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Kapitel 10

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Nachdem er die Ranch vor vier Tagen verlassen hatte, war er weiter südlich geritten. Er hatte sich weiter auf die Suche begeben wollen. Doch am darauf folgenden Tage hatte er in der Ferne eine Ansiedlung gesehen. Neugierig war er auf eine Anhöhe geritten und hatte von dort oben einen prächtigen Ausblick auf die unter ihm liegende Prärie gehabt. Allerdings hatte er auch die Unterkünfte der Weißen gesehen.

So viele Häuser und auch Menschen, die in den Gassen unterwegs waren, hatte er noch nie gesehen. Sein Stamm war schon groß gewesen, aber gegenüber dieser Anzahl von Weißen waren sie nur in der Minderheit. Am Rande des Ortes sah er außerdem das Fort der Armee liegen. Groß und gut bewacht stand es da. Von seiner Position aus konnte er klar die acht Wachtürme ausmachen und sehen, welche Tätigkeiten die Soldaten im Fort ausübten.

Sein Vater, der Häuptling, hatte ihm und den jungen Kriegern seines Stammes immer wieder von den Kämpfen der Soldaten mit den Indianern erzählt. Er hatte geglaubt, eines Tages würde der weiße Mann wieder verschwunden sein, doch als Chágha tho dieses Fort und die vielen Menschen in der Stadt nun sah, war er sich nicht mehr sicher, ob der alte Häuptling Recht behalten würde. Nachdenklich geworden, hatte er das Treiben unten im Tal noch einen ganzen Tag lang beobachtet und

am nächsten Tag gesehen, wie ein Treck mit vielen Wagen jubelnd von den Soldaten im Fort und in der Stadt begrüßt worden war. Irgendetwas löste sich in ihm aus, als er dieser Szene beobachtete.

Er konnte nur nicht genau sagen, was es war. Alle schienen einen glücklichen Eindruck zu machen. Seit Chágha tho seinen Stamm verlassen hatte und die vielen Tage und Nächte alleine unterwegs gewesen war, war er sehr nachdenklich geworden. In letzter Zeit erwischte er sich immer mehr dabei, dass er über die Zukunft nachdachte und was sie ihm bringen würde. Er hatte oft zu Manitou gebetet und versucht zu ergründen, was er mit ihm vorhatte.

Seiner Meinung nach lag das Problem zwischen Weiß und Rot dabei, dass ein jeder den Anderen nicht verstand. Wenn er die Sprache der Weißen sprechen würde und er war sich sicher, dass er sie lernen könnte, dann könnte er ihnen viele Dinge erklären und umgekehrt. Chágha tho sah gedankenverloren in die Ferne, er verstand sich im Moment selber nicht mehr. Früher, da waren ihm solche Gedanken fremd gewesen.

Da hatte es gereicht, dass er der Sohn des Häuptlings war und seinen Platz innerhalb des Stammes hatte. Doch es war längst nichts mehr so wie früher. Der alte Häuptling war tot und er hatte den Stamm verlassen und würde wahrscheinlich nie wieder zurückkehren. Nun allein auf sich gestellt schien es ihm wichtig zu sein, alles über die Weißen zu lernen. Doch er war weder dumm noch leichtsinnig. Er wusste, wenn er da hinunterreiten würde, wäre er ein toter Mann oder aber zumindest ein Gefangener der Armee.

Wenn er tatsächlich etwas über die Weißen lernen wollte, musste er es schlauer anfangen. Und so hatte er vor zwei Tagen den Entschluss gefasst, zurück zu der Ranch zu reiten. Zwar waren sie ihm da auch nicht gerade mit offenen Armen entgegen gekommen, dennoch zog ihn etwas dahin zurück. Vielleicht konnte er einen Deal mit dem Vater der Tochter machen. Ein Versuch war’s wert, fand er und so hatte er sich auf den Weg zurückgemacht.

Nun saß er wieder an der Stelle, an der er vor vier Tagen von den Cowboys eingekreist und gefangen genommen worden war.

