Читать книгу Die Missionen 141-150 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21015 - Antje Ippensen - Страница 38

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Ihm blieben nur noch Sekunden, das spürte er, und verzweifelt versuchte er sich zu wehren. Himmel und Hölle, dachte Professor Kvight, wir hätten mehr REDEN müssen! Dann hätte ich womöglich unseren Kapitän noch rechtzeitig vor den kriechenden Tropfen warnen können! Stattdessen haben wir einander misstraut und unsere Ängste unterdrückt und für uns behalten – also, ich jedenfalls, und nun – ist es zu spät.

Wie konnte sich die tapfere Kapitänin, ihre Retterin, zur Wehr setzen gegen einen derart unheimlichen Gegner? Noch blieb sie bewundernswert gelassen, aber würde das anhalten, wenn der Feind in Massen zuerst aus Darkins Körper quellen und sie angreifen würde? Er tat alles, was ihm einfiel. In dem Moment, da sich auch auf seiner eigenen Haut Schleim zu bilden begann und sein Mund anfing, dieses schiefe V zu zeigen, gewann er die Gewalt über seine Zunge zurück – für diese wenigen Sekunden! Auch bewegen konnte er sich – einen Moment lang.

Er schrie „Tropfen!“ und „Darkin!“, aber Kapitän O’Rapin verstand ihn nicht.

Bruchstücke aus seiner Vergangenheit wirbelten durch seinen bedrängten Geist. Starke, farbige Bilder ohne Geräusche. Er sah sich selbst, wie er stolz die Zeremonie genoss, als ihm seine Professur zur Biologie verliehen wurde; sah seine große Liebe, wie sie ihn vertrauensvoll anlächelte und dann die Trennung, nur drei Jahre nach ihrem Kennenlernen! Sie schrie ihn an, stumm, und eine Vase ging lautlos zu Bruch.

Dann der Asteroid, seine eigenen, immer stärker werdenden Ängste, das Unvermögen, sich mitzuteilen, von seinen Beobachtungen zu berichten, der Sauerstoffmangel, die Rettung – der Fall ins Wachkoma. Kvight spürte, wie sein Bewusstsein sozusagen gegen die Wand gedrückt wurde. Nein – hinter den Wasserfall . Sanftes Rauschen umhüllte sein klares Denken und die Welt vor seinen Augen verschwamm. Alles nahm er nur noch so wahr, als sei er unter Wasser. Er war übernommen worden und setzte sich in Bewegung, ohne dass er etwas dagegen unternehmen konnte. Denn sein freier Wille existierte nicht mehr.

*


Kvights Gesicht wiederum war so angstverzerrt wie das von Espinosa, und das ließ Xala wieder höchst intensiv an ihren Klartraum denken. Der Professor verlor sich ebenso wie der Erste Offizier der CARPE DIEM, beider Münder bildeten dieses grässliche V-Grinsen und Schleim entstand auf ihrer Haut. Verloren gehen, ja, sie verschwimmen, lösen sich auf ...

Nein! Sie verlieren sich nicht, sie werden gerade übernommen, infiziert, besetzt oder was auch immer. Behalte jetzt einen kühlen Kopf, Xala O’Rapin.

Genau, sagte die Traum-Calzie, denn du weißt, was sie anzieht.

Mit Schleim und verändertem Gesichtsausdruck war Rob Darkins Metamorphose noch nicht vollendet. Seine Augen glühten orangerot auf. Lange graue Schleimfäden wuchsen in Zeitlupe aus seinen Ohren, seinen Händen und aus der Brust, ungefähr in der Höhe seines Herzens, heraus und schlängelten sich auf die Wand zu. Und durchdrangen sie, als sei sie allerhöchstens Seidenpapier oder ein Hauch von Nichts. Eigentlich sahen sie sogar ästhetisch aus, wie kleine wässrige Edelsteinschnüre. Tropfen fielen aus ihnen heraus, die sich wiederum aneinanderreihten und davonkrochen. Sie krochen auf den Käptn zu und umgaben sie in Perlenkettenschlingen. Näherten sich ihrem Körper, wollten sie berühren, aber es gelang ihnen nicht!

Emotionen. Starke Emotionen wie Wut und Angst sind es, die ihnen Zugang zu uns verschaffen, dadurch unterwerfen sie uns.

Hochinteressant, dachte Xala kühl. Sie war sich weder sicher, wie sie das schaffte angesichts des Horrors, noch wie lange sie das durchhalten würde, aber das war ihr erst einmal egal. Sie konzentrierte sich ganz auf das Hier und Jetzt, brachte es aber noch fertig, über ihren Obelisken einen Eindringlingsalarm auszulösen. Dazu musste sie ihn nur an einer bestimmten Stelle berühren und drehen – so würden Arsay, Nathan und Relisa wenigstens im Groben gewarnt sein. Wie man sich ihrer erwehren konnte, mussten sie selbst herausfinden. Xala war nicht mehr in der Lage, eine weitere Nachricht abzusetzen. Ihre volle Konzentration gehörte Darkin.

