Читать книгу Die großen Klassiker der Antike - Aristoteles - Страница 101

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Ihm antwortete drauf der Rossebändiger Nestor:Lieber weil du mich doch an jene Trübsal erinnerst,Die wir tapfern Achaier im troischen Lande geduldet;
105 Wann wir jetzt mit den Schiffen im dunkelwogenden MeereIrrten nach Beute umher, wohin Achilleus uns führte;Jetzt um die große Stadt des herrschenden Priamos kämpften:Dort verloren ihr Leben die tapfersten aller Achaier!Dort liegt Ajas, ein Held gleich Ares; dort auch Achilleus;
110 Dort sein Freund Patroklos, an Rat den Unsterblichen ähnlich;Dort mein geliebter Sohn Antilochos, tapfer und edel,Rüstig vor allen Achaiern im Lauf, und rüstig im Streite!Und wir haben auch sonst noch viele Leiden erduldet!Welcher sterbliche Mensch vermöchte sie alle zu nennen?
115 Bliebest du auch fünf Jahr’ und sechs nacheinander, und forschtestAlle Leiden von mir der edlen Achaier; du würdestÜberdrüssig vorher in deine Heimat zurückgehn.Denn neun Jahre hindurch erschöpften wir, ihnen zu schaden,Alle Listen des Kriegs; und kaum vollbracht’ es Kronion!
120 Da war keiner im Heere, der sich mit jenem an KlugheitMaß; allübersehend erfand der edle OdysseusAlle Listen des Kriegs, dein Vater; woferne du wirklichSeines Geschlechtes bist. - Mit Staunen erfüllt mich der Anblick!Auch dein Reden gleichet ihm ganz; man sollte nicht glauben,
125 Daß ein jüngerer Mann so gut zu reden verstünde!Damals sprachen wir nie, ich und der edle Odysseus,Weder im Rat verschieden, noch in des Volkes Versammlung;Sondern eines Sinns ratschlagten wir beide mit KlugheitUnd mit Bedacht, wie am besten das Wohl der Achaier gediehe.
130 Als wir die hohe Stadt des Priamos endlich zerstöret,Gingen wir wieder zu Schiff, allein Gott trennte die Griechen.Damals beschloß Kronion im Herzen die traurigste HeimfahrtFür das argeiische Heer; denn sie waren nicht alle verständig,Noch gerecht; drum traf so viele das Schreckenverhängnis.
135 Siehe des mächtigen Zeus’ blauäugichte Tochter entzweite,Zürnender Rache voll, die beiden Söhne von Atreus.Diese beriefen das Heer zur allgemeinen Versammlung;Aber verkehrt, nicht der Ordnung gemäß, da die Sonne sich neigte,Und es kamen, vom Weine berauscht, die Söhne der Griechen.
140 Jetzo trugen sie vor, warum sie die Völker versammelt.Menelaos ermahnte das ganze Heer der Achaier,Über den weiten Rücken des Meers nach Hause zu schiffen,Aber sein Rat mißfiel Agamemnon gänzlich: er wünschte,Dort das Volk zu behalten, und Hekatomben zu opfern,
145 Daß er den schrecklichen Zorn der beleidigten Göttin versöhnte.Tor! er wußte nicht, daß sein Beginnen umsonst war!Denn nicht schnell ist der Zorn der ewigen Götter zu wandeln.Also standen sie beid’, und wechselten heftige Worte;Und es erhuben sich die schöngeharnischten Griechen
150 Mit unendlichem Lärm, geteilt durch zwiefache Meinung.Beide ruhten die Nacht, voll schadenbrütendes Grolles;Denn es bereitete Zeus den Achaiern die Strafe des Unfugs.Frühe zogen wir Hälfte die Schiff’ in die heilige Meersflut,Brachten die Güter hinein, und die schöngegürteten Weiber.