Er wollte nicht im Verborgenen bleiben und es ihnen leicht machen, ihn zu sehen. Mit dem Lagerfeuer, welches er entzündet hatte, würde es nicht lange dauern, bis sie seine Anwesenheit bemerken würden und von da an würde es sich zeigen, ob Manitou ihn beschützte oder ob er hier den Tod finden würde. Die Cowboys waren mit dem Vieh beschäftigt. Er konnte sehen, wie sie die Tiere zwischen den Büschen und Tannen in dem unüberschaubaren, weiten Gelände aufstoben und zusammentrieben.

Warum sie das machten, verstand er nicht aber er verfolgte das Tun mit großem Interesse. Es dauerte länger als er gedacht hatte, bis er sehen konnte, wie die Cowboys bei ihrer Arbeit innehielten und in seine Richtung schauten. Kurz danach galoppierte einer von Ihnen zum Haupthaus hinüber. Nun würde es nicht mehr lange dauern. Chágha tho nahm die Zügel seines Pferdes und hielt sie in der Hand. Seine Waffen lagen griffbereit neben ihm. So, am Lagerfeuer sitzend, erwartete er die Ankunft des Ranchbesitzers. Denn da war er sich sicher, dieses Mal würde er persönlich kommen.

„Da oben ist er, Boss. Der Junge ist entweder mächtig dumm oder hat Mut. Nach allem, was passiert ist, kommt er wieder und setzt sich erneut der Gefahr aus.“

„Wenn ich nur wüsste, was er im Schilde führt.“

„Das werden wir gleich erfahren.“

Malcolm und James trieben ihre Pferde den Berg hinauf und kamen dann seitlich aus dem Wald auf den Indianer zu. Dieser saß friedlich am Lagerfeuer, und als die beiden Männer erschienen, machte er eine einladende Geste, damit sie sich zu ihm ans Feuer gesellten.

James sah etwas verwundert zu Malcolm hinüber, der bereits vom Pferd stieg.

„Boss steigen sie ab und kommen sie zum Lagerfeuer. Das Gewehr nehmen sie mit, legen sie es sich aber über die Arme, damit es keine bedrohliche Geste ist.“

Er sah, wie Malcolm das Gleiche tat, und schritt dann zum Feuer hinüber, wo Malcolm sich setzte und das Gewehr neben sich ins Gras legte. James ließ sich ebenfalls nieder und schaute dem Indianer dabei forsch in die Augen. Einschüchtern lassen wollte er sich nicht von diesem jungen Burschen. Die Blessuren, die er ihm vor Tagen zugefügt hatte, waren inzwischen fast verblasst und so sah er zum ersten Mal, dass der junge Mann markante Gesichtszüge hatte. Seine hohen Wangenknochen und die gerade Nase verliehen ihm fast ein aristokratisches Aussehen. Das lange Haar, welches in zwei Zöpfe geflochten war, war schwarz wie Kohle. Seine Haut war nur etwas dunkler als seine eigene. Das aber wohl auffallendste Merkmal an ihm waren seine himmelblauen Augen. Solche Augenfarbe hatte er erst einmal in seinem Leben gesehen und das war schon lange her. Nun merkte er, wie dieses Augenpaar ihn genau beobachtete. Sie hatten eine Weile schweigend sich gegenübergesessen. Ein jeder versuchte, den anderen einzuschätzen, doch nun eröffnete Malcolm das Wort an den Indianer.

„Was machst du hier?“

„Ich beobachte euch und lerne.“

Etwas verdutzt über die Antwort, sah er erst James an, der ihn fragend anschaute und dann wieder den Indianer.

„Was ist Malcolm, was hat er gesagt?“

„Gleich, ich muss das noch einmal hinterfragen. Du bist hier und beobachtest uns? Warum? Das verstehe ich nicht.“

„Ich habe die vielen Menschen gesehen und das Fort der Armee. Chágha tho möchte die Weißen verstehen. Ihre Sprache lernen und sehen wie sie leben. Deshalb bin ich zurückgekommen.“

„Mmh“

„Malcolm was sagt er?“ ungeduldig schaute James ihn an.