Überall in der Krankenstation bahnten sich aschfarbige Tropfen ihren Weg. Sie kamen aus den Körpern der drei Männer und glitten durch die Wand. Wände und Böden schienen keinerlei Hindernis, schienen kaum vorhanden zu sein. einmal außerhalb der Krankenstation, war es für die feuchtschleimige Alien-Macht kein Problem, die Tür aufspringen zu lassen, und die zwei komplett übernommenen Männer, Espinosa und Kvight, marschierten willenlos hinaus, um die Befehle ihrer neuen Besitzer auszuführen. Sie beachteten Xala nicht. Diese wiederum beobachtete, dass dem schwerverletzten Körper des Ersten Offiziers die Behandlung nicht gut zu bekommen schien: Seine linke Seite färbte sich rot, als die Rippenverletzung sich verschlimmerte. Trotzdem ging er ohne einen Laut, genau wie der Professor, und hübsche silbrige Tropfen, handtellergroß, krochen hinter ihnen her. Mit welchem Ziel? Meine Offiziere und die Basismannschaft außer Gefecht zu setzen oder zu beseitigen und mein Schiff zu übernehmen.

Nun, bei den Dwarfinnen werden sie kein Glück haben. Wenigstens einmal sind deren Gefühlsarmut und die Fähigkeit, Emotionen zu unterdrücken, zu etwas gut.

Komplett übernommen. Das traf auf Darkin nicht zu. Beeindruckt registrierte Xala, wie verbissen er sich wehrte und wie er es schaffte, dass seine Augen immer wieder eine normale Färbung annahmen. Dann wieder glühten sie in jenem düsteren Orange, aber lang hielt das nicht an. Und er weigerte sich, seinen Körper fremdsteuern zu lassen.

Auf der anderen Seite: Wie lange konnte er dies durchhalten, gegen einen Kontrahenten, der definitiv am längeren „Wasserhebel“ saß? Wie konnte man sich überhaupt gegen Wasser wehren? Das weiche Wasser bricht den Stein. Irgendwann würde er müde werden, und seine heftigen Emotionen schwächten ihn noch zusätzlich. Xala fühlte sie empathisch und musste sehr aufpassen, damit ihr eigener Schutz sich nicht abschwächte. Die von der Schleim-Entität – ich muss ihr einen Namen geben!, fuhr es Xala durch den Kopf – an mehreren Stellen durchsetzte Wand stellte keinerlei Hindernis mehr da, sie standen einander gegenüber, zwischen sich einen Quadratmeter Raum, angefüllt mit Würmern aus Schleim oder silbergrauem, extrem dicht wirkendem Wasser, Xala schaute unverwandt in Darkins fast schwarze Augen, nahm telepathischen Kontakt auf. Oder versuchte es zumindest.

Zunächst empfing sie nichts als ein weißgraues nebliges Rauschen.

Lucidiana, hilf, dachte sie dabei, mir fällt sonst nichts hierzu ein. –

Allerdings stimmte das eigentlich weniger. Im Gegenteil, ihre Gedanken rasten und arbeiteten mit nie dagewesener Geschwindigkeit. Ihr Geist bemühte sich, so rasch wie möglich die wenigen vorhandenen Informationen zu einem sinnvollen Ganzen zu ordnen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Es war wie mit den Ombronen, nur noch einen Zacken fremdartiger. Die Sprache der Ombronen zu lernen, Gemeinsamkeiten zu finden, Missverständnisse aufzuklären, das hatte eine Herausforderung dargestellt, gewiss, doch letztlich hatte das Vertraute überwogen. Zwar traten die Ombronen als Kollektiv auf, ihre einzelnen Mitglieder trugen jedoch eindeutig individuelle Züge. Aber hier? Welche Art von höherem Bewusstsein war da am Werk, handelte es sich um intelligentes, parasitäres H2O Plus sozusagen? Denke einfacher, ermahnte sich Xala selbst, was weißt du? Womit könnten wir es zu tun haben? – Mit den Ureinwohnern von Aquandia. Dem denkenden Urelement. Ich nenne es – Aquandium, ja, das passt. Es hat offenbar lange auf friedliche Koexistenz gesetzt, und dann muss irgendetwas passiert sein. Eine Zäsur. Ich würde gerne Fragen stellen, beim Licht, nur wie? Alles, was ich weiß ist, dass das Aquandium auf starke menschliche Emotionen reagiert, und zwar auf negative: auf Angst und Wut – beziehungsweise auf deren Abwesenheit. Vor mir scheinen sie Respekt zu haben. Dieser Gedanke spornte sie an, die schwierige emotionale Kontrolle streng aufrechtzuhalten.

*


Arsay kniete gerade vor ihrem künstlichen Fechtpartner und suchte ihn nach Fehlfunktionen ab, die kleine Fernsteuerung in der Hand, als ihr Hals-Obelisk piepte.

Eindringlingsalarm?! Also doch! Sie hatten es doch alle miteinander geahnt: Die Viren oder Wesenheiten oder was auch immer waren durch sämtliche Kontrollen geschlüpft.

