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Kapitel 1

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Wyoming 1877

Über der Prärie lag noch die Stille der Nacht, doch am Horizont konnte man schon die ersten Anzeichen des neuen Tages erblicken. Langsam wich die Dunkelheit dem tiefen Orange der aufgehenden Sonne. Die Nacht war sternenklar gewesen, doch nun verblassten die kleinen Glitzerpunkte schnell am Himmel. Der harte Winter war vorbei, doch noch immer herrschte ein eisiger Wind, der über die endlose Weite fegte. Die aufgehende Sonne würde bald die ersten warmen Strahlen bringen, die die Prärie aufblühen lassen würde und in eine grüne mit Wildblumen übersäte Landschaft verändern würde.

Wenn man die Augen offen hielt, konnte man überall die Vorboten des Frühlings entdecken. Kleine zarte Knospen an den Bäumen, ein erstes zaghaftes Grün auf der Erde und auch die Tierwelt rappelte sich aus dem Winterschlaf auf. In der Luft roch es nach mehreren gut geschürten Lagerfeuern. Um sie herum standen die Zelte der Cheyenne. Bis auf ein paar Krieger, die dick eingehüllt in Decken ums Feuer saßen und Wache hielten, war es noch still im Lager. Pferde grasten ruhig in der Nähe. Es würde nicht mehr lange dauern, bis es taghell wäre und das Leben in den Zelten erwachen würde.

Die beiden Männer, die das Geschehen im Dorf von einer Anhöhe beobachteten, saßen schweigsam auf ihren Pferden. Beide trugen lange braune Wildlederhosen mit Fransen an den Außennähten. Dazu passend ein mit bunten Perlen besticktes, langärmeliges Wildlederhemd.

Ihre Füße steckten in mit Büffelfell gefütterten Moccasins. Um sich vor der Kälte zu schützen, hatten sie sich Decken, die mit reichlichen indianischen Mustern bestickt waren, um die Schultern gelegt. Die langen schwarzen Haare waren zu je zwei Zöpfen geflochten, die ein kleines Lederband zusammenhielt. Um die Stirn herum trugen sie ein einfaches Band aus Schlangenleder, in dem am Hinterkopf eine Adlerfeder steckte.

Vollkommen ruhig standen Mensch und Tier auf der Anhöhe und nur der heiße Atem aus den Nüstern der Pferde, der in der kalten Luft zu erkennen war verriet, dass es sich hier um lebende Wesen handelte und nicht um Statuen.

„Mein Bruder weiß, dass er nicht gehen muss!“

Ohne seinen Blick vom Dorf abzuwenden, hatte er seinen Freund angesprochen. Dieser schwieg, lange bevor er endlich antwortete:

„Ich weiß, aber es ist besser so.“

„Meinen Bruder beschäftigen viele neue Gedanken, seit der große Häuptling in die ewigen Jagdgründe gegangen ist.“

„Mantotohpa wird die Lücke gut füllen und die Krieger der Cheyenne weise führen.“

„Warum will mein Bruder dann fortgehen? Was wird Hon Avonaco dazu sagen?“

„Sie weiß es seit gestern und versteht es.“

„Honiahake ist traurig, dass er seinen Freund verliert. Er ist wie ein Bruder für ihn gewesen.“

„Ich werde Honiahake auch vermissen, aber ich habe eine Mission, die ich erfüllen muss“

„Lass mich mit dir ziehen.“

„Nein, das muss ich alleine tun und der Stamm braucht dich.“

„Wirst du eines Tages zurückkommen?“

„Das weiß ich noch nicht.“

„Dein Platz ist hier, und wie immer deine Suche ausgehen wird, du wirst willkommen sein.“

„Ich weiß. Es wird Zeit. Möge Manitou dich beschützen, Honiahake!“

„Möge Manitou dich beschützen und dir helfen bei dem, was du tun musst.“ Beide hoben sie ihren rechten Arm und formten ein Zeichen des Abschiedes. Dann warf er noch einmal einen letzten Blick auf sein Dorf, bevor er sein Pferd in den angrenzenden Wald lenkte und zwischen den Bäumen von der Dunkelheit verschlungen wurde. Zurück blieb nur Honiahake, der traurig sein Pferd die Anhöhe hinab trieb, um ins Dorf zurückzugelangen.

Der Wind in meinen Federn

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