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Kapitel 11

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Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen, als Malcolm in den Stall kam. Er wollte gerade Chágha tho wecken, als er sah, dass sein Nachtlager leer war. Etwas verdutzt blickte er sich um, sah aber nur das Pferd des Indianers friedlich in seiner Ecke stehen. Wo war er nur? Malcolm ging durch die hintere Tür ins Freie und versuchte in der Dämmerung ihn irgendwo zu sehen. Plötzlich tauchte er wie aus dem Nichts neben ihm auf. Malcolm fasste sich ans Herz und stieß einen erschreckten Laut aus. „Junge, du kannst einen alten Mann wie mich doch nicht so erschrecken.“ Chágha tho grinste achselzuckend und ging dann zurück in den Stall.

Malcolm hingegen schüttelte den Kopf und meinte zu sich selbst: „Worauf habe ich mich da bloß eingelassen.“

Wenig später waren beide mit Ihren Pferden unterwegs und Malcolm fing an, Chágha tho die Ranch zu zeigen. Zuerst ritten sie an der westlichen Begrenzung entlang und Malcolm hielt von Zeit zu Zeit an, um dem Indianer zu zeigen und zu erklären, wie man Zäune ausbesserte und warum. Erst übersetzte er und dann wiederholte er es in Englisch noch einmal, sodass Chágha tho die Worte lernen konnte.

Der Junge schien schnell zu begreifen, denn es dauerte nicht lange, da konnte er die nötigen Handgriffe schon allein und Malcolm musste überrascht feststellen, dass er einen wissbegierigen Schüler hatte. Zum Mittag machten sie Pause an einem kleinen Fluss, der durch das Gelände der Ranch floss.

Er diente nicht nur den Bewohnern, sondern auch dem Vieh als Wasserquelle. Malcolm erzählte, dass dieser Fluss nie austrocknete, selbst in den trockensten Sommermonaten führte er genug Wasser, um Mensch wie Tier am Leben zu erhalten. Das war ein Gottes Geschenk in dieser Gegend. Im Winter fror er selten zu, da er genug Strömung hatte und jetzt im Frühjahr, nach den Schneeschmelzen, war es oft nicht so einfach ihn zu überqueren, da er dann viel Wasser führte und die Strömung zu nahm. Er zeigte Chágha tho eine der Stellen, an denen es eine kleine Furt gab und man den Fluss gut überqueren konnte.

Am anderen Ufer stiegen sie ab und machten Rast. Malcolm entnahm seiner Satteltasche etwas zu essen, welches ihm Isabella heute Morgen gegeben hatte, und reichte Chágha tho seine Hälfte. Dieser starrte auf das Brot in seinen Händen und war sich nicht ganz sicher, ob er es essen sollte oder nicht. Doch als Malcolm sich ins Gras setzte und beherzt in seine Hälfte biss und ihm zunickte, tat er das Gleiche und fing an erst an dem Brot zu knabbern und dann mit immer mehr Appetit das Brot zu verschlingen. Malcolm hatte ihn still beobachtet. Jetzt musste er schmunzeln und meinte: „Gut, nicht wahr?“

Mit vollem Mund nickte Chágha tho und aß weiter.

„Ja Isabella ist eine gute Köchin. Der Mann, der sie mal abbekommt, wird es gut haben.“

„Mmh“

Das Essen war fremd für ihn, aber es schmeckte und irgendwie kam es ihm vor, als wenn er in seinem Leben schon einmal Brot gegessen hatte. Doch wann das gewesen sein sollte, konnte er nicht sagen.

Chágha tho erhob sich, nahm seine Wasserflasche und ging zum Fluss hinüber um sie zu füllen. Als er wieder zurückkam, wandte er sich mit einer Frage an Malcolm, die ihn brennend interessierte.

„Hat Isabella einen Mann, der sie beschützt?“

Etwas erstaunt über diese Frage antwortete Malcolm.

„Nein, sie ist nicht verheiratet. Ihr Vater beschützt sie und irgendwann wird sie bestimmt auch einen Rancher heiraten.“

„Warum hat ihr Vater noch keinen Mann für sie ausgesucht? Ist der Preis zu hoch?“

Malcolm, der einen großen Schluck von seinem Wasser genommen hatte, verschluckte sich bei der Frage. Er musste kräftig Husten. Was hatte der Junge bloß für Ansichten. Doch dann fiel es ihm wieder ein, dass er gehört hatte, dass Indianer das Thema Beziehung und Liebe etwas pragmatischer sahen als es die Christen taten. In Gedanken suchte er nach der richtigen Antwort.