Arsays Quartier befand sich in unmittelbarer Nähe der Krankenstation. Ihr erster Impuls galt ihrem Käptn, der zweite sogleich dem gesamten Schiff. Sie federte in die Höhe und warf noch einen argwöhnischen Blick auf den Fechtroboter. Wenigstens hatte sie ihn zum Stillstand gebracht. Als sie vorhin hereinkam, war er damit beschäftigt gewesen, ihre Quartierswand zu attackieren, und zwar ohne Unterlass, immer gegen die gleiche Stelle. Glücklicherweise kämpfte er nur mit einem Übungssäbel.

Der Roboter ähnelte einem Menschen nur entfernt – er glich eher einer dieser Gliederpuppen, die man zur Inspiration verwendete, wenn man eine menschliche Figur aus Ton modellieren wollte, aber natürlich war er mit allem möglichen High-Tech-Schnickschnack ausgestattet, so versteckt, dass es beim Training nicht ablenkte.

Arsay sprang zur Tür und wischte sie zur Seite.

Vor ihr stand, verzerrt grinsend und mit schweißig glänzendem Gesicht, Ellam Espinosa, gekleidet in eine leichte Krankenstationshose und mit freiem Oberkörper, aus dem zwei blutige Rippenstücke herausragten. Seine Hände formten sich zu klobigen Krallenpranken und er griff an.

*


Nathan und Relisa erreichte der Alarm auf der Kommandobrücke, und reflexhaft betätigte der Nachrichtenoffizier die Notversiegelung der Schotts.

„ Ich hab aber keine Ahnung, ob das irgendetwas nützt bei einem Eindringling, der uns offenbar überlistet und alle Kontrollsysteme ausgetrickst hat“, murmelte Nathan, während sich Relisa ängstlich an seinen Arm klammerte.

„ Was machen wir denn jetzt?“, fragte sie furchtsam. „Was – was wird aus dem Käptn, aus Arsay und den Patienten?“

„ Da die schiffsweite Kommunikation samt Videoübertragung gestört ist, kann ich dazu nichts sagen“, erwiderte er. „Aber eins weiß ich: Arsay kommt wunderbar allein klar – ich glaube, es gibt nichts, womit sie nicht fertigwird – und auch der Käptn: Sie ist die fähigste Führungskraft, die ich je kennengelernt habe, und beide Offizierinnen sind in jedem Fall viel, viel erfahrener, solche Situationen zu bewältigen, als wir zwei.“

Tröstend drückte er ihre Schulter und spürte, dass Relisa am ganzen Körper zitterte. „Und ich passe auf dich auf“, sagte er mit soviel Festigkeit in der Stimme, wie er nur aufbringen konnte. „Wir bleiben einfach hier und verhalten uns ruhig. Wir müssen nur eine Weile durchhalten. Der Käptn und Arsay kriegen die Lage bestimmt bald unter Kontrolle, und ...“ Unauffällig sah er sich, während er sprach, nach einer Waffe um, denn in Wahrheit befürchtete er, dass der schlimmste Fall – Eindringlinge auf der Brücke – sehr schnell eintreten könnte.

Nirgends eine Waffe, noch nicht einmal bei Arsays Station.

Plötzlich fiel ihm etwas anderes ein. „Vielleicht ist die Alarmleitung zum Antriebsraum noch in Funktion!“ Er sprang schon los, zu seiner Station, und seine Finger flogen über das Bedienfeld.

Relisa sah ihn gläubig an. „Was, wenn ja, Nathan?“

Er grinste triumphierend. „Das ‚wenn‘ hat sich soeben erledigt, Relisa! Ich funke jetzt die Dwarfinnen an und befehle eine Rückkehr nach Windhem Prize – mit Höchstgeschwindigkeit! Solange der Käptn nicht hier ist und keine Anweisungen erteilen kann, bin ich der ranghöchste Offizier auf der Brücke und darf das tun.“

„ Großartig!“, rief Relisa.

Erfreut bemerkte Nathan, dass das Flackern von Angst aus ihren blauen Augen verschwand. Ihre Anerkennung tat ihm wirklich gut. Er fühlte sich nicht mehr wie der jüngste und unerfahrenste Junior-Offizier an Bord, sondern erfolgreich, fast souverän. Allerdings zerbröselte dieses angenehme Gefühl gleich wieder, denn die Dwarfinnen antworteten nicht. Sie ignorierten ihn einfach. Oder ging im Antriebsraum etwas Schlimmes, Unheimliches vor? War die Basismannschaft überhaupt noch am Leben?

„ Das verstehe ich nicht“, murmelte Nathan.

In diesem Moment donnerten dumpfe Schläge gegen das Eingangsschott zur Brücke, die Ränder des Schotts sonderten eine zähe, klebrige, glitzernde Flüssigkeit ab, und die Furcht kehrte in Relisas Augen zurück.

Sie kreischte.

*


Xala presste ihre Fingerspitzen auf diesen ganz bestimmten Punkt in der Mitte ihrer Stirn, diesen Punkt, der schon erwartungsvoll prickelte – und sendete Bilder. Sie musste Darkin unbedingt erreichen, und sie hatte einen Plan.

