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Vier handschriftliche Zeugen von Pigafettas Reisebericht haben die Jahrhunderte überdauert. Nur einer davon ist in seiner Muttersprache verfasst, einer damals in seiner Heimat Vicenza gebräuchlichen Variante des Venetischen, das mit dem Italienischen verwandt ist. Es war dieser Textzeuge, den Carlo Amoretti unter der Signatur L 103 Sup. in der Mailänder Biblioteca Ambrosiana entdeckte und 1800 erstmals im Druck herausgab. Er liegt auch der folgenden Übersetzung zugrunde.

Der Schrift und dem Papier nach zu urteilen, wurde der Ambrosiana-Text in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts niedergeschrieben, allerdings nicht von Pigafetta selbst. Enthält er doch kleinere Lücken und Schreibfehler, die nur schwerlich auf den Urheber zurückgehen, sondern das Werk eines Kopisten sein dürften. Die zahlreichen iberischen Lehnwörter sind hingegen dem Autor selbst zuzurechnen. Sie sind beredte Zeugen der langen Jahre, die Pigafetta an Bord kastilischer Schiffe zubrachte.

Die anderen drei Textzeugen sind auf Französisch abgefasst. Da sie nach Inhalt und Umfang im Wesentlichen mit der Mailänder Kopie übereinstimmen, nimmt man heute an, dass alle vier auf derselben Vorlage beruhen und dass diese ebenfalls im venetischen Dialekt verfasst war. Daher dürfte die Mailänder Kopie der ursprünglichen, von Pigafetta selbst autorisierten Fassung am nächsten stehen. Allerdings kann die französische Überlieferung unklare Stellen der venetischen Version erhellen, weshalb sie hier ebenfalls herangezogen wurde.

Übersetzt wurde nicht direkt aus der Mailänder Handschrift, sondern aus der Edition von Canova (1999 – siehe das unten folgende Literaturverzeichnis). Daneben wurden die Ausgaben von da Mosto (1894), Robertson (1906) und Pozzi (1994) benutzt sowie die französische von de Castro/Chandeigne (2007/2010). Der französischen Edition ist auch die Kapiteleinteilung entnommen, die in der Mailänder Kopie fehlt. Jene war zudem ungemein hilfreich für die Erstellung des Fußnotenkommentars, der allen Lesenden, unabhängig von ihrem Vorwissen, einen möglichst barrierefreien Zugang zu Pigafettas Welt gestatten soll, wie sie vor 500 Jahren aussah.

Von Pigafettas Reisebericht ist bereits eine deutsche Fassung auf dem Buchmarkt erhältlich (durch Robert Grün, mehrere Auflagen seit 1968). Diese bietet aber weniger eine Übersetzung als eine Umdichtung, lässt sie doch etliche Passagen der Vorlage weg und fügt anderes hinzu, ohne die Streichungen und Ergänzungen als solche kenntlich zu machen. Sie vermittelt mithin ein verzerrtes Bild dieses bedeutenden Reiseberichts.

Im Gegensatz dazu gibt die folgende Übersetzung den vollständigen Text der Mailänder Handschrift L 103 Sup. so originalgetreu wie möglich wieder. Das heißt, dass vom Text nichts weggelassen und nichts hinzugefügt wurde. Allerdings wird auch keine Wort-für-Wort-Übersetzung geboten, sondern an Stellen, wo es für das Verständnis und die Lesbarkeit hilfreich erschien, hat sich der Übersetzer kleinere Eingriffe gestattet. So besaß Pigafetta zum Beispiel ein Faible für persönliche Fürwörter (Personalpronomina), die er oft anstelle von Eigennamen einsetzte, sodass man manches zwei- oder dreimal lesen muss, bis man versteht, wer gemeint ist. Um den Leserinnen und Lesern diese Mühe zu ersparen, wurden daher einige Fürwörter durch Eigennamen bzw. Inhaltswörter ersetzt. Auch an anderen Stellen wurde behutsam eingegriffen, etwa beim Satzbau, der wenig Nebensätze, dafür viele Gerundien und Partizipien enthält, oder bei den grammatischen Zeiten. Inhaltliche Widersprüche und Rätsel, die der Text zuweilen aufgibt, wurden hingegen belassen und allenfalls in den Fußnoten vermerkt – etwa wenn die patagonischen „Riesen“ zuerst als vollkommen nackt beschrieben werden, im nächsten Absatz jedoch in Felle gekleidet sind, oder wenn die halb verhungerten Seefahrer unvermittelt eine Sau haben, die sie schlachten können. Die Orthographie der Eigennamen – ob von Personen, Orten oder Schiffen – wurde übernommen, bei mehrfacher Nennung aber gegebenenfalls vereinheitlicht.

Letztlich ist jede Übersetzung immer auch Interpretation, und diese bildet davon keine Ausnahme. Ihr Zweck ist es, Pigafettas Reisebericht, einen wichtigen und schönen Text der Frühen Neuzeit, in authentischer und zugleich lesbarer Form einem größeren Publikum auf Deutsch zugänglich zu machen – zum ersten Mal in fast einem halben Jahrtausend.

Die erste Reise um die Welt

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