155 Aber die andere Hälfte der Heerschar blieb am GestadeDort, bei Atreus’ Sohn Agamemnon, dem Hirten der Völker.Wir indes in den Schiffen entruderten eilig von dannen,Und ein Himmlischer bahnte das ungeheure Gewässer.Als wir gen Tenedos kamen, da opferten alle den Göttern,
160 Heimverlangend; allein noch hinderte Zeus die Heimfahrt;Denn der Zürnende sandte von neuem verderbliche Zwietracht.Einige lenkten zurück die gleichberuderten Schiffe,Angeführt von dem tapfern erfindungsreichen Odysseus,Daß sie sich Atreus’ Sohn’ Agamemnon gefällig erwiesen.
165 Aber ich flohe voraus mit dem Schiffsheer, welches mir folgte;Denn es ahnete mir, daß ein Himmlischer Böses verhängte.Tydeus’ kriegrischer Sohn floh auch, und trieb die Gefährten.Endlich kam auch zu uns Menelaos der Bräunlichgelockte,Als wir in Lesbos noch ratschlagten wegen der Laufbahn:
170 Ob wir oberhalb der bergichten Chios die HeimfahrtLenkten auf Psyria zu, und jene zur Linken behielten;Oder unter Chios, am Fuße des stürmischen Mimas.Und wir baten den Gott, uns ein Zeichen zu geben; und dieserDeutete uns, und befahl, gerade durchs Meer nach Euböa
175 Hinzusteuern, damit wir nur schnell dem Verderben entflöhen.Jetzo blies ein säuselnder Wind in die Segel der Schiffe;Und sie durchließen in Eile die Pfade der Fische, und kamenNachts vor Geraistos an. Hier brannten wir PoseidaonViele Lenden der Stiere zum Dank für die glückliche Meerfahrt.
180 Jetzt war der vierte Tag, als in Argos mit seinen GenossenLandete Tydeus’ Sohn, Diomedes der Rossebezähmer.Aber ich setzte den Lauf nach Pylos fort, und der FahrwindHörte nicht auf zu wehn, den uns der Himmlische sandte.Also kam ich, mein Sohn, ohn’ alle Kundschaft, und weiß nicht,
185 Welche von den Achaiern gestorben sind, oder noch leben.Aber so viel ich hier im Hause sitzend erkundet,Will ich, wie sich’s gebührt, anzeigen, und nichts dir verhehlen.Glücklich kamen, wie’s heißt, die streitbaren Myrmidonen,Angeführt von dem trefflichen Sohne des großen Achilleus;
190 Glücklich auch Philoktetes, der glänzende Sohn des Pöas.Auch Idomeneus brachte gen Kreta alle Genossen,Welche dem Krieg’ entflohn, und keinen raubte das Meer ihm.Endlich von des Atreiden Zurückkunft habt ihr EntferntenSelber gehört, wie Ägisthos den traurigsten Tod ihm bereitet.
195 Aber wahrlich er hat ihn mit schrecklicher Rache gebüßet!O wie schön, wenn ein Sohn von einem erschlagenen ManneNachbleibt! Also hat jener am Meuchelmörder ÄgisthosRache geübt, der ihm den herrlichen Vater ermordet!Auch du, Lieber, denn groß und stattlich bist du von Ansehn,
200 Halte dich wohl, daß einst die spätesten Enkel dich preisen! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Nestor, Neleus’ Sohn, du großer Ruhm der Achaier,Schreckliche Rache hat jener geübt, und weit in AchaiaWird erschallen sein Ruhm, ein Gesang der spätesten Enkel.
205 O beschieden auch mir so viele Stärke die Götter,Daß ich den Übermut der rasenden Freier bestrafte,Welche mir immer zum Trotz die schändlichsten Greuel ersinnen!Aber versagt ward mir ein solches Glück von den Göttern,Meinem Vater und mir! Nun gilt nichts weiter, als dulden!