„Was will er haben? Pferde oder Felle? Sie muss einen hohen Preis haben, wenn sie immer noch bei ihrem Vater ist.“ Chágha tho machte ein nachdenkliches Gesicht und rieb mit der Hand sein Kinn. Malcolm hingegen, der seinen Hustenreiz überwunden hatte, versuchte nun ihm zu erklären, das man bei ihnen keine Frauen kaufte oder durch Ware tauschte.

„Bei uns darf die Frau selber ihren Mann auswählen. Frauen und Männer heiraten aus Liebe. Sie geben sich zusammen ein Versprechen, das sie ihr Leben lang zusammenbleiben wollen, bis der Tod sie trennt. Gründen dann eine neue Familie und leben in einem eigenen Haus. Vor dem Versprechen kann der Mann beim Vater der Frau um Erlaubnis fragen.“

Chágha tho nahm wieder neben Malcolm im Gras Platz und dachte darüber nach, was er gerade gehört hatte.

„Was ist Liebe?“

„Junge, du stellst Fragen. Ich weiß, nicht ob ich da der Richtige bin, der dir das beantworten kann.“

Malcolm rieb sich mit etwas Unbehagen den Nacken. Er blickte in die erwartungsvollen blauen Augen des jungen Mannes und suchte nach den passenden Worten.

„Nun - Liebe das ist ein Gefühl. Das hat man, wenn man jemanden mag. Richtig gern mag.“

Die Miene des Jungen hellte sich auf. „Dann liebt Chágha tho, Malcolm.“

Freudig strahlte und nickte der Junge ihn an, weil er glaubte, verstanden zu haben und Malcolm wusste, er musste ihm das mit der Liebe gleich noch einmal etwas besser erklären. Was würden die Anderen denken, wenn sie mitbekommen würden, dass Chágha tho von Liebe redete, wenn er eher das Wort „nett“ meinte.

„Das ist so nicht ganz richtig. Liebe ist ein Gefühl zwischen einer Frau und einem Mann. Wenn du das zu einem Mann sagst, wirst du dir Ärger einfangen. Du kannst zu mir sagen, dass ich „nett“ oder „ok“ bin. Ich denke, das ist das, was du gemeint hast. So, nun müssen wir aber weiter. Wir haben noch etliches zu schaffen, bevor wir wieder nachhause können.“

Malcolm raffte sich auf, erleichtert darüber, sich nun wieder der Arbeit widmen zu können und verstaute seine Wasserflasche am Sattel. Chágha tho tat es ihm gleich und wenig später setzten sie beide ihren Weg fort.

Die Ranch musste riesig sein. Sie waren nun schon seit Stunden unterwegs und außer Rindern, die friedlich zwischen Büschen und Zedern sich bewegten, sah man nichts. Die Gebäude und die Stallungen waren schon lange nicht mehr zu sehen und auch keine Zäune mehr. Die schneebedeckten Berggipfel, von den großen Bergen, konnte man in der Ferne sehen. Sie ragten hoch in den blauen Himmel empor, während sie in einem Gelände mit kleinen Senken und Hügeln unterwegs waren. Saftiges Grün vermischt mit Prärieblumen, Sträuchern und kleinen Büschen erstreckte sich um sie herum, soweit das Auge reichte. Vereinzelt sahen sie kleine Herden von schwarzen Angus Rindern, die sich schattige Plätze gesucht hatten.

„Sind wir immer noch auf Ranchgebiet“, wollte Chágha tho wissen.

„Ja, wir haben heute nur einen kleinen Teil davon gesehen. Nach dorthin,“ Malcolm zeigte mit dem Arm in östliche Richtung, sind es zwei Tagesritte, bevor wir die Grenze erreichen. Dann noch einen Tagesritt weiter, bevor die nächste Ranch kommt. Nach Norden erstreckt sich noch einmal ein Gebiet, von der Größe was wir heute gesehen haben und wenn du vom Haupthaus dich südlich hältst, dann brauchst du ebenfalls ein paar Stunden, bevor du den Grenzzaun erreichst.“

„Warum braucht der weiße Mann soviel Land?“

„Er hat viele Rinder und die brauchen Platz, damit sie sich gut entwickeln und gutes Fleisch produzieren. Der Boss versorgt damit die Leute in der Stadt und auch die Soldaten.“

„Warum? Gehen die Leute nicht mehr selber auf die Jagd?“

„Nun ein paar schon, aber nicht alle. Du hast doch die Stadt gesehen. Es sind viele Menschen dort und sie bauen Häuser und Geschäfte, in denen sie ihre Waren verkaufen. Diese Leute haben keine Zeit, sich selber auf die Jagd zu begeben. Auch die Soldaten können es nicht, weil ihre Aufgabe ist, uns zu beschützen. Deshalb hat der Boss hier diese Rinder, die er gegen Geld an die Menschen verkauft und dann mit dem Geld wieder Essen für uns besorgt. So funktioniert das bei uns.“ Achselzuckend ritt er weiter, der Indianer schweigsam hinter ihm her. Chágha tho hatte heute viel gelernt. Auch wenn er nicht alles verstand, was der weiße Mann so tat, hatte er doch das Gefühl, das es eine gute Idee gewesen war, hierher zu kommen.

