Читать книгу Mit 10 Weinproben zum Kenner - Beat Koelliker - Страница 16

Оглавление

Der Wein am Gaumen

Wir nennen einen Liebhaber und Kenner edlen Essens und kostbarer Weine gern einen Feinschmecker. Dabei kann man gerade mal vier »Geschmäcker« unterscheiden, nämlich süß, salzig, sauer und bitter. Im Gegensatz zur Nase, die Tausende von Düften erkennen kann, ist der Geschmackssinn also eher plump. Im Grunde müsste der Feinschmecker also eigentlich Feinriecher heißen. Doch der Gaumen hat ganz andere Talente: Er spürt, wie ein Wein sich anfühlt: leicht oder voll, eckig oder rund, messerscharf oder weich. Und er fühlt seine Temperatur und das Gewicht seines Körpers.

Die Geschmacksempfindungen

Unsere Zunge

Die Zunge ist das Hauptorgan des Geschmacks, auf ihr konzentrieren sich die Geschmackspapillen, mit denen wir schmecken. Die übrigen Schleimhäute im Mund können da nur bedingt mithalten. Vorn an der Zungenspitze reagieren wir vor allem auf Süße, seitlich auf Säure, gegen die Mitte hin auf Salz und am Zungengrund auf Bitterkeit. Und genau in dieser Reihenfolge nehmen wir auch die Geschmackseindrücke wahr. Zuerst als Auftakt die Süße, dann die Säure und zum Schluss hin und oft erst im Abgang das Bittere.

Süße

Ganz durchgegorene Weine nennt man »knochentrocken«. Meist enthält der Wein aber eine kleine Menge Restzucker. Wir empfinden ihn dann zwar immer noch als trocken, aber auch als rund und harmonisch. Die Empfindung »süß« beschränkt sich jedoch nicht nur auf Zucker, auch andere Stoffe, vor allem Alkohol und Glycerin, schmecken süß.

Säure

Wenn Sie an einen knackigen Apfel denken, fühlen Sie am hinteren Zungenrand und an den Wangenschleimhäuten ein Ziehen, gleichzeitig wird Ihr Mund wässrig. So macht sich die Säure bemerkbar. Sie gibt dem Wein Frische und Saftigkeit. Fehlt sie, wirkt der Wein flach und langweilig.

Bitterkeit

Eine leichte Bitterkeit ist im Abgang vieler Rotweine zu entdecken. Sie stammt von den Tanninen und kann durchaus angenehm sein. Tritt sie jedoch zu stark hervor, ist der Wein fehlerhaft (die Trauben waren unreif).

Salz

Diese Geschmacksempfindung spielt beim Wein nur in Ausnahmefällen eine Rolle (Sherry, Petite Arvine).

Die Tastempfindungen

Tannin (Gerbstoff)

Tannin zieht die Mundschleimhäute zusammen und macht den Mund pelzig und trocken. Dieser Gerbstoff ist das wichtigste Konservierungsmittel für alterungsfähige Weine. In jungen Rotweinen kann Tannin sehr präsent sein, mit der Zeit zerfällt es aber, und der reife Wein tritt wie hinter einem Tanninvorhang hervor.

Die Qualität des Tannins wird oft mit Stoffen verglichen. Es kann seidig sein, samtig, feinkörnig, grobkörnig oder einfach rau und grob. »Grüne« Tannine stammen aus unreifem Traubengut oder aus den Stielen. Sie bleiben immer grün und bitter.

Viskosität/Kohlensäure

Wein kann sich leicht anfühlen wie Wasser; wenn etwas Kohlensäure darin gelöst ist, sogar noch leichter. Man erkennt das am sogenannten Stern, der sich auf der Weinoberfläche bildet. Er kann aber auch ölig und schwer sein. Dann bewegt er sich schon im Glas weich und langsam.

Körper und Struktur

Wenn wir uns einem Wein annähern, nehmen wir zuerst mit der Nase seine Aromen wahr. Sie wecken und steuern unsere Vorfreude. Erinnern sie uns an reife Früchte, so erwarten wir einen eher weichen und runden, vielleicht sogar leicht süßen Wein.

Die Zungenspitze bestätigt sie (oder auch nicht) durch die Geschmacksempfindung der Süße. Tritt sie hervor, empfinden wir den Wein als weich und pastos, tritt sie zurück, als frisch und leicht. Zusammen mit der Geschmeidigkeit des Alkohols und des Glycerins entsteht nun ein Bild von der Weichheit des Weins. Wir nehmen seinen Körper wahr.

Unmittelbar nach der Süße folgen die Empfindungen von Säure, Bitterkeit und Adstringenz. Sie bilden das Gegengewicht zur Weichheit der Süße und geben dem Körper Halt und Struktur. Er erhält gewissermaßen sein Rückgrat und sein inneres Skelett.

Je nach Typus und Charakter des Weins kann sich das Gleichgewicht zwischen weichem Körper und fester Struktur verschieben: Soll ein Riesling schlank und federnd sein, wird die Struktur, und das heißt in diesem Fall, die Säure, dominieren. Vielleicht belässt ihm der Kellermeister einen Hauch an Süße, damit er nicht hart und scharf wirkt. Auf der anderen Seite tendiert ein Chardonnay aus Kalifornien vielleicht in Richtung weich, rund und üppig. Dann dominieren diese Anteile in seinem Körper. Trotzdem muss ihm der Winzer genügend Säure mitgeben, sonst verliert der Wein seinen Halt und zerfließt formlos am Gaumen.

Die Rolle, die bei den Weißweinen die Säure spielt, kann bei den Rotweinen das Tannin übernehmen: Ein leichter fruchtbetonter Beaujolais erhält seine Struktur wie ein Weißwein vor allem durch die Säure, ein Bordeaux dagegen vom Tannin, während ein Chianti von beiden Strukturelementen profitiert.

BEIM SCHMECKEN RIECHEN

Unsere Mundhöhle ist kein abgeschlossener Raum, sondern über den Rachen mit der Nase verbunden. Das ist der retronasale Weg. Wir riechen deshalb eigentlich zweimal: einmal direkt mit der Nase und einmal indirekt beim Schmecken über den retronasalen Weg. Dieser ist von größter Wichtigkeit: Der Wein erwärmt sich nämlich im Mund, wird beim Schlürfen mit Luft angereichert und gibt so erneut eine Fülle von Aromastoffen frei, die beim Schlucken automatisch wieder in den Nasenraum aufsteigen. Wir riechen beim Schmecken ein zweites Mal.

Mit 10  Weinproben zum Kenner

Подняться наверх