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VII.Kommunikation im Krisenfall
ОглавлениеEine Krise – sprich: Katastrophe oder Großschadensereignis auf dem Gemeindegebiet – erfordert besondere Maßnahmen. Innerhalb weniger Stunden, oft nachts oder an Wochenenden, müssen die Medien-Aktivitäten erheblich ausgeweitet werden. Entsprechend ist ein Kommunikationszentrum aufzubauen, das räumlich und organisatorisch eng mit dem Lagezentrum zur Bewältigung der Krise verzahnt ist.
Ein schwerer Verkehrsunfall im Innenstadtbereich, eine Explosion auf einem Werksgelände, Hochwasser, ein spektakuläres Verbrechen oder ein Terroranschlag – all dies zieht die Medien an wie ein Magnet. Rasch findet sich ein Dutzend TV-Teams ein, die sich – sofern die Krise mehrere Tage andauert – auch gleich häuslich einrichten wollen.
Für diese Eventualitäten ist es sinnvoll, eine Art Notfallplan zu entwerfen in dem Sinne „Wer benachrichtigt wen – wo trifft man sich zur Erstinformation – wer kann bei der Betreuung der Medien zusätzlich helfen“. Auch empfiehlt es sich, gemeinsam mit dem örtlichen Katastrophenschutz vorab entsprechende Räume (Turnhallen, Versammlungshäuser etc.) auszuwählen, wo im Ernstfall ein Medienbriefing stattfinden kann und wo die Vertreterinnen und Vertreter der Medien arbeiten können (Tische, Stromanschluss, Telefon, Internetzugang, Toiletten). Für den Fall, dass – wie in der Coronakrise – der persönliche Kontakt mit Beschäftigten der Medien vermieden werden soll, sind die Online-Medien entsprechend aufzurüsten. Zudem ist mit den übrigen Behörden der Region, die im Krisenfall zusammenarbeiten müssen, abzusprechen, wer auskunftsberechtigt ist und wer die Kommunikation mit den Medien steuert. Für räumlich ausgedehnte Katastrophen, etwa Hochwasser, empfiehlt sich vorab zu prüfen, ob soziale Netzwerke zur Informationsgewinnung aus dem Katastrophengebiet eingesetzt werden können. Denn ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind in der Regel nicht in behördliche Kommunikationsstrukturen eingebunden.
Das Argument „Wir sind eine kleine Gemeinde – auf uns wird doch keiner aufmerksam“ zieht in einer globalisierten Medienwelt nicht mehr. Wenn sich irgendwo eine quotenträchtige Geschichte abspielt, ist den TV-Sendern aus dem In- und Ausland kein Weg zu weit. An Orten, die dafür im Grunde genommen nicht geeignet sind, finden sich in kurzer Zeit hunderte Journalistinnen und Journalisten sowie TV-Technikerinnen und -Techniker ein. Dies könnte sogar zu einer Aufgabe für den kommunalen Ordnungsdienst werden. Zusammenballungen von Menschen müssen entzerrt, Privateigentum von Bürgerinnen und Bürgern muss geschützt werden. Auch hier sollte man möglichst vor dem Ernstfall im Interesse einer reibungslosen Berichterstattung mit den Verantwortlichen Kontakt aufnehmen und klären, wie viele Personen für eine solche begleitende – sprich: ordnende – Medienarbeit zur Verfügung stehen.
Ebenso wichtig wie die technischen Voraussetzungen ist die Philosophie der Krisen-PR. Bei jeder Katastrophe stellt sich unweigerlich die Frage nach den Ursachen und dem Verschulden. Auch wenn diese Frage meist nicht sofort beantwortet werden kann, sollte man sie in der internen Recherche und im Gespräch mit den Medien ernst nehmen. Alles, was zu einem bestimmten Zeitpunkt über Auslöser, Ursachen und Randbedingungen eines Unglücks bekannt ist – auch wenn es später widerlegt werden könnte –, sollte mitgeteilt werden, um Spekulationen den Nährboden zu entziehen.
Insgesamt zahlt sich Offenheit in der Informationsweitergabe aus, ebenso wie Verheimlichen, Verharmlosen oder Kleinreden schwer auf die Beteiligten zurückfällt. Die Analyse unzähliger Krisen und Katastrophen hat ergeben, dass nicht tatsächliche oder vermeintliche Fehler eines Unternehmens oder einer Institution bleibenden Imageschaden verursachen, sondern Pannen und Unterlassungen in der Kommunikation.