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AUS DEM NEST IN DIE WELT

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Wie schon so viele Male zuvor wecke ich meine Jungs, dann bereite ich das Frühstück zu.

»Och nee, Mama. Echt jetzt? Porridge? Heute? An meinem letzten Schultag? Das glaube ich echt nicht«, beklagt sich Elias wenig später.

»Eben drum«, grinse ich. »Warum soll man schöne Rituale ändern?«

Noah stupst seinen kleinen Bruder liebevoll an und sagt mit einem Augenzwinkern: »Ich liebe Mamas Porridge. Ich wünschte, jemand würde mir in Berlin jeden Morgen so einen Teller hinstellen.«

Und mein Porridge ist in der Tat berühmt-berüchtigt, das gebe ich zu. Bei uns gab es morgens Porridge. An jedem Schulmorgen. Zwanzig Jahre lang, fünf Tage die Woche. Ja, vielleicht etwas einfallslos, aber effizient, weil schnell gemacht. Wasser aufkochen, Dinkelflocken rein, quellen lassen. Fertig.

Als die Kinder größer wurden, fing ich an, das Ganze mit Nüssen, Hanf, Leinsamen, Chia, Früchten, Kokosnussjoghurt oder Bienenpollen aufzupeppen. Dazu stand neben jedem Platz noch einer meiner ebenfalls berühmten (und auch berüchtigten) grünen Smoothies aus Ingwer, Spinat, Kurkuma, Holunderbeersaft oder Blaubeeren.

Ich gebe in den Mixer, was gerade da ist. Ich habe bei meinen Kindern von Anfang an auf eine gesunde Ernährung geachtet.

Mitten in meine Erinnerungen stürmt Jen in die Küche und lacht laut: »Oh, es gibt Porridge!«

Endlich sind alle fertig und auf dem Weg ins Auto. Unauffällig versuche ich, ein Paket mit einer kleinen Überraschung für Elias in den Kofferraum zu schmuggeln. Erfolglos. Elias hat mich trotzdem dabei beobachtet und ich sehe genau, wie nervös ihn das macht. Warum fällt es Kindern so schwer, ihren Müttern einfach mal zu vertrauen? Wir meinen es doch nur gut mit ihnen, sind stolz auf sie und das darf ruhig die ganze Welt erfahren.

»Wird dir schon gefallen, da bin ich sicher«, strahle ich ihn also an – was seine Nervosität offensichtlich nur noch mehr steigert. Inzwischen ist er in einen langen weißen Talar geschlüpft und steht mit seinem ebenfalls weißen Hut vor uns – die traditionelle Kleidung beim Schulabschluss seiner Schule.

»Sieht cool aus«, muntere ich meinen Sohn auf, der unsicher an sich herunterblickt. Im heimischen Vorgarten mutet das Gewand tatsächlich etwas seltsam an, aber eine halbe Stunde später laufen rund tausend identisch gekleidete Absolventen in die riesige Basketballarena der University of Miami ein und sitzen in langen Stuhlreihen nebeneinander. Von den oberen Rängen aus, wo die Familien platziert sind, könnte man denken, das sei ein Schwarm weißer Friedenstauben, der nur darauf wartet, endlich in die Freiheit davonfliegen zu können.

Jeder Schüler hat seine Eltern dabei. Manche auch noch die Oma, den Onkel, die Tante. Bei uns sind es meine Freundinnen Jen und Heather, welche die Tantenposition einnehmen. Die amerikanische Hymne erklingt und dann geht alles ganz schnell. Mein Sohn bekommt sein Zeugnis und als die Absolventen alle zusammen die Halle verlassen, kommt meine Stunde.

Wir halten vor unsere Gesichter lange Holzstäbe mit Papiermasken, auf die ich das Gesicht von Elias habe drucken lassen. Wir feiern ihn, das Diplom, uns selbst und vor allem die Tatsache, dass er es geschafft hat. Wir schreien seinen Namen so laut in die Welt hinaus, dass wirklich jeder zu uns schaut. Ein kleines Lächeln entlockt ihm das am Ende doch und als ich mich umdrehe, merke ich, dass wir gar nicht so peinlich sind. Hinter uns steht eine Frau, die das Gesicht ihres Sohnes auf eine Größe von zwei mal zwei Metern vergrößert hat und das Plakat begeistert in die Höhe hält.

Dieser Tag ist nur Freude, pures Glück. Natürlich will Elias unbedingt noch eine Party zu Hause feiern.

Ich biete ihm großzügig an: »Ihr könnt sehr gerne bei uns eine Party machen. Es gibt halt nur keinen Alkohol. Man kann doch trotzdem feiern und tanzen.« Doch damit kann ich nun leider keinen Blumentopf gewinnen. Also gehen wir alle gemütlich in seinem Lieblingsrestaurant essen – und am Abend verschwindet mein Sohn für eine der in Florida sehr beliebten Übernachtungspartys bei einem Kumpel.

Mama allein zu Haus

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