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1.2 Seit 1580 – die konfessionelle Polarisierung des Reichsverbands 1.2.1 Die interkonfessionellen Beziehungen verschlechtern sich wieder

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Warum litt denn das Reich unter Kaiser Rudolf II. (1576–1612) erneut, wie schon vor 1555, unter erheblichen interkonfessionellen Spannungen? Zunächst einmal wegen Rudolf, genauer: seiner mangelnden Präsenz in der Reichspolitik. Rudolf war nicht dumm (wiewohl er uns aus den – künstlerisch durchaus hochstehenden – Porträts ja oft etwas tumb anstarrt). Aber er besaß nicht die Psyche eines Entscheiders.

Rudolf II., ein kaum noch regierungsfähiger Kaiser

Die Mitakteure beklagten Rudolfs „melancholia“. Wir meinen, bei diesem Ausdruck in etwa Bescheid zu wissen, sind versucht, ihn mit depressiver Verstimmung und Antriebsarmut zu übersetzen. Frühneuzeitliche Akten nennen aber unterschiedslos alles, was wir heute als psychische Störung bezeichnen würden, vom harmlosen Tick über die Neurose bis hin zur Psychose, „melancholia“. Wenn man Rudolf ein wenig kennt (genauer: sein Handeln, soweit es sich in den Akten widerspiegelt), wird man, eher als auf melancholische Apathie, auf eine agitiert-depressive Krankheit schließen. Ober gar auf eine Geisteskrankheit, war er schizophren? Seine Tobsuchtsanfälle waren berüchtigt; offenkundig wähnte er sich zeitweise verhext – hat er im Zuge schizophrener Schübe Stimmen gehört? Oder war er einfach nur ein verschrobener, menschenscheuer Sonderling? Wir kommen als Historiker mit unseren Methoden auf diesem Gebiet nicht weit. Jedenfalls neigte Rudolf im Lauf der Jahre zu immer abenteuerlicheren Fluchten aus der Wirklichkeit. Ein Moderator mit Charisma und Autorität ist er dem Reich nicht gewesen.

Ein folgenreicher Generationswechsel

Dieses Manko kam sozusagen verschlimmernd hinzu. Wozu? Wir können angesichts des Forschungsstands (die Reichspolitik der Jahrzehnte um 1600 ist viel weniger untersucht als, beispielsweise, die der Reformationszeit) nur spekulieren. War es nicht auch eine Generationenfrage? Es starben jene Fürsten, die die Malaise der Jahre vor dem Religionsfrieden noch selbst erlebt hatten, gewissermaßen nacheinander weg. An ihre Stelle traten forsche junge Leute, die vor allem eines verabscheuten: die dauernde Leisetreterei der Altvorderen, ihre [<<16] ewige Kompromisslerei. Zumal viele von ihnen ganz in kämpferisch konfessionellem Geiste erzogen worden waren, etwa an Jesuitenkollegs. Anspruchsvoller formuliert: Sie hatten eine konfessionalisierte Primärsozialisation durchlaufen.

Dasselbe gilt für Gelehrte, die Autoren von theologischen und juristischen Traktaten, von populäreren Flugschriften. Auch dort kann man seit den 1580er-Jahren eine vordem unbekannte Militanz beobachten, auf katholischer Seite bis hin zum frohgemut oder aggressiv vorgetragenen Bekenntnis, sich nicht mehr an den Religionsfrieden gebunden zu fühlen: Die Notsituation von 1555 ist vorbei, es gibt nun keine Ausreden mehr – wir müssen die Ketzerei austilgen. Je nach Adressatenkreis war in solchen Abhandlungen häufig von „ausrotten“ oder aber von „exstirpare“ die Rede. (Als „Ketzer“ oder „Häretiker“, also Irrgläubige, bezeichneten Katholiken alle, die von der in Rom festgelegten offiziellen katholischen Glaubenslehre abwichen – so natürlich Lutheraner und Calvinisten.)

Der Dreißigjährige Krieg

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