Die Sonne war schon hinter den Berggipfeln untergegangen und nur noch wenig Licht drang zu den Gebäuden vor ihnen durch, deren Umrisse sie nun in der Ferne sehen konnten. Gleich würde es dunkel sein und mit der Dunkelheit würde auch die Wärme gehen, die sie heute den ganzen Tag schon zu spüren bekommen hatten.

Malcolms Brauner Wallach, der wusste, dass es nachhause ging, verschärfte das Tempo ein wenig und der schwarze Rappe neben ihm, fing freudig an zu wiehern, als er merkte, dass sein Besitzer ihn nicht zurückhielt. Die beiden Pferde legten einen scharfen Galopp hin und Malcolm wunderte sich, dass sein Pferd nach diesem Tag noch die Energie dazu hatte. Scheinbar waren Hafer und frisches Stroh, Motivation genug.

Als sie vor dem Stall mit dem dahinter liegenden großen Paddock ankamen, waren die anderen Cowboys schon lange mit der Versorgung ihrer Pferde fertig. Das Paddock war voll und man sah alle Pferde fressen und trinken. Auch die Männer waren nicht mehr zu sehen, bis auf zwei, die noch Eimer mit Hafer zu den Tieren schleppten.

„Hi Thomas, wie weit seid ihr heute gekommen?“ Malcolm wandte sich an einen der beiden, als er von seinem Pferd abstieg. Der Angesprochene hielt an, reichte seinem Partner seinen Eimer und antwortete:“ ich denke noch zwei Tage, dann haben wir sie alle zusammen. Wir haben heute eine große Anzahl hereinbringen können.“

„Gut, dann kommen wir gut voran. Wir müssen allerdings auch auf die Ostweide. Wir haben heute etliche Tiere dort gesehen.“

„Ok, vielleicht schaffen wir das morgen schon. Wie war es heute bei dir?“ Mit einer Kopfbewegung zeigte er in Chágha thos Richtung, der sich schon daran gemacht hatte, Malcolms Pferd zu versorgen und auf das Paddock zu den anderen zu schicken. Nun nahm er sein Pferd, band es an einen Holzpflock und wollte gerade im Stall verschwinden, als er aufhorchte. Ein metallisches Klirren war vom Haupthaus zu vernehmen. Verdutzt sah er Malcolm an, der ihm nur entgegnete:“ Das ist die Essensglocke. Abendessen ist fertig. Die Mahlzeiten verbringen wir gemeinsam im Haus drüben. Beeil Dich und komm dann rüber.“ Er wandte sich zusammen mit Thomas ab und ging in Richtung Haupthaus. Auch der dritte Mann folgte ihnen. Chágha tho blieb alleine zurück. Im Nachbargebäude öffnete sich die Tür und er beobachtete, wie die restlichen Cowboys lachend und in Gesprächen vertieft sich auf den Weg zum Haus machten.

Bald darauf war es still. Die Männer waren im Haus verschwunden und auch er machte sich auf den Weg in den Stall. Überrascht stellte er fest, dass in seiner Abwesenheit frische Strohballen in eine Ecke gebracht worden und mit weißen Laken drapiert worden waren, sodass es ein einladendes Nachtlager nun war. Dazu hatte jemand ihm eine Waschschüssel, Handtuch und Seife gelegt. Das musste Isabella gewesen sein, ein eindeutig weibliches Zeichen, ging es ihm durch den Kopf.

Er schnappte sich Handtuch und Seife und ging wieder zu seinem Pferd hinaus. Dort schnappte er sich die Zügel, schwang sich auf den Rücken des Tieres und galoppierte davon. Heute Abend würde er nicht mit den Anderen essen, sein Gefühl sagte ihm, dass es noch zu früh dafür sei und so beschloss er zum Fluss zu reiten, um ein ausgiebiges Bad zu nehmen und dort sich sein Abendessen zu besorgen.