Vor sieben Jahren hatten sie gemeinsam einen äußerst haarigen Kampfeinsatz bestanden, auf dem Dschungelplaneten Mbonga. Genau dorthin wollte sie Darkins Geist bringen, denn dort hatte es ein Schlüsselereignis gegeben.

Auf einmal verschwand alles um sie herum, und ein luzider Traum sog sie in sich hinein. Aber kein dampfender Urwald breitete sich aus, keine silbernen und goldenen Papageien keckerten im Geäst – nein, sie stand vor einer Art Ozean. Vor einer Wasserwand. Beeindruckt blickte sie auf die riesige Welle, die sich in einer Endlosschleife über ihr auftürmte und ewig brach und doch nicht brach. Unter ihr kam sie sich wie ein Spielzeugmensch vor. Ihr offenes Haar wehte im salzigen Wind, und ihre nackten Sohlen berührten feuchten Sand. Gischtflocken trieben über den einsamen, unendlich langgestreckten, wie eine Schlange geschwungenen Strand.

Was hatte das zu bedeuten? Und wieso bin ich in diesen verflixten Klarträumen eigentlich so oft nackt?, dachte sie und glaubte von irgendwoher Arsays Lachen zu hören.

Sie schmunzelte, doch ihr Lächeln gefror, als sie auf einmal etwas anderes spürte. Xala O’Rapin war so sehr mit ihrem Raumschiff vertraut, so intensiv mit ihm verwachsen, dass sie jede bedeutsame Veränderung spürte. Die MEGAN 3 hatte soeben einen Kurswechsel vollzogen, und sie konnte sich denken, wohin die Reise nun gehen sollte. Wieso hatten die Dwarfinnen das zugelassen? Waren sie alle tot?

Xala breitete wieder ihre Arme aus und ließ nicht zu, dass das Gift solch düsterer, zweiflerischer Gedanken in sie einsickern konnte.

Sie blickte auf die Wasserwand und lächelte. Es war jenes Lächeln, das schon viele beeindruckt hatte – aber diesmal setzte sie es leicht abgewandelt ein.

Das Wasser war verblüfft. Es wich ein bisschen zurück. Xala hielt ihm die geöffneten Hände wie Schalen entgegen.

„ Ich gehe jetzt zu meinem Kameraden Rob Darkin“, sagte sie freundlich. „Ich werde ihn finden, und wenn der Weg durch dich hindurchführt, dann habe ich nichts dagegen. So lerne ich dich kennen, Aquandium, oder euch, besser gesagt, denn ich nehme an, ihr seid viele – Myriaden von Tropfen.“

Ohne zu zögern setzte sie sich in Bewegung und ging auf die mächtige niemals brechende Woge zu – ging in sie hinein. Es rauschte und brauste immer lauter – es klang wie Musik! Das ist wahrhaftig mehr als ein Traum, dachte Xala fasziniert. Das Wasser umschloss sie vollkommen, sie wurde ein Teil von ihm.

*


Arsay tänzelte zur Seite und wich den zupackenden Händen aus. Ellam Espinosa war grässlich verändert: orangerot glühende Augen, die etwas von Kristallscheibchen hatten, Lippen zu einem V verzerrt, transparente Schleimschicht überall. Darunter war sein Gesicht bleich. Er tropfte.

Der sieht ja aus wie ein Horrorclown!

Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch den Umstand, dass der Erste Offizier der CARPE DIEM unermüdlich weitergrinste, obwohl seine Rippenstücke blutig aus dem Körper ragten und bei jedem Schritt aneinanderschabten. Dass Espinosa nicht er selbst war, sprang einem überdeutlich ins Gesicht, und entsprechend handelte Arsay, die sich keinesfalls irritieren oder in eine Ecke drängen ließ. Sie hielt das Ellam-Ding auf Abstand, umsprang ihn mit Leichtigkeit, einmal linker Hand, einmal rechter Hand, und versuchte herauszufinden, ob der Mensch tief im Innern dieser missbrauchten Hülle vielleicht noch erreichbar war.

Wenn ja, mache ich mir echt Sorgen um ihn! Der Blutverlust und die Tatsache, dass es nicht gerade die richtige Therapie sein kann, mit nem offenen Rippenbruch und wer weiß was noch für Verletzungen hier durch die Gegend zu spazieren, bringen sein Leben in Gefahr.

Ihn in irgendeiner Weise anzufassen, hielt Arsay nicht für ratsam. Sie sah schließlich die vielen grau schimmernden Tropfen auf Espinosas Haut, die lebendig wirkten, so, als lauerten sie nur darauf, die Gegnerin anzufallen.

Eine Schleimdusche und ich wanke grinsend durch die Gegend wie er, schätze ich! – Einstweilen schienen die Tropfen, die sich durchaus auch unabhängig von ihrem „Träger“ bewegten, zu zaudern, sich an Arsay heranzumachen. Dabei wäre das nicht eben übermäßig schwierig gewesen. Wasser als Waffe, dagegen war man ja so gut wie hilflos, es sei denn mit Regenschirm – den ich nicht habe! – oder durch einen Schutzanzug – an den ich auch nicht rankomme. Zäh wie Sirup krochen die aschfarbenen Tropfen um Arsay herum, bildeten einen Ring um sie, kamen aber nicht näher. Seltsam!