210 Ihm antwortete drauf der Rossebändiger Nestor: Lieber, weil du mich doch an jenes erinnerst; man sagt ja,Daß um deine Mutter ein großer Haufe von Freiern,Dir zum Trotz, im Palaste so viel Unarten beginge.Sprich, erträgst du das Joch freiwillig, oder verabscheun
215 Dich die Völker des Landes, gewarnt durch göttlichen Ausspruch?Aber wer weiß, ob jener nicht einst, ein Rächer des Aufruhrs,Kommt, er selber allein, oder auch mit allen Achaiern.Liebte sie dich so herzlich, die heilige Pallas Athene,Wie sie einst für Odysseus den Hochberühmten besorgt war,
220 In dem troischen Lande, wo Not uns Achaier umdrängte;(Niemals sah ich so klar die Zeichen göttlicher Obhut,Als sich Pallas Athene für ihren Geliebten erklärte!)Liebte sie dich so herzlich, und waltete deiner so sorgsam:Mancher von jenen vergäße der hochzeitlichen Gedanken!
225 Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Edler Greis, dies Wort wird schwerlich jemals vollendet;Denn du sagtest zu viel! Erstaunen muß ich! O nimmerWürde die Hoffnung erfüllt, wenn auch die Götter es wollten! Drauf antwortete Zeus’ blauäugichte Tochter Athene:
230 Welche Rede, o Jüngling, ist deinen Lippen entflohen?Leicht bringt Gott, wenn er will, auch Fernverirrte zur Ruhe!Und ich möchte doch lieber nach vielem Jammer und ElendSpät zur Heimat kehren und schaun den Tag der Zurückkunft,Als heimkehrend sterben am eigenen Herde, wie jener
235 Durch Ägisthos’ Verrat und seines Weibes dahinsank.Nur das gemeine Los des Todes können die GötterSelbst nicht wenden, auch nicht von ihrem Geliebten, wenn jetzoIhn die finstere Stunde mit Todesschlummer umschattet. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen:
240 Mentor, rede nicht weiter davon, wie sehr wir auch trauren!Jener wird nimmermehr heimkehren; sondern es weihtenIhn die Unsterblichen längst dem schwarzen Todesverhängnis.Jetzo will ich Nestorn um etwas anderes fragen,Ihn, der vor allen Menschen Gerechtigkeit kennet und Weisheit.
245 Denn man saget, er hat drei Menschenalter beherrschet;Darum scheinet er mir ein Bild der unsterblichen Götter.Nestor, Neleus’ Sohn, verkünde mir lautere Wahrheit!Wie starb Atreus’ Sohn, der große Held Agamemnon?Wo war denn Menelaos? Und welchen listigen Anschlag
250 Fand der Meuchler Ägisthos, den stärkeren Mann zu ermorden?War er etwa noch nicht im achaiischen Argos, und irrteUnter den Menschen umher, daß der sich des Mordes erkühnte? Ihm antwortete drauf der Rossebändiger Nestor: Gerne will ich, mein Sohn, dir lautere Wahrheit verkünden.
255 Siehe, du kannst es dir leicht vorstellen, wie es geschehn ist.Hätt’ er Ägisthos noch lebendig im Hause gefunden,Als er von Ilion kehrte, der Held Menelaos Atreides:Niemand hätte den Toten mit lockerer Erde beschüttet;Sondern ihn hätten die Hund’ und die Vögel des Himmels gefressen,
260 Liegend fern von der Stadt auf wüstem Gefild’, und es hätteKeine Achaierin ihn, den Hochverräter! beweinet.Während wir andern dort viel blutige Schlachten bestanden,Saß er ruhig im Winkel der rossenährenden Argos,Und liebkoste dem Weib’ Agamemnons mit süßem Geschwätze.