Im Haus war es plötzlich still am Tisch geworden. Jeder hatte das davon galoppierende Pferd vernommen. Sofort hatten die Männer alles Stehen und Liegen gelassen und waren zur Tür geeilt. In der Dunkelheit konnten sie nur noch die Umrisse des einzelnen Reiters ausmachen, bevor er von der hereinbrechenden Nacht verschluckt wurde.

„Das war der Indianer, verflucht noch einmal. Jetzt reitet er bestimmt zu seinen Leuten und wir sitzen hier ahnungslos beim Essen.“ Carl warf wütende Blicke auf James, der hinter ihm stand.

Die Veranda war voller Männer, die nun etwas ängstlich ihren Boss anschauten und darauf warteten, dass er etwas unternahm. Auch Isabella war neugierig nach draußen gekommen. Nun wandte sich James an Thomas und meinte:“ reite ihm hinterher. Er ist in Richtung Fluss geritten. Gib Bescheid, was er da macht, aber halte Abstand und lass dich nicht erwischen. Ich will nicht, dass er merkt, dass wir ihm folgen.“

„Ok, Boss.“ Thomas rannte hinüber zum Paddock und es dauerte nicht lange, da preschte er an ihnen vorbei. Ein jeder beobachtete, wie er in derselben Richtung wie der Indianer verschwand.

„So und wir gehen jetzt wieder rein. Isabella hat gut gekocht und das wollen wir nicht verkommen lassen.“ Er ging an Carl und den anderen vorbei zurück ins Haus. Die meisten folgten ihm. Carl und noch zwei weitere Männer blieben vor der Tür stehen und schauten noch weiter in die Richtung, wo ihr Mann verschwunden war.

„Hab ich es euch nicht gesagt. Die Rothaut wird Unheil über uns bringen. Wenn wir da nicht was unternehmen, werden wir früher tot sein, als uns lieb ist.“

„Jetzt warte erst einmal ab, Carl. Der Boss wird schon das Richtige tun.“

Mit einer abfälligen Handbewegung und Bemerkung ging Carl wieder ins Haus hinein und die beiden anderen folgten ihm. Isabella, die in der dunklen Ecke der Veranda gestanden hatte, machte ein besorgtes Gesicht. Carl fing an, die Arbeiter gegen Chágha tho aufmischen zu wollen. Einerseits konnte sie die Männer verstehen. Was hatte der Indianer vor?

Warum war er jetzt im Dunkeln noch weggeritten und wohin? Andererseits konnte sie, oder besser gesagt, wollte sie nicht glauben, dass er etwas Böses im Schilde führte. Wenn er es wollte, hätte er die Gelegenheit schon längst gehabt. Trotzdem konnte sie sich nicht vorstellen, wohin er unterwegs war. Es fröstelte sie. Die Nächte kühlten noch schnell ab und sie hatte sich keine Jacke übergezogen. Nun fing sie an, in ihrer dünnen Bluse zu frieren und ging deshalb wieder hinein.

Er wusste, er war nicht allein, doch von dem Beobachter ging keine Gefahr aus. Sie hatten ihm jemanden hinterher geschickt, weil sie ihm nicht vertrauten. Einerseits ärgerte es ihn, andererseits konnte er die Handlungsweise nachvollziehen. Der junge Mann, der in den Büschen hinter im steckte und ihn beobachtete, hatte versucht sich unbemerkt an ihn heranzuschleichen, doch er musste noch viel lernen. Noch bevor er hier am Fluss angekommen war, hatte er gemerkt, dass er verfolgt wurde. Er wusste auch, wer sich dort hinter den Bäumen versteckte. Malcolm hatte ihn, Thomas genannt und er hatte ihn vor dem Stall kennen gelernt. Er mochte ungefähr in seinem Alter sein.

Wenn er es darauf anlegen wollte, könnte er dem Mann schneller die Kehle durchschneiden, als er es merken würde, dachte er so bei sich und sammelte weiterhin ein paar Äste für ein Feuer zusammen. Sein Pferd graste friedlich, während er sich ein kleines Lagerfeuer direkt am Flussufer entzündete. Es dauerte nicht lange, bis das Feuer gut brannte. Schnell zog er seine Mokassins aus und entledigte sich seines Hemdes und der Hose. Er balancierte auf den nassen Steinen am Ufer entlang, bis er die tiefe Stelle des Flusses erreicht hatte. Dann tauchte er mit seinem ganzen Körper in die eisige Flut hinein.