Was wollen sie überhaupt?, fragte sich die Ex-Söldnerin und gab sich die Antwort darauf gleich selbst: Feinde unschädlich machen. Offiziere ausschalten. Schiff übernehmen.

Aber schon bei mir beißen sie auf Granit. Natürlich kann hier von einem ebenbürtigen Gegner auch keine Rede sein.

Das Espinosa-Ding bemühte sich, ihr beizukommen, aus ihren Bewegungen, Finten und Abwehrgesten zu lernen, sie zu unterlaufen, aber völlig sinnlos, es war schwach, und seine Kraft reichte noch nicht einmal aus, einer einzigen Geste zu widerstehen. Arsay ließ ihn auf diese Weise fast auf der Stelle trippeln, mal machte er anderthalb Schritte vor, dann aber wieder zwei zurück, und die mit klauenartig gekrümmten Händen verbundenen Arme ruderten hilflos durch die Luft. Es war fast mitleiderregend.

Sie hätten mir Darkin schicken sollen, aber da heißt es wohl: Käptn gegen Käptn, während ich, logischerweise, den Ersten Offizier kriege – das kann ja wohl kein Zufall sein, sie achten die Rangfolge, das allein deutet schon auf Intelligenz hin.

„ Wie wär’s, wenn wir zunächst einmal miteinander reden?“, sagte sie herausfordernd in das stumm grinsende Gesicht des „Infizierten“ hinein. „Bestimmt können wir uns einig...“

Ein infernalisch heftiger Hieb von hinten riss ihr die Beine weg, und mit einem Laut der Überraschung ging Arsay zu Boden.

*


Sie taten ihr manchmal auch weh, aber es war ein guter Schmerz. Staunend schritt Xala hindurch, unterschied Farben, Schattierungen, Schichten, Persönlichkeiten, Vorlieben, Aufgaben, Schulen, Eliten, Völker, fühlte Stärke, fühlte Stolz, fühlte – alles. Myriaden an Tropfen, die einzeln waren und gleichzeitig miteinander verschmolzen und sich wieder lösten und immer so weiter. Sie konnte problemlos atmen; unwillkürlich berührte sie ihre Halsseiten, ob ihr vielleicht Kiemen gewachsen waren.

Die Tröpfchen flüsterten und knisterten, plingten und schwirrten, sie trommelten und zwitscherten – und natürlich kann ich atmen, dies ist zwar ein extrem klarer Klartraum, aber immer noch keine Realität im klassischen Sinne. Sie musste lächeln.

Die Wassermassen teilten sich vor ihr und gaben den Blick frei auf Mbonga, die Dschungelwelt.

Ein leichtes Zittern der Luft, ein Silberschimmer, und im nächsten Moment war sie im Urwald, auf diesem mit armdicken Kriechlianen bewachsenen Felsen, so wie damals, und an ihrer Seite war Darkin. Sie lagen nebeneinander im dichten, feuchten Grün, in Flecktarn gekleidet, Gewehre in den Händen. Die einzigen Waffen, die sie noch hatten. Alles war so wie damals, täuschend echt.

Darkin drehte sein Gesicht zu ihr. Wirres schwarzes Haar, Bartschatten, Kratzer auf der Wange von Dornenranken, dunkle, nervös flackernde Augen.

„ Lange halten wir das hier nicht mehr durch!“, stieß er hervor und riss sein Gewehr hoch, um eine Drohne abzuschießen, ehe diese sich weiter nähern konnte. Darkin war ein außergewöhnlich guter Schütze – Xala bewunderte ihn für diese Fähigkeit. Sie selbst konnte zwar auch mit Schusswaffen umgehen, tötete auch Feinde, wenn es sein musste, doch sie ragte nicht aus dem Durchschnitt heraus.

Die Drohne trudelte dem waldbedeckten Boden zu, schwarzen Rauch hinter sich her ziehend, eine halbe Meile entfernt.

Xala betrachtete ihren Kameraden nachdenklich und versäumte es, auf seine Bemerkung etwas zu erwidern – ganz anders als damals, und so schaute er ihr sichtlich irritiert in die Augen. „Was ist los, O’Rapin?“

Sie waren ein verdammt gutes Team gewesen, damals, und nur deshalb, weil sie so perfekt zusammengearbeitet hatten, hatten sie der Hölle von Mbonga entrinnen können.

Anstatt sich weiterhin in Deckung zu ducken, stand sie höchst leichtfertig auf und breitete ihre Arme aus. „Darkin ...“, begann sie und hoffte, er würde es nun auch merken.

Und tatsächlich weiteten sich seine Augen plötzlich und er rief: „Verflucht, O’Rapin! Das hier ist – nicht echt, oder? Was passiert hier?“

Sie erklärte es ihm.

„ Du willst mir erzählen, dass wir beide uns gerade einen Traum teilen?“, fragte er entgeistert nach. „Und zu welchem Zweck, sagst du? Weshalb hast du das inszeniert? Wo bin ich gerade in Wirklichkeit?“

Aber sie musste nichts sagen – kaum hatte er diese Fragen, eine nach der anderen, grimmig ausgespuckt, dämmerte es ihm schon selbst und er musste kurz würgen.