„Eine merkwürdige Sache Boss. Er sagt, er war in Laramie und will nun die Sprache von uns lernen und auch wie wir leben.“

„Was? Das habe ich ja noch nie gehört. Warum sollte eine Rothaut das wollen?“

„Fragen wir ihn, doch. Chágha tho, warum willst Du das wissen?“

„Chágha tho denkt, das wenn er die Sprache der Weißen spricht und weiß, wie sie leben, er sie besser verstehen kann und das ist sein Wunsch.“

„Nun, er will tatsächlich die Sprache lernen und alles was wir tun, damit er uns besser verstehen kann. Das ist irgendwie interessant. Vielleicht sollten wir ihm diesen Wunsch erfüllen.“

„Das ist doch nicht dein Ernst, Malcolm. Wir sollen einen Indianer mit auf die Ranch nehmen? Wie soll das funktionieren. Es würde Reibereien zwischen den Männern und ihm geben.“

„Nun vielleicht käme es auf einen Versuch drauf an.“ Und wieder sprach er den Indianer an.

„Wie stellst du dir das vor. Was sollen wir machen?“

„Chágha tho ist stark, kann helfen mit den Rindern.“ Er zeigte mit dem Finger auf die Rinderherden im Tal. “Und dabei kann er lernen und verstehen.“

Malcolm kratzte sich mit den Fingern seinen Zwei-Tage-Bart. Er persönlich fand die Idee zwar ungewöhnlich aber bei Weitem nicht so schlecht, wie das wohl sein Boss tat. Irgendwie hatte der Junge Schneid und das imponierte ihm.

„Boss, er fragt, ob er bei der Arbeit helfen kann.“

„Malcolm, mal ganz ehrlich, wie sollte das gehen. Die Jungs da unten sind nicht gerade erbaut, das hier ein Indianer herumschleicht und nun soll ich ihn mit auf die Ranch nehmen und ihn bei uns arbeiten lassen. Kannst du dir vorstellen, was das für einen Aufstand gibt?“

„Ich glaube, so schlimm würde es nicht werden. Ich persönlich könnte ihn unter meine Fittiche nehmen und ihm alles beibringen, was er lernen muss. Außerdem hätten wir ihn dann besser unter Beobachtung, als wenn er hier oben ist und um uns herum schleicht.“

James dachte eine ganze Weile nach, bevor er antwortete und Malcolm dachte schon, dass er Nein sagen würde.

„Ok versuchen wir es. Aber wenn es nicht klappen sollte, dann muss er gehen und ich will, dass er das weiß, bevor ich ihn mitnehme.“

„Das ist fair. Ich sage es ihm.“ Und so übersetzte Malcolm das, was sein Boss ihm gesagt hatte und der Indianer nickte. Alle drei Männer erhoben sich fast gleichzeitig. Chágha tho löschte das Feuer und schwang sich auf sein Pferd. Gemeinsam ritt er mit den beiden Weißen hinunter zur Ranch. Es war eine ungewisse Zukunft, auf die er sich da einließ, aber er war sich sicher, Manitou war mit ihm.

Als die drei Reiter die Ranch erreichten, fielen die Blicke der Cowboys und der restlichen Ranch Bewohner auf die kleine Gruppe. Neugierig geworden ließen sie ihre Arbeit liegen und folgten dem kleinen Trupp in einem sicheren Abstand. Vor der Scheune hielt James an und drehte sich zu seinen Leuten um, die nun einen Halbkreis um sie herum gebildet hatten. Männer, Frauen und Kinder, alles hatte sich zusammengefunden. Die Kunde darüber, dass der Indianer wieder da war, hatte sich schnell verbreitet. Nun stand ein jeder vor den Dreien und man betrachtete den Indianer neugierig.

„Hey Boss, habt ihr den da wieder eingefangen?“ schallte es aus der Menge.

„Nein, er ist diesmal aus freien Stücken hier. Er wird eine Weile bei uns bleiben und mithelfen.“

Ein Raunen ging durch die Menschenansammlung und man schaute sich gegenseitig ungläubig an. Hatte man das eben richtig verstanden? Ein großer, breitschultriger Mann, etwas älter als James, trat hervor.