Durch die Kälte des Wassers fühlte sich sein Körper an, als würde er mit tausend kleiner Nadelstiche übersät werden. Er zog tief die Luft ein und begann mit kräftigen Zügen zu schwimmen. Je weiter er zur Mitte des Flusses schwamm, umso stärker wurde die Strömung. Doch er war ein guter und kraftvoller Schwimmer und so reichten ihm ein paar wenige gezielte Schwimmzüge und er war auf der anderen Seite des Flusses angekommen. Dort verharrte er ein wenig im Wasser. Sein Körper fing an, sich an die Temperatur zu gewöhnen.

Er war erfahren und abgehärtet genug, um zu wissen, wie lange er seinen nackten Körper diesen Temperaturen aussetzen konnte. Honiahake und er hatten früher oft in der Nacht in den Seen und Flüssen gebadet. Auch im Winter hatten sie kurze Bäder genommen, um ihr Kräfte zu stärken. Unter ihnen hatte es immer einen

kleinen Konkurrenzkampf gegeben. Wer von ihnen besser reiten, jagen oder fischen konnte. Oder in diesem Fall besser schwimmen und tauchen konnte. Das Kräfteverhältnis war zwischen ihnen ausgeglichen gewesen. Mal hatte er gewonnen, mal war es Honiahake gewesen. Sie hatten es beide gemocht,

diese kleinen Wettkämpfe untereinander auszutragen. Er vermisste ihn. In den Wochen, die er jetzt schon alleine unterwegs war, wurde ihm immer klarer, wie sehr er sich danach sehnte, wieder bei ihnen zu sein. Wie gerne würde er wieder mit den anderen Kriegern am Lagerfeuer sitzen und auf die Jagd gehen.

Die Kälte, die nun von ihm Besitz ergriff, holte ihn aus seinen Gedanken zurück in die Gegenwart. Er blickte hinüber auf die andere Fluss-Seite, wo das wärmende Feuer brannte und sein Pferd halb im Wasser stand und trank. Kurz tauchte er unter, um seinen Kopf wieder frei zubekommen und schwamm dann wieder zurück. Wenig später saß er mit nacktem Oberkörper am Feuer, um sich aufzuwärmen.

An einem Spieß, den er ins Feuer hielt, grillte ein Fisch, den er sich kurz vorher aus dem Fluss gefangen hatte. Während der Fisch im Feuer briet und er dabei in die Flammen schaute, hatte er seinen Beobachter fast vergessen und war wieder in seine Gedankenwelt versunken. Er dachte an seinen Vater den großen Häuptling, der ihm, alles was er konnte, beigebracht hatte und der jetzt in den ewigen Jagdgründen war.

Sein Vater hatte große Erwartungen in ihn gesetzt und in dazu erzogen, einmal die Geschicke des Stammes als kluger und starker Häuptling zu führen. Doch dazu würde es jetzt nicht mehr kommen. Seit er an seinem Sterbebett ihm dieses Amulett übergeben hatte, welches er nun immer bei sich trug und ihm die Geschichte dazu erzählt hatte, war nichts mehr so, wie es vorher war. Sein Platz war nicht mehr im Kreise seines Stammes und würde es auch nie wieder sein. Manitou hatte ihn auf die Reise geschickt, doch wohin diese gehen sollte, hatte er bis jetzt nicht erkennen können. Tief durchatmend schob er die düsteren Gedanken von sich und wandte sich dem köstlichen Duft des gebratenen Fisches zu.

Wie hungrig er gewesen war, merkte er erst jetzt, als sein Magen anfing zu knurren. Ein Lächeln fuhr ihm über die Lippen, als er den Spieß aus dem Feuer zog und vorsichtig begann, das heiße Fleisch zu essen.

Wenig später löschte er das Feuer, zog sich sein Hemd wieder an und machte sich auf den Weg zurück zur Ranch. Als er an seinem Beobachter vorbei ritt, war er für eine Sekunde gewillt gewesen, ihn zu sich zu rufen, aber er entschied sich dagegen und galoppierte davon.

Auf der Ranch lagen die Gebäude bereits im Dunkeln. Nur im Haupthaus war noch ein Fenster im Erdgeschoss beleuchtet. Man wartete auf die Rückkehr des Spähers, dachte sich Chágha tho, als er daran vorbei kam und zum Stall hinüber ritt. Dort angekommen versorgte er sein Pferd und brachte es zu den Anderen auf das Paddock. Noch einmal blickte er zum Haus hinüber und sah, wie dort gerade sein Verfolger ankam. Noch bevor er die Haustür erreicht hatte, öffnete sich diese und Thomas wurde hineingebeten. Ob Isabella auch noch wach war, oder ob sie bereits in ihrem Zimmer schlief? Er wandte sich ab und ging in den Stall.

Der Wind in meinen Federn

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