„ Gefangen vom – wie nennst du es? Aquandium? Das sich gerade auf deinem Schiff ausbreitet und es unter Kontrolle bringen will? Und du bist nicht dort und kämpfst gegen den Eindringling, sondern du bist hier und – träumst?“ Die letzten Worte schrie er fast.

„ Darkin“, sagte Xala ruhig.

„ Das kann nicht sein! Das ist doch ... WAS?“

„ Darkin, Kampf ist hier nicht die Lösung. Hör mich an. Ich hatte einen Grund, wieso ich diesen Ort, dieses Ereignis gewählt habe: unseren Einsatz auf Mbonga, meine ich. Du erinnerst dich bestimmt noch, wie tief wir in der Scheiße steckten.“

„ Verdammt, ja, O’Rapin! Selbstverständlich erinnere ich mich. Wir hatten absolut die Arschkarte gezogen. Wir waren verloren.“

„ Ja“, nickte Xala, „wir schienen verloren zu sein. Aber bestimmt weißt du auch noch, was dann geschah.“

In seine dunklen Augen trat erstmals ein anderer Ausdruck. Hoffnung vertrieb das Flackern von Panik und Hass.

„ Du hattest eine Idee.“

„ Für die ich dich brauchte, deine Schießkünste, deine ruhige Hand. Ohne dich hätte ich den Plan nicht ausführen können.“

––––––––


Das war so nicht vorgesehen gewesen, natürlich nicht. niemals hätte ein Team, und nun gar die Schlüsselfiguren Darkin und O’Rapin, auf Mbonga vom Rest der Truppe abgesprengt werden und im Dschungel verloren gehen sollen. Und doch war genau das passiert, so dass die Stahlpiraten plötzlich die Oberhand gewannen. Die feindlichen Piraten, deren Unterschlupf Mbonga war, triumphierten schon fast. Sie wussten, welchen Wert Darkin und seine Partnerin hatten und wollten sie deshalb auch nicht töten, was leichter gewesen wäre. Nein, sie wollten sie gefangen nehmen und als Pfand, als Druckmittel gegenüber der Raumflotte benutzen. Und nebenbei alles an geheimen Informationen aus ihnen herausquetschen, was nur ging, vollkommen logisch.

Xala O’Rapin und Rob Darkin wussten also sehr gut, welches Schicksal ihnen blühte, und von Minute zu Minute schwanden ihre Chancen, dieses noch abzuwenden. Dabei waren ihre Leute ganz in der Nähe, könnten sie retten, aber in der unübersichtlichen, erstickenden Biomasse des Urwaldplaneten waren sie schwer zu finden ohne genaue Koordinaten. Und der Funkverkehr war komplett lahmgelegt nach einem spezifischen Impuls. Keine Möglichkeit mehr Kontakt aufzunehmen. Die Rettung war so nah und doch so fern. Keine Möglichkeit – außer einer einzigen.

Immer mehr Drohnen schossen heran, und ihre Munition ging zur Neige. Ab und an kam auch einer der Papageien, ein silberner oder goldener Lichtblitz, und dann riss Darkin ebenfalls im Reflex das Gewehr hoch – bis seine Partnerin ihm in den Arm fiel. Sie hatte schon lange ihren Ruf weg als Tierretterin; Xala tötete humanoide Feinde im Kampf, wenn es sein musste, aber sie fand immer einen Weg, unschuldige Tiere zu schonen oder zu retten.

Und dieses Mal ging es noch um mehr.

Schweiß überzog Darkins Gesicht und sie selbst schwitzte auch in der feuchtheißen, süßlich riechenden Dschungelluft, die zum Schneiden dick war.

„ Brieftaube“, rief Xala und zog einen goldglänzenden Papagei aus ihrer Uniformjacke. Sie hatte ihn gerettet und gezähmt, ohne dass ihr Partner es mitbekommen hatte.

„ Was?“ Völlig verblüfft starrte Darkin auf den Vogel.

„ Darkin, du musst eine Drohne abknallen, wenn sie direkt über uns schwebt. Also ehe sie ihre Betäubungsgiftladung auf uns abfeuern kann, aber so, dass sie direkt auf uns fällt. Ist unsere letzte Chance.“

Kurz schwebte die Frage Was hast du vor? auf Darkins Lippen, aber dann nickte er nur knapp und machte sich ans Werk.

Das war hochgefährlich und außerdem drängte die Zeit – lange würden sie hier nicht mehr durchhalten. Wenn ihre Munition alle war, fielen sie den Piraten sowieso wie reife Äpfel in die Hände.

Dank Darkins unglaublicher Schießkünste gelang ihm das Bravourstück. Mit fieberhafter Schnelligkeit zerlegte Xala die erbeutete Drohne und programmierte ihr etwa handgroßes Herzstück so um, dass es das Alarm-SOS-Signal senden würde. Das bekam der goldfarbene Vogel auf den Rücken. Mit intelligenten Vogelaugen sah er sie an. An seinem Bein befestigte sie außerdem eine Nachricht mit den Koordinaten.