„Haben wir das eben richtig verstanden, Boss? Die Rothaut soll bei uns auf der Ranch bleiben?“ Sofort richteten sich alle Augenpaare auf James und man erwartete gespannt seine Antwort.

„Ja, das habt ihr alle richtig verstanden. Er möchte gerne unsere Sprache lernen und uns besser kennen lernen. Dazu wird er hier mit leben und arbeiten.“

„Das ist jetzt nicht dein Ernst! Die roten Teufel stehlen Pferde und Vieh, sie brandschatzen, morden und vergewaltigen. Sie sind hinterlistig und tückisch und eines tun sie bestimmt nicht, nämlich arbeiten. Mit solch einer roten Brut will ich nichts zu tun haben.“

James hatte mit Gegenwehr gerechnet, trotzdem konnte er jetzt diese Anfeindung von Carl, seinem Cowboy, nicht durchgehen lassen. Er musste ihm zeigen, wer der Chef auf dieser Ranch war.

„Carl, er kann uns zwar nicht verstehen, trotzdem möchte ich, dass keiner hier mehr solche Schimpfnamen in den Mund nimmt. Sein Name ist Chágha tho, und wenn du Probleme damit haben solltest, dass er hier ist, dann solltest du schleunigst lernen, diese in den Griff zu bekommen. Ich habe entschieden, dass er hier mithelfen wird und solange er hier ist, wird er ordentlich behandelt. Haben wir uns da verstanden?“ Ohne eine Gesichtsregung schaute er von einem zum anderen und blieb dann mit seinem Blick an Carl heften. Während die Anderen stumm genickt hatten, blieb Carl stur bei seiner Einstellung und machte keine Anzeichen, dass er klein beigeben würde.

„Ich hoffe, ich habe mich jetzt klar ausgedrückt. Dann ist die Vorstellung damit beendet und ihr könnt wieder an eure Arbeit gehen. Nachdem sich die Menge, einschließlich Carl wieder aufgelöst hatte, wandte sich James an Malcolm.

„Carl könnte Ärger machen. Wir werden ihn ein bisschen im Auge behalten müssen. Ich will nicht, dass er die anderen Jungs aufwiegelt.“

„Mmh, da könntet ihr Recht behalten. Ich werde ein Auge darauf haben. Wo sollen wir ihn einquartieren? Bei den ledigen Cowboys halte ich das im Moment für keine gute Idee.“

„Vielleicht kann er heute im Heuschober schlafen? Ich werde mir dann für die nächsten Tage was überlegen. Kannst du ihm das so sagen?“

James stieg von seinem Pferd und gab die Zügel Malcolm.

„Versorge bitte mein Pferd mit und dann sehen wir uns morgen Früh.“

„Geht in Ordnung, Boss“.

Wenig später waren Malcolm und Chágha tho alleine im Stall und versorgten die drei Pferde.

„Der weiße Mann will Chágha tho hier nicht haben.“

„Du meinst Carl? Tja der wird sich schon noch damit abfinden. Braucht alles seine Zeit. Du wirst sehen.“ Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber er würde Carl gut im Auge behalten müssen. Der Mann war nicht so leicht von seiner Meinung abzubringen, dazu kannte er ihn zu genau.

„Du kannst im Stroh schlafen, bis wir was Besseres gefunden haben.“

„Chágha tho brauch nichts anderes. Der Stall ist gut.“

„Ok. Dann sehen wir uns morgen zur Arbeit“, damit verließ Malcolm den Stall und ließ den Indianer alleine zurück.

Nach dem Abendessen gesellte sich James zu seinem Vater auf die Veranda. Wenn es das Wetter zuließ, saß William abends gerne noch draußen und rauchte seine Pfeife. Oft leistete Isabella ihm Gesellschaft, wenn James noch im Büro zu tun hatte. Auch an diesem Abend saßen die beiden vor dem Haus in den zwei Schaukelstühlen. Isabella hatte sich Flickzeug mit hinausgenommen und wollte ein paar Löcher in den Hosen ihres Vaters stopfen. William zog genüsslich an seiner Pfeife und schaute ihr zu. Es war ein schöner Abend. Die Nacht war klar und man konnte die ersten Sterne am Himmel leuchten sehen. In den Hütten der Cowboys, die mit ihren Familien auf der Ranch wohnten, sah man die Lichter in den Fenstern schimmern. Hier und da hörte man in der Ferne das Muhen vereinzelter Kühe. Die Natur wurde still und legte sich langsam zur Ruhe. Lange würde man jetzt nicht mehr hier draußen sitzen können, die Kälte würde schnell in ihre Glieder kriechen, denn die Nachttemperaturen im Frühling waren noch recht kalt und feucht.

