Читать книгу Die fitten Jahre sind vorbei - Austrofred - Страница 19
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Geografie II
Martin Leibetseder aus St. Martin im Mühlkreis fragt: „S. g. Herr Austrofred, ich frage mich schon seit geraumer Zeit, warum ein Künstler Ihres Formats, der ständig auf der Überholspur lebt, sich trotz 140km/h-Beschränkung* auf österreichischen Au(s)t(r)obahnen so im Erfolg bremsen lässt? Haben Sie schon mal über einen Ortswechsel nach Deutschland nachgedacht?“
Lieber Martin,
aus den von dir genannten Gründen (potenziert durch den Faktor Oktoberfest) habe ich schon seit Jahren einen kleinen Zweitwohnsitz in München. Das ist zwar karrieretechnisch kein Nachteil, aber ich sage dir ganz ehrlich: Es schießt dich jetzt auch nicht auf den Mond. Ich habe festgestellt, dass die Münchner Rockkünstler nicht glücklicher sind als die in Österreich. Auch sie sind – so wie du – der Meinung, dass woanders das Gras grüner ist. Meiner Erfahrung nach ist es aber meistens nicht grüner, sondern es ist nur anders grün.
Weil es ist ja so, dass es seit jeher den künstlerischen Menschen dorthin zieht, wo was los ist – von Fürstenfeld nach Wien beispielsweise –, weil dort, wo was los ist, so denkt er sich, da wird mein überragendes Talent erkannt. So einer wie ich, der das seltene Glück gehabt hat, dass sein überragendes Talent in Wien erkannt worden ist, könnte sich jetzt denken, wenn ich jetzt nach Berlin gehe, vielleicht wird mein Talent dort noch mehr erkannt!? (Und im Zweifelsfall ist der Markt größer, Faktor 10, schadet auch nix.) Und so gehen die Besten der Besten nach Berlin, oder überhaupt gleich nach London oder New York, wo dann oft ein Rudel von bis zu fünfzehn genialen Songwritern/Sängern/Malern etc. in einer WG zusammenwohnt. Aber anstatt dass ihr Genie erkannt wird, müssen sie sich anfahren lassen, weil sie die letzte Raviolidose ausgeleckt haben oder weil es immer so nach Spargel fäult, wenn sie am Klo waren.
Und ich meine, da rede ich jetzt von wirklich guten, talentierten Leuten! Top-Künstler! Ich rede nicht von der Angi und der Babsi aus der Steiermark, die Model werden wollen und sich deswegen Brooke Undermoore und Pinka Foyd nennen und nach Paris gehen, was der Kleinen-Zeitung-Regionalseite sogar die Schlagzeile „Vom Lagerhaus zu Lagerfeld“ wert ist, und akrat, wie sie hinkommen, stirbt besagter Lagerfeld und also ihr einziger Plan. Dann setzen sie sich in den Gastgarten von einem romantischen Café, wo sie aber gleich vom Garçon verjagt werden, weil dort, wo sie sitzen, dürfen nur die Schönen und Reichen sitzen. Yes, but where can we sit then, fragen die Angi und die Babsi, aber leider nuschelt der Kellner dann irgendwas Französisches, was in etwa auf das hinausrennt, dass im Endeffekt leider überall nur die Schönen und Reichen sitzen dürfen und sie nicht. Also, von den beiden rede ich nicht, sondern ich rede von richtigen Talenten, die es nicht schaffen in Berlin und in London, in Los Angeles und in New York …
Lieber Martin, du kennst ja sicher das Sprichwort vom Einäugigen, der unter den Blinden der König ist? Ich verrate dir jetzt was: Damit lebt es sich gar nicht so schlecht!
* Der Fragesteller beruft sich hier auf den kurzfristigen Versuch eines kurzfristigen Verkehrsministers, in Österreich kurzfristig höhere Tempolimits einzuführen.