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II.Mord, § 211 1.Geschütztes Rechtsgut und Systematik

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25§ 211 schützt ebenfalls das Rechtsgut Leben. Die Rechtsprechung stuft dabei § 211 gegenüber § 212 noch als selbständige Abwandlung (delictum sui generis) und damit als eigenständigen Straftatbestand ein37. Zur Begründung führt sie vor allem an, dass beide Tatbestände einen jeweils eigenständigen Unwertgehalt beinhalten38. Diese Ansicht, die inzwischen auch durch ein obiter dictum des 5. Strafsenats des BGH immerhin ins Wanken geraten ist,39 ist jedoch wenig überzeugend, weil dahinter eine „metaphysische Vorstellung“40 von der besonderen Schwere des Mordes steht. Auch streitet hierfür nicht der Wortlaut des Gesetzes, der noch aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt und die Tätertypen „Totschläger“ und „Mörder“ verwendet41. Die überwiegende Ansicht im Schrifttum sieht § 211 mit Recht als Qualifikationstatbestand zu § 212 an, da die Mordmerkmale zum Totschlag hinzutreten und daher die Strafe des Totschlags schärfen. Zwischen beiden Delikten besteht ein quantitatives Stufenverhältnis42. Im Falle der Verwirklichung von Mordmerkmalen ist daher lediglich ein graduell höherer Schweregehalt der Tat gegeben. Der Streit hat vor allem Auswirkungen auf die Frage, ob bei persönlichen Mordmerkmalen § 28 Abs. 1 (wenn § 211 ein selbstständiger Tatbestand ist, begründet das Mordmerkmal die Strafbarkeit) oder § 28 Abs. 2 (wenn § 211 eine Qualifikation ist, schärft das Mordmerkmal die Strafe des § 212) zur Anwendung gelangt. Beide Auffassungen können in einzelnen Konstellationen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen43.

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Auf die Frage der dogmatischen Einordnung des § 211 sollte in Prüfungsarbeiten nur eingegangen werden, soweit dies (im Rahmen des § 28) für die Falllösung relevant ist. Ansonsten kann ohne nähere Begründung von einem Qualifikationstatbestand ausgegangen und die Prüfung entsprechend aufgebaut werden. § 212 und § 211 können dabei unter einem gemeinsamen Prüfungspunkt abgehandelt werden. Im Einzelfall kann es jedoch „ökonomisch“ sinnvoller sein, beide Vorschriften getrennt zu prüfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn bereits eine Strafbarkeit nach § 212 auf Grund des Vorliegens von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen zu verneinen ist. Jedoch ist stets sorgfältig auf die Aufgabenstellung zu achten. Sollen alle aufgeworfenen Fragen – ggf. auch im Hilfsgutachten – diskutiert werden, so dürfen die Mordmerkmale nicht vorschnell ausgeblendet werden. Dies gilt ferner in Fällen der Teilnahme, wenn zwar die Strafbarkeit des Haupttäters mangels Schuld entfällt, auf Grund der (limitierten) akzessorischen Haftung des Teilnehmers jedoch die Haupttat genau geprüft werden muss.

26 Prüfungsschema § 211 kombiniert mit § 212:

1. Tatbestand

a) Objektiver Tatbestand

aa) Grundtatbestand des § 212

bb) Objektive Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2:

heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln

b) Subjektiver Tatbestand

aa) Vorsatz bzgl. der objektiven Merkmale des § 212

bb) Vorsatz bzgl. der objektiven Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2

cc) Vorliegen subjektiver Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3

(1) Gruppe 1: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, sonstige niedrige Beweggründe

(2) Gruppe 3: Ermöglichungs-, Verdeckungsabsicht

2. Rechtswidrigkeit

3. Schuld (nach a. A. sind die Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3 spezielle Schuldmerkmale)

27 Prüfungsschema für getrennte Prüfung von § 212 und § 211:

I.Strafbarkeit gem. § 212

1. Tatbestand

a) Objektiver Tatbestand

b) Subjektiver Tatbestand

2. Rechtswidrigkeit

3. Schuld

II.Strafbarkeit gem. § 211

1. Tatbestand

a) Objektiver Tatbestand: Objektive Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2:

heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln

b) Subjektiver Tatbestand

aa) Vorsatz bzgl. der objektiven Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2

bb) Vorliegen subjektiver Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3

(1) Gruppe 1: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, sonstige niedrige Beweggründe

(2) Gruppe 3: Ermöglichungs-, Verdeckungsabsicht

2. Rechtswidrigkeit

3. Schuld (nach a. A. sind die Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 1/3 spezielle Schuldmerkmale)

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