265 Anfangs hörte sie zwar den argen Verführer mit Abscheu,Klytämnestra die Edle; denn sie war gut und verständig.Auch war ein Sänger bei ihr, dem Agamemnon besonders,Als er gen Ilion fuhr, sein Weib zu bewahren vertraute.Aber da sie die Götter in ihr Verderben bestrickten,
270 Führt’ Ägisthos den Sänger auf eine verwilderte Insel,Wo er ihn zur Beute dem Raubgevögel zurückließ;Führte dann liebend das liebende Weib zu seinem Palaste;Opferte Rinder und Schaf’ auf der Götter geweihten Altären,Und behängte die Tempel mit Gold und feinem Gewebe,
275 Weil er das große Werk, das unverhoffte, vollendet.Jetzo segelten wir zugleich von Ilions Küste,Menelaos und ich, vereint durch innige Freundschaft.Aber am attischen Ufer, bei Sunions heiliger Spitze,Siehe da ward der Pilot des menelaïschen Schiffes
280 Von den sanften Geschossen Apollons plötzlich getötet,Haltend in seinen Händen das Steuer des laufenden Schiffes:Phrontis, Onetors Sohn, der vor allen ErdebewohnernDurch der Orkane Tumult ein Schiff zu lenken berühmt war.Also ward Menelaos, wie sehr er auch eilte, verzögert,
285 Um den Freund zu begraben, und Totengeschenke zu opfern.Aber da nun auch jener, die dunkeln Wogen durchsegelnd,Seine gerüsteten Schiffe zum hohen Gebirge MaleiaHatte geführt; da verhängte der Gott weithallender DonnerIhm die traurigste Fahrt, sandt’ ihm lautbrausende Stürme,
290 Und hoch wogten, wie Berge, die ungeheuren Gewässer.Plötzlich zerstreut’ er die Schiffe; die meisten verschlug er gen Kreta,Wo der Kydonen Volk des Jardanos Ufer umwohnet.An der gordynischen Grenz’, im dunkelwogenden Meere,Türmt sich ein glatter Fels den dringenden Fluten entgegen,
295 Die der gewaltige Süd an das linke Gebirge vor PhästosStürmt; und der kleine Fels hemmt große brandende Fluten.Dorthin kamen die meisten; und kaum entflohn dem VerderbenNoch die Männer, die Schiffe zerschlug an den Klippen die Brandung.Aber die übrigen fünfe der blaugeschnäbelten Schiffe
300 Wurden von Sturm und Woge zum Strom Ägyptos getrieben.Allda fuhr Menelaos bei unverständlichen VölkernMit den Schiffen umher, viel Gold und Schätze gewinnend.Unterdessen verübte zu Haus Ägisthos die Schandtat,Bracht’ Agamemnon um, und zwang das Volk zum Gehorsam.
305 Sieben Jahre beherrscht’ er die schätzereiche Mykene.Aber im achten kam zum Verderben der edle OrestesVon Athenä zurück, und nahm von dem Meuchler ÄgisthosBlutige Rache, der ihm den herrlichen Vater ermordet;Brachte dann mit dein Volk ein Opfer bei dem Begräbnis
310 Seiner abscheulichen Mutter und ihres feigen Ägisthos.Eben den Tag kam auch der Rufer im Streit Menelaos,Mit unendlichen Schätzen, so viel die Schiffe nur trugen.Auch du, Lieber, irre nicht lange fern von der Heimat,Da du alle dein Gut und so unbändige Männer
315 In dem Palaste verließest: damit sie nicht alles verschlingen,Deine Güter sich teilend, und fruchtlos ende die Reise!Aber ich rate dir doch, zu Atreus’ Sohn MenelaosHinzugehn, der neulich aus fernen Landen zurückkam,Von entlegenen Völkern, woher kein Sterblicher jemals
320 Hoffen dürfte zu kommen, den Sturm und Woge so weithinÜber das Meer verschlugen, woher auch selbst nicht die VögelFliegen können im Jahre: so furchtbar und weit ist die Reise!Eil’ und gehe sogleich im Schiffe mit deinen Gefährten!Oder willst du zu Lande, so fodere Wagen und Rosse,
325 Meine Söhne dazu: sie werden dich sicher gen SpartaFühren, der prächtigen Stadt Menelaos’ des Bräunlichgelockten.Aber du mußt ihm flehn, daß er die Wahrheit verkünde.Lügen wird er nicht reden; denn er ist viel zu verständig!
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