruck, und sie hätte beinahe „Oh meine Göttin!“ ausgerufen.

Stattdessen sagte sie: „Wir halten uns von dem ganzen Medienzeugs meistens fern, Relisa. Übrigens sind wir hier per Du, also steck die Förmlichkeiten in eine dieser steifen Uniformtaschen. Nathan wird sich um dich kümmern – er ist dein persönlicher Führungsoffizier. Nath, du weißt Bescheid!“

„ Ja, Sir.“

Zufrieden beobachtete sie, wie aufmerksam sich Hilk sogleich seiner Aufgabe widmete. Ehe er sich aber richtig hineinvertiefen konnte, ergriff der Käptn wieder das Wort, nachdem sie auf schiffsweite Kommunikation gestellt hatte. „Basismannschaft, Offiziere, hört her. Da die Zeit bei diesem Auftrag so sehr drängt, hören wir uns den Notrufinhalt während des Starts an. Zielkoordinaten wurden bereits ins System eingespeist.“

Während die MEGAN 3 ins All schoss, lauschten sie alle Rob Darkins Nachricht, und vor allem für Xala und Arsay war es beunruhigend anzuhören, wie ein Unterton von Hysterie, von nackter Panik in Darkins Stimme vibrierte. Bei ihm, den sie sonst als kaltblütigen, schwer aus der Fassung zu bringenden Mann kannten.

„ Sind auf der Flucht. Die – die CARPE DIEM ist verloren mit fast der gesamten Besatzung. Auf Aquandia haben unheimliche Schleim-Wasserwesen die Kontrolle übernommen. Sie sind kaum fassbar, es wirkt, als seien sie Wasserwesen und doch auch wieder nicht, sie – besetzen Menschen und zwingen sie auf perfide Weise unter ihren Willen. Nur Espinosa, Professor Kvight und ich konnten mit knapper Not entkommen. Gleiter schwer beschädigt. Notlandung auf Asteroid steht bevor. Äußerst wichtig: Quarantänegürtel um Aquandia herum legen! Gefährliche planetare Waffe bedroht nicht nur den Orbit.“

„ Dwarfinnen, wann erreichen wir diesen Asteroiden?“

Xalas spezielle „Freundin“, Null-Eins-Strich-Sieben, meldete sich mit besonders monotoner Stimme, so kam es der Kapitänin jedenfalls vor: „In einer Stunde drei Minuten ist Grenzgebiet zwischen Silber- und Goldsektor erreicht. Asteroid passiert diese Grenze genau dann.“

Arsay trat zu Xala. „Hoffentlich kommen wir nicht zu spät. Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache.“

„ Ich auch nicht“, murmelte Xala. „Eine Stunde ist nicht lang, aber wenn du einen luziden Traum herannahen fühlst, der uns helfen könnte, zögere nicht, ihn zu schauen.“

„ Leider kommen sie nicht auf Befehl. Sie sind eher so wie Katzen, schleichen sich an, wenn du nicht mit ihnen rechnest, aber wenn du sie rufst, verstecken sie sich. Was ist mit dir, Käptn auch du könntest doch klarträumen?“

„ Eher nicht. Ich bin längst noch nicht so weit, und du weißt ja, dass ich in der letzten Woche pausiert habe, was meine lucidianische Ausbildung angeht. Auch wenn du sie gern fortgesetzt hättest.“ Xala lächelte ihren Ersten Offizier an.

Arsay erwiderte ihr Lächeln und meinte: „Ach, ich weiß, es wird dich wieder packen und du wirst nicht lockerlassen. Kann dich aber verstehen. Dauert eine Weile, bis du als Lucidianerin im Novizenstand richtig eingestellt bist mit all den Begleiterscheinungen.“

„ Vor allem diese jähen Kopfschmerzen waren echt lästig“, stimmte Xala ihr zu.

„ Diese Phase überwindest du bald.“

Nathan hatte inzwischen Relisa eine kleine Einführung in die Kommunikationsphalanx gegeben, doch jetzt ließ er sie, mit Mini-Ohrstöpseln versehen, an seiner Station allein und kam näher. „Käptn, kann ich dich kurz sprechen – am besten in deinem Quartier oder im Meeting Raum? Unter vier Augen?“

„ Sicher, Nath.“

Arsay zog die Augenbrauen hoch und meinte: „Ich check mal meine Waffensysteme und nehme für den Rest der Zeit Fechtunterricht im Trainingsbereich.“

Richtig, fiel es dem Käptn ein, ihre Erste Offzierin hatte sich vor kurzem aus dem zentralen Beständen der Raumflotte einen Fechtroboter schicken lassen, der „neueste Scheiß auf dem Markt“, wie Arsay es wieder einmal nannte. Sie war echt begeistert davon und trainierte in jeder freien Minute.

Die Missionen 141-150 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21015

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