William genoss es, die Tage so ausklingen zu lassen.

Nun ging die Tür auf und James trat zu ihnen dazu. In Gedanken versunken ging er an ihnen vorbei und stützte sich auf der Holz Balustrade ab. Sein Blick ging hinüber zur Scheune. Isabella hielt mit ihrer Stopfarbeit inne und schaute ihren Großvater an, sagte aber nichts. Dieser machte ein nachdenkliches Gesicht. Als James sich umdrehte und mit dem Rücken an dem Geländer lehnte, richtete der Großvater das Wort an ihn.

„Ich hoffe, du hast heute keinen Fehler gemacht. Der Junge wird Ärger bringen.“

James massierte seinen Nacken. „Ich weiß, aber sie werden es schon schlucken.“

„Bist du dir da sicher? Carl wird keine Ruhe geben. Er ist stur und uneinsichtig.“

„Ja leider.“

„Du weißt, dass Carl seine Ranch, seine Frau und seine kleine Tochter bei einem Indianerüberfall verloren hat?“

„Ja, das weiß ich, aber das ist jetzt über zwanzig Jahre her. Irgendwann muss man auch mal verzeihen und vergessen können und der Junge war da noch gar nicht geboren.“

„Carl hat das nie überwunden. Er hasst die Indianer abgrundtief, und damit, dass du ihn hierher gebracht hast, wird die Sache nicht besser.“

„Ich weiß, Vater. Aber im Moment ist das die beste Lösung. Ich weiß nicht, was er im Schilde führt und ich habe ihn besser hier unter Kontrolle, als das er mir jeden Tag um die Ranch herumschleicht und alle nervös macht. Da kann ich keine Rücksicht auf die Gefühle von Carl nehmen, wenn es um die Ranch geht. Wir müssen herausfinden, warum er wirklich hier ist und das können wir am Besten, wenn er in unserer Nähe ist. Malcolm wird sich seiner annehmen, da er der Einzige ist, der sich mit ihm unterhalten kann und dann werden wir sehen, wie schnell er unsere Sprache lernt.“

„Vielleicht hast du Recht.“ William zog wieder an seiner Pfeife.

Isabella, die das Ganze schweigend mit angehört hatte, meinte nun zu ihrem Vater: „Ich kann ihm ja Sprachunterricht geben.“

Bedrohlich richtete der Vater seinen Zeigefinger auf seine Tochter und antwortete in einem schärferen Ton als beabsichtigt, was Isabella etwas verschreckt zurückfahren ließ.

„Du mein junges Fräulein hältst dich da raus. UND - Du hältst Abstand von diesem Indianer. Ich möchte dich nicht in seiner Nähe sehen. Sollte es hier Probleme geben, dann möchte ich dich nicht zwischen den Fronten stehen sehen. Habe ich mich da klar ausgedrückt?“

„Ja, Vater,“ verärgert und enttäuscht erhob sie sich. „Ich bin müde. Gute Nacht,“ damit erhob sie sich, nahm ihre Sachen und ging ins Haus.

William sah seinen Sohn an.

