Читать книгу Mit 10 Weinproben zum Kenner - Beat Koelliker - Страница 11
ОглавлениеDie sechs Schritte beim Verkosten
Wer einen Wein in all seinen Facetten kennenlernen möchte, muss mit ein wenig System vorgehen.
Unser oberstes Ziel ist es, das Verständnis für den Wein zu erweitern und unsere Freude an ihm zu vertiefen. Um das zu erreichen, brauchen wir wache Sinne und einen neugierigen Geist. Mehr nicht. Der Rest ist etwas Technik, und dieser wollen wir uns jetzt zuwenden. Immer in Verbindung mit genussvollem Üben, eben Learning by tasting.
Ein entscheidender Tipp vorweg: Die Nase spielt beim Verkosten eine besonders wichtige Rolle. Tabak, Parfum und andere intensive Gerüche stören die zarten Düfte eines Weins enorm. Der Raum für eine Verkostung sollte also nach nichts riechen als nach Wein.
Einschenken
Profis verwenden ein eigens für Degustationen geschaffenes und international genormtes Glas. Für unsere Zwecke eignen sich Weißweingläser (auch für Rotweine) am besten. Schenken Sie das Glas nur zu etwa einem Drittel voll. So können Sie es neigen und den Wein darin schwenken.
Betrachten
Halten Sie das Glas leicht geneigt vor einen weißen Hintergrund (etwa ein Blatt Papier oder eine Stoffserviette). So können Sie im Zentrum die Farbtiefe, am Rand die Farbnuancen und die Klarheit des Weins am besten beurteilen. Wenn Sie das Glas schwenken, sehen Sie die Flüssigkeit (Viskosität) des Weins und eventuell die sogenannten Tränen.
Riechen
Schwenken Sie jetzt den Wein im Glas. Auf Nummer Sicher gehen Sie dabei, wenn Sie das Glas auf dem Tisch stehen lassen und es kreisförmig bewegen. Damit benetzen Sie die Wände des Glases mit Wein, und die Aromastoffe können von einer wesentlich größeren Oberfläche aufsteigen. Sie bilden nun im Glas einen unsichtbaren Nebel, den Sie mit der Nase aufnehmen können. Es folgt ein kostbarer Moment, in dem Sie schon fast alles über den Wein erfahren. Schenken Sie ihm Ihre ganze Aufmerksamkeit. Da die Nase schnell ermüdet, ist es besser, wie ein Hund zu schnuppern als die Luft in langen Zügen einzuziehen. Nur etwa 5 % des Luftstroms ziehen beim normalen Atmen an unserem Riechzentrum in der Nase vorbei. Mit Schnüffeln lässt er sich bis auf 20 % steigern.
Betrachten
Riechen
Schmecken
Schmecken (Kauen und Schlürfen)
Nehmen Sie einen ordentlichen Schluck in den Mund. Der Wein trifft auf Ihre Zunge, diese erschrickt ein wenig oder erschauert unter dem Eindruck von Fruchtsüße und Säure. Nun breitet sich der Wein in Ihrem Mund aus. Durch »Kauen« und leichtes Schlürfen (ein bisschen dürfen Sie die Erziehung dabei schon vergessen) verteilen Sie ihn in der gesamten Mundhöhle und belüften ihn. Während Sie den Wein auf diese Weise im Mund drehen und wenden, können Sie weiter durch die Nase ein- und ausatmen. Da Mund- und Nasenhöhle über den Rachen direkt verbunden sind, erreichen die erwärmten Aromastoffe von innen her nochmals Ihre Nasenschleimhaut.
Zu Duft und Geschmack kommt jetzt der Tastsinn hinzu. Sie fühlen die Konsistenz des Weins, seinen Körper – ob er sich beispielsweise mager oder fleischig anfühlt – und eventuell auch die Kohlensäure.
Schlucken oder Spucken
Profis spucken die Weine wieder aus und behalten dadurch auch bei umfangreichen Weinproben einen klaren Kopf. Im privaten Rahmen entscheiden Sie selbst, wie Sie vorgehen möchten.
Beurteilen
Wenn man den Wein geschluckt oder ausgespuckt hat, klingt er am Gaumen noch eine Weile nach. Unsere Sinne beruhigen sich, und der Eindruck erlischt allmählich. Dieses Nachklingen nennt man den Abgang und seine Dauer die Länge des Weins. Ein langer Abgang ist ein sicherer Hinweis für einen guten, vielleicht sogar großen Wein.
Jetzt fügen sich alle Sinneseindrücke zusammen und es entscheidet sich, ob sie zu Harmonie und Komplexität verschmelzen und eine ausdrucksvolle Weinpersönlichkeit erkennen lassen oder nicht.
HORIZONTALE UND VERTIKALE DEGUSTATIONEN
Professionelle Verkoster unterscheiden grundsätzlich zwei verschiedene Degustationstypen:
DIE HORIZONTALE DEGUSTATION
Man degustiert verschiedene Weine aus demselben Jahrgang. Das erlaubt es dem Verkoster, die Bedeutung des Bodens, der Rebsorte und der Kellertechnik besser zu verstehen.
DIE VERTIKALE DEGUSTATION
Man degustiert die gleichen Weine (des gleichen Produzenten oder der gleichen Region) aus verschiedenen Jahrgängen. Dabei wird der Einfluss des Wetters deutlich und die Entwicklung eines Weins während seiner Reifung.