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Der Lernzyklus

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Übung macht also den Meister, aber mit Übung allein kommt man nicht ans Ziel. Man kann noch so viele Varianten ein und desselben Themas produzieren – wenn man dies unreflektiert tut, schafft man es nicht auf die nächste Ebene. Nach Ansicht des amerikanischen Lernpsychologen David Kolb muss man vier Phasen durchlaufen, um etwas gründlich zu lernen: (1) Sie erleben etwas Neues, (2) Sie lassen es auf sich wirken, (3) Sie analysieren, sehen Zusammenhänge und ziehen Schlussfolgerungen und (4) Sie wenden Ihre Erkenntnisse künftig an.


So sieht der Lernzyklus aus (frei interpretiert nach dem amerikanischen Lernpsychologen David Kolb). In welchem Typ erkennen Sie sich selbst am meisten wieder? Welche Phase ist Ihrer Meinung nach die schwierigste?


Skurrile Eisformen auf einem gefrorenen Buchenblatt. Ich habe dieses Motiv erst entdeckt, nachdem ich mich wegen etwas anderem hingehockt hatte. Zuerst war ich völlig auf diese flügelartige Form oben in der Mitte konzentriert. Erst nach einer Minute sah ich, dass diese geschwungenen Linien und das Blatt selbst ebenso spannend waren. Plötzlich erkannte ich darin einen abstürzenden Ikarus. All diese Schritte bilden einen kleinen, aber komplett kreativen Prozess, der während des Fotografierens in kurzer Zeit abläuft. Schließlich können wir von Orientierung, Ausführung, Reflexion und Ideenbildung sprechen. Nikon D810, 105 mm, 1/6 s, Blende 18, ISO 400, Stativ

Dies erklärt zum Beispiel, warum sich viele Amateurfotografen nach einer Fotosession endlos viel Zeit nehmen, um aus der üppigen Ernte auf ihrer vollen Speicherkarte ihre besten Bilder auszuwählen.

Zugegeben, es kann auch ein angenehmer Zeitvertreib sein, ganz darin aufzugehen. Aber wenn wir den Lernzyklus danebenstellen, zeigt sich, dass man noch nicht in der Lage ist, von Phase 2 (einwirken lassen) zu Phase 3 (analysieren und Schlüsse ziehen) überzugehen.

Für Profis hingegen ist es ein Klacks, weshalb sie dann problemlos und schnell entscheiden, welche drei Viertel ihrer Neuzugänge direkt in den Papierkorb wandern. Sie wissen auch, welche Bilder sie in diesem Moment für die besten halten, und können das begründen. Auch wenn sie so vernünftig sind, darüber hinaus doch noch etwas Bildmaterial aufzubewahren, das eventuell Potenzial hat, weil es beispielsweise zu neuen Ideen inspirieren kann. Sie sind damit also bereits wieder mit Phase 4 (Anwendung) beschäftigt.

Die Phase, die Ihnen von Natur aus am leichtesten von der Hand geht, bestimmt Ihren bevorzugten Lernstil. Dies ist die Phase, mit der Sie am liebsten starten und in der Sie die meiste Zeit verbringen. Es ist jedoch wichtig, dass Sie auch die anderen Phasen durchlaufen. Ansonsten ist Ihr Lernprozess unvollständig, und der Stoff bleibt nicht hängen. Profis beherrschen alle Lernstile und wenden sie dann an, wenn sie im kreativen Prozess am effektivsten sind. Manchmal beginnen Sie mit einer Reflexion über vorhandene Arbeiten (Phase 3) und notieren die Erkenntnisse für ein neues Projekt. Ein anderes Mal gehen Sie hinaus und lassen sich überraschen (Phase 1).

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