„War das nötig, ihr so die Leviten zu lesen?“

„Besser sie weiß gleich Bescheid, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommt. Sie ist manchmal so stur, wie ihre Mutter es war.“

William lachte. „Und du hast sie abgöttisch geliebt.“

„Ja, gute Nacht Vater.“

„Gute Nacht, mein Sohn.“

Der Schatten, der an der Außenwand der Scheune lehnte und zum Haus hinüber blickte, hatte die Szene beobachtet. Er hatte schon eine ganze Weile dort gestanden und im Schutz der Dunkelheit die Bewegungen auf der Veranda mit verfolgt. Nun sah er, wie Isabella ins Haus gegangen war und wenig später im ersten Stock ein Zimmer von einem Lichtschein erhellt wurde. Das war also ihr Zimmer. Er konnte sehen, wie sie sich im Zimmer hin und her bewegte. Inzwischen waren der Vater und der Großvater ebenfalls im Haus verschwunden. Die Lichter waren unten gelöscht worden und in einem weiteren Fenster im ersten Stock war ein kleiner Lichtschein zu erkennen. Dieser Lichtstrahl drang nicht so hell zu ihm hinaus, weil dort bereits Vorhänge vor dem Fenster hingen.

Die Bewohner schienen sich zur Nachtruhe zu begeben. Nun konnte er beobachten, wie Isabella direkt ans Fenster kam. Doch anstatt ihre Vorhänge zuzuziehen, stand sie bewegungslos davor und blickte direkt auf ihn nieder. Etwas verdutzt zog er sich weiter in die Dunkelheit zurück.

Er kniff seine blauen Augen zusammen und überlegte, ob sie ihn sehen konnte, entschied sich dann aber dafür, dass ihr Blick nur zufällig in seine Richtung gegangen war. Als er wieder zu ihr hinauf blickte, war sie am Fenster verschwunden und hatte die Vorhänge vorgezogen. Er blickte sich noch einmal um, sah das auch in den anderen Hütten die Lichter ausgingen und ging dann selber wieder hinein in den Schober.

In einer Hütte brannte aber noch Licht und die Bewohner waren noch in einer heftigen Debatte.

„Leute, wir können das nicht zulassen. Der Boss muss den Verstand verloren haben. Eine Rothaut auf unserer Ranch. Er wird uns an seine Leute verraten. Wird hier alles ausspionieren und dann werden sie uns überfallen.“

„Carl, ich glaube, jetzt übertreibst du. Wir wissen doch, dass er allein ist. So schlimm wird es nicht werden.“

„Das sagt Ihr jetzt, weil Ihr sie nicht kennt. Ich kenne diese Bastarde genug. Weiss, wie sie vorgehen und ich sage euch, er ist der Teufel in Person. Wir sollten das nicht zu lassen.“

„Was hast du vor?“

„Ich weiß es noch nicht, aber wir sollten es nicht so einfach hinnehmen, dass er hier ist.“

„Der Boss hat sich klar darüber ausgesprochen, dass der Indianer hier Gast ist. Das sollten wir akzeptieren. Ich will meine Arbeitsstelle hier nicht verlieren. Es ist eine gute Arbeit und wird gut bezahlt.“

„Genau!“ stimmten die anderen mit ein. Nur Carl entgegnete ihm: „Ja habt ihr es immer noch nicht kapiert. Der Boss handelt aus falschen Beweggründen. Der Dreckskerl hat seine Tochter gerettet und nun meint er, er wäre der Rothaut was schuldig. Das Einzige, was man diesen roten Kerlen schuldig ist, ist das man sie am nächsten Baum aufknüpfen sollte.“

„Man Carl, lass das keinen hören. Du hast doch nicht etwa vor ihn zu beseitigen?“

Carl merkte, dass die anderen Cowboys nicht Manns genug waren, um ihm bei seinem Vorhaben zu helfen, und ruderte deswegen etwas zurück.

„Nein, natürlich nicht. Ich habe nur meinem Ärger ein bisschen Luft gemacht.

Wenn wir Glück haben, wird er uns ja nicht in die Quere kommen, da sich Malcolm mit ihm befassen wird. Es ist spät geworden, ich gehe jetzt schlafen. Gute Nacht Jungs.“

Die Andern schienen beruhigt zu sein, dass sich Carl wieder gefangen hatte, und begaben sich ebenfalls zur Ruhe. Carl hingegen dachte gar nicht daran, seinen Plan aufzugeben. Er würde den Bastard beobachten und vielleicht würde sich die Gelegenheit ergeben, dass er sich an ihm rächen konnte. Unfälle passierten schließlich jeden Tag und nur ein toter Indianer, war ein guter Indianer.

Der Wind in meinen Federn

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