„ Hoffentlich töten sie ihn nicht“, murmelte Xala vor sich hin und dann warf sie den Vogel in die Luft.

Es war nur eine hauchdünne, seidenfeine Chance, dass das klappen würde – doch das Universum zollte offenbar ihrem Glauben und ihrer ungewöhnlichen Handlungs- und Denkweise Anerkennung und sie wurden im letzten, im wahrhaftig allerletzten Moment von der Raumflotte gerettet.

Der Papagei überlebte auch. Xala nahm ihn mit sich, nannte ihn Sam nach einem ihrer toten Brüder und er war jahrelang ihr Schiffspapagei.

––––––––


Jetzt, mitten im Klartraum, hielt Xala wieder einen goldenen Papagei in den Händen. Er sah ihrem Sam zum Verwechseln ähnlich, sein Gefieder war weich wie Samt und sie spürte sein kleines Vogelherz schnell klopfen. Der gebogene Schnabel knabberte sanft an ihrem Finger – er war gezähmt so wie Sam.

Sie hielt Darkin den Vogel hin. Verständnislosigkeit und Befremden malten sich auf seiner Miene.

„ Damals hast du mir bedingungslos vertraut, Darkin. Ich bitte dich, das auch jetzt zu tun, auch wenn es dir noch bizarrer vorkommen mag als die Sache damals, mit unserer Briefpapageidrohne.“

„ Was – was verlangst du von mir?“

„ Du wirst jetzt gerade von starken Emotionen beherrscht: Angst und Wut. Mehr Wut, nicht wahr? Gemischt mit Hass. Lass diese Emotionen los, lass sie fliegen.“ Auffordernd streckte sie ihm ihre Hände hin, die den goldgefiederten Papagei umfassten. „Sie sind es, die das Aquandium anziehen, und dadurch gelingt es dem intelligenten Wasser, euch zu besetzen und zu ‚übernehmen‘. Bei furchtlosen Menschen, die außerdem keinen Zorn empfinden, haben sie keine Chance.“

Sie sah, dass ihm etwas auf der Zunge lag wie ‚das ist total verrückt‘ und ‚vollkommener Schwachsinn, O’Rapin‘ – und widerstreitende Gefühle jagten über sein markantes, ausdrucksvolles Gesicht.

„ Kannst du deinen Hass und deine Rage loslassen?“, fragte sie provozierend nach. „Oder beherrschen sie dich, nehmen sie dich gefangen? Dann liefern sie dich einem Gegner aus, der dich schon bald besiegt haben wird. Noch kämpfst du, mein Lieber, aber das ist auf Dauer sinnlos. Du musst aufhören zu kämpfen.“

„ A-aber ...“ Es klang schon schwächer. Darkins geballte Fäuste öffneten sich, seine Stirn war nachdenklich umschattet.

Ein erster Schritt. Denn solange er die Hände zu Fäusten ballte, konnte er weder etwas annehmen noch etwas geben. Xala war absolut fasziniert von der Bilderkraft ihres Traumfilms.

„ Manchmal ist das Schwere ganz leicht“, fügte sie leise hinzu, und der Vogel glitt in seine Hände.

Die Münze fällt. Ein klares Licht glitzerte auf einmal in seinen Augen und mit einem Aufatmen, das wie ein tiefer Seufzer klang, warf er den Vogel in die Luft.

*


„ Wir haben den Kurs geändert!“, stieß Nathan Hilk entsetzt hervor. „Wir fliegen mit Autopilot – ich kann nicht eingreifen!“

Verdammt, dachte er, ich hätte in den Antriebsraum gehen müssen, als das noch möglich war!

„ Was bedeutet das? Wo fliegen wir denn hin?“, wimmerte Relisa, nach wie vor an seinen Arm geklammert.

„ Nach Aquandia, vermute ich“, murmelte der Nachrichtenoffizier tonlos. „Das heißt, die Dwarfinnen sind handlungsfähig, haben auch gehandelt, aber nicht im Sinne des Käptns. Sie gehorchen den Eindringlingen!“

Auch das noch. Ihre Lage war ohnehin schon verzweifelt.

Noch hielt das Eingangsschott, aber die „Vorhut“, die grauen schleimigen Tropfen, hatten sich durch die Ritzen gezwängt und krochen gierig immer näher, und es wurden immer mehr. Grauen, Ekel und Panik drohten Nathan zu überwältigen, und als er in Relisas riesengroße angsterfüllte Augen schaute, kam auch noch wilder Zorn hinzu. Zorn auf die Eindringlinge! Er wollte Relisa beschützen. Er würde alles tun, um sie zu retten.

Gegen die Angst wehrte er sich mit aller Kraft. Ein wenig rief die Situation Erinnerungen an das gleichfalls groteske Abenteuer mit den Ombronen in ihm wach: Auch da hatte sich ihm ein Ombrone in feindseliger Absicht genähert, aber die Ombronen hatten wenigstens feste Formen annehmen können, humanoide gar, dies hier war Wasser oder schleimiger Sirup, so etwas durfte doch keinen eigenen Willen, keine kriegerische Antriebskraft haben!

