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3. Das Weiche und das Harte


Jedem sind schon Sinnsprüche begegnet, die darauf hinweisen, dass das Weiche, bewegliche gegenüber dem Harten, starren auf Dauer Oberhand gewinnt. Wasser ist scheinbar Kontur- und Formlos und doch ein Lebensentscheidendes Element, gerade wegen seiner Fähigkeit, sich überall einzupassen, alles zu durchdringen und sich zu wandeln. Soweit hoffnungsvoll, wenn man sich selbst am Starren aufreibt. Der Grashalm ist stark gerade dadurch, dass er sich im Wind biegt. So ermutigen wir uns, wenn wir nicht standhalten können oder wollen. Solche philosophischen Gedanken trösten oder helfen zu verstehen, wie Leben zu Zivilisation steht. Erbaulich und den meisten eben auch schon vertraut! Und doch will ich da noch eigenes Erleben beitragen, eine Verwunderung, die mich schon mehrfach ergriffen hat. Vielleicht hat irgendeine Wissenschaft da auch Antworten und ich kenne sie bloß nicht.

Da treibt aus einer Betonplatte eines wenig genutzten Weinbergweges eine Pflanze oder wie jetzt wieder bei uns eine kleine Nachtkerze aus dem Asphalt. Die Asphaltdecke ist Zentimeter dick. Ich sehe aber keine Lücke, durch die dieser Spross geschlüpft sein kann, sondern er scheint sich selbst den Weg gebahnt zu haben. Rund um die Austrittstelle ist der Asphalt ein wenig aufgewölbt wie man das von kriminaltechnischen Bildern von Durchschüssen kennt.

Wie kann das sein? Ich berühre vorsichtig mit dem Finger das grüne Blatt, den weichen Stängel und frage mich, wie das so Zarte das Harte durchdrungen haben soll.

Ich weiß nicht, ob es da einen sinnvollen Bezug gibt, aber da fällt mir eine andere Erfahrung ein.

Ich bin in einer Bildungsinstitution als Beirat tätig. Hier hemmen viele institutionelle Verkrustungen, Gewohnheiten und liebgewordene Privilegien den dringend notwendigen Durchbruch zu zeitgemäßer, lebendiger Bildung und erneuernden Prozessen. Irgendwie finden viele, dass sich ganz Neues Raum schaffen sollte und in Einzelgesprächen kann man neben dem so genannten Realismus auch Ideale und Träume der Menschen erfahren. Wenn man sich in Gremiensitzungen auf alle „Sachzwänge“ einlässt, drohen diese zarten Pflänzchen schnell zu ersticken.

Bestenfalls suchen sie sich irgendwelche Nischen jenseits der Hauptwege.

Nun bin ich ja auch Unternehmer und nicht gerade Weltfremd unterwegs, aber ich finde mich in solchen Kontexten unversehens in der Ecke für Träumer wieder.

Vielleicht hat das wirklich keinen Bezug zu dieser Nachtkerze. Beide Erfahrungen sind mir halt zusammen in den Sinn gekommen.

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