Am Ende ist das Zeug so intelligent wie die Ombronen es auch waren, dachte er und schauderte. Er wünschte sich, sein Käptn oder Arsay wären hier, doch er war auf sich allein gestellt. Nathan und Relisa zogen sich in den Bereich des Hauptmonitors zurück, Schritt für Schritt, kamen dabei an Arsays – waffenloser – Station vorbei und auf einmal fiel Nathan etwas ein. Auf ihrem letzten Kurzflug, der sie kaum weiter als in den Orbit um Windhem Prize geführt hatte, war das Ding zum ersten Mal aufgetaucht, und er hatte darüber gespottet.

„ Um Himmels willen, Arsay, wozu brauchst du denn einen Staubsauger? Der passt ja zu dir wie die Faust aufs Auge.“

„ Er kann saugen, das stimmt, aber er kann auch ordentlich Wind erzeugen, schau her, ein superheißes Gebläse, hat doch was. Ist ein Schnäppchen gewesen, war eine Dreingabe.“

„ Aber wozu soll das taugen? Wir haben hier keinen Staub an Bord. Die Böden sind selbstreinigend. Einen Laubbläser brauchen wir hier auch nicht. Und wenn du hier einfach so heiße Luft erzeugst, fände das niemand wirklich witzig, glaube ich“, hatte er kopfschüttelnd erwidert und nur ihr berühmtes sonniges Grinsen geerntet.

„ Das mag alles richtig sein, Nathan, mein Junge, aber – man kann nie wissen.“

Und wieder einmal hatte sie recht gehabt, verflucht noch eins! Gottseidank hab ich mich daran erinnert, dachte Nathan, schnappte sich das Teil im Vorübergehen, indem er unter Arsays Arbeitsplatte griff, wo es an einem Magnetknopf hing. Nathan packte das Gerät am Griff und fummelte hektisch daran herum. „Saugen oder wegpusten, Relisa, was meinst du?“, fragte er und sie schluckte. Der Umstand, dass jetzt etwas Konkretes zu tun war, half ihr aber sichtlich.

„ Gebläse!“, flüsterte sie. „Trocknen wir das Zeug doch einfach weg ...“ Und als er nicht klarkam mit dem Bedienfeld, nahm sie es ihm aus der Hand.

„ Mein Onkel bekam auch so ein Teil zusammen mit seinem Fechtroboter“, sagte sie, „und ich habe ein paarmal damit herumgespielt.“

Sie hatte in der Tat den Dreh raus – obwohl ihre Hände dabei zitterten – und im nächsten Moment richtete Nathan unter lautem Gebrüll seine unkonventionelle Waffe auf die herankriechende Tropfenflut. Seine Hände zitterten nicht.

„ Nathan, ja! Es funktioniert!“, rief Relisa. „Großartig! Mach weiter so!“

Adrenalin schoss durch Nathans Adern. Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Da es sich nicht um gewöhnliches Wasser handelte, verdampfte es nicht einfach ganz und gar, sondern hinterließ dicke, weiße, glitzernde Kristalle.

Nathan erwischte eine dicke Schicht Schleim mit dem Heißgebläse, und der Rest, der nachdrängen wollte, stoppte verunsichert und wich sogar zurück.

Nathan stieß einen Triumphschrei aus. Der ihm auf der Stelle im Hals steckenblieb, denn in diesem Moment brach Professor Kvight durch das Schott, das in seine Einzelteile zerlegt wurde, und er sah aus wie ein leibhaftiger Dämon aus der Hölle. Von einer weißlichen Schleimschicht bedecktes Gesicht, in dem zwei orange Augen ihr giftiges Feuer verströmten, und besonders schlimm war auch der Mund, der als V-förmige Wunde klaffte, eine Wunde, aus der Sabber lief und zu Boden tropfte, wo er weiterkroch, in Richtung der Menschen. War das wirklich der gleiche Professor Kvight, den sie auf dem Asteroiden gerade noch so vor dem Tod durch Sauerstoffmangel gerettet hatten? Der ebenso korpulent wie freundlich war und Relisa mit sanfter, ersterbend flüsternder Stimme gedankt hatte, nachdem die Praktikantin ihm das luftspendende Plättchen in die Nasengrube gesetzt hatte?

Dieser Professor Kvight war ein von den fremden Eindringlingen besetztes Monster, und Nathan wagte sich nicht auszumalen, was geschah, wenn der sie auch nur kurz mit seinen von Schleim triefenden Fingerspitzen berührte.

Wir sind dann endgültig verloren.

Nathan wusste nicht, woher er die Kraft zu dem Folgenden nahm. Er drückte Relisa den Bläser/Sauger in die Hand und packte selbst eine Sitzschale, riss das fest verankerte Möbelstück mit einem wilden Schrei heraus, hielt es vor sich und deckte Relisa mit seinem Körper.

Stampfend kam der Professor näher, und Relisa begann wieder so durchdringend zu kreischen, dass eine Alarmsirene vor Neid erblasst wäre.

Die Missionen 141-150 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21015

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