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Erste Expansion ins Ausland

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Während in den Jahrzehnten zuvor Verpackungen bei Spielzeug keine allzu große Rolle spielten, waren sie als Unterscheidungsmerkmal inzwischen sehr wichtig geworden. Eine gute Verpackung ist Aufbewahrung und Werbematerial zugleich und daher steckten die Dänen ihre Bausteine bald in bunt bedruckte Pappschachteln. Godtfred holte seine eigenen Kinder vor die Kamera, um bei der Bebilderung Geld zu sparen. So wurde der spätere Firmenchef Kjeld bereits als Kind zu einem LEGO-Botschafter, gemeinsam mit seinen Schwestern. Für die Verbesserung der Werbung stellte LEGO in den 1950er Jahren erstmals einen Werbechef ein. In dieser Zeit verkaufte sich LEGO bereits in den Nachbarländern Schweden und Norwegen. 1955 fasste Godtfred die Expansion nach Deutschland ins Auge und stellte auf der Spielzeugmesse in Nürnberg aus. Die Leitmesse der Branche war ein wichtiger Gradmesser, wie gut das Bausteinsystem auf dem Markt ankommen würde. Doch die Rückmeldungen der Händler fielen entmutigend aus. Ungeeignet für den deutschen Markt, hieß es. Trotzdem verhandelte LEGO mit einigen Händlern Probelieferungen für das Weihnachtsgeschäft, um die Kundenresonanz direkt zu testen. Dabei zeigte sich, dass die LEGO-Steine bei deutschen Familien sehr gut ankamen. Die Spielwarenexperten auf der Messe hatten deren Vorlieben falsch eingeschätzt. Für Godtfred war das ein entscheidendes Startsignal und zügig gründete er 1956 eine Niederlassung im norddeutschen Hohenwestedt (1999 erfolgte der Wechsel nach München). Lange war Deutschland der größte Markt, heute gilt er immerhin als der treueste.

Den Grundstein der deutschen Werbung legte ein Werbefilm, in dem der damalige deutsche Geschäftsführer Axel Thomsen höchstselbst mit seiner Familie Klötzchen steckend auf dem Wohnzimmerteppich saß. Gezeigt wurde der Streifen in einem einzigen Hamburger Kino, denn für mehr reichte das Geld nicht. Stattdessen schickten die findigen Geschäftsleute Dutzende von Familien in die Kaufhäuser, die nach dem LEGO-System fragen sollten. Der Trick funktionierte: Die Einkäufer reagierten auf die so hohe Nachfrage und bestellten fleißig. Damit die Waren von Billund nach Deutschland kamen, schaffte die Firma erstmals einen Laster an, der die Päckchen zu Thomsen lieferte. In demselben Jahrzehnt erweiterte die Firma ihr Exportgebiet zusätzlich um die Schweiz, Holland, Belgien, Frankreich und Italien. Ende der 1950er Jahre besaß LEGO 40 Maschinen für die Produktion ihrer Plastikprodukte, hatte ein Dutzend weiterer Maschinen bestellt und seine Produktionsgebäude bereits zweimal erweitert. 1958, das Jahr, in dem das Patent angemeldet worden war, starb Firmengründer Ole Kirk Christiansen und Godtfred übernahm die Firmenleitung.

Wer sich heute übrigens fragt, warum ein Weltkonzern wie LEGO noch immer seinen Hauptsitz in diesem kleinen Dorf hat – von dem die Einwohner angeblich sagen, es sei drei Stunden von allem entfernt – und offenbar nie in Betracht zog, näher an die Metropole Kopenhagen oder an einen anderen vermeintlich attraktiveren Ort zu ziehen, findet die Antwort in der über Jahrzehnte vergleichsweise beschaulichen Firmengeschichte. Ole Kirk Christiansen war ein klassischer Firmenpatron, der sich gegenüber seinen Mitarbeitern in großer Verantwortung sah. 1952, als die Firma rund 140 Mitarbeiter hatte, ließ er beispielsweise eine Kantine errichten, um die Leute zu versorgen. Parallel kümmerte er sich mit ebenso großem Engagement um das Dorf Billund. Er unterstützte unter anderem Initiativen für das Anlegen von Bürgersteigen oder einer Kanalisation und er stellte seinen Mitarbeitern günstiges Bauland zur Verfügung, das er zuvor hatte erschließen lassen. Das spricht nicht nur für eine gewisse Verbundenheit mit der Gegend, die auch die nachfolgenden Generationen nicht verloren haben. Inzwischen sitzt die vierte Generation der Familie am Ruder und solange die Kirk Christiansens über die Geschicke des Konzerns entscheiden, dürfte sich wenig daran ändern. Nicht zu vergessen, dass Billund längst von LEGO geprägt und durchdrungen wird. Vor den Toren liegt seit 1968 das Gelände des Legolands und für Dänemark-Urlauber gehört eine Tour raus aus Kopenhagen, gen Westen zu den bunten Steinen, zum festen Programm. Vor wenigen Jahren wich sogar das Billunder Rathaus dem Erlebniszentrum »LEGO House« und seit 2013 hat Billund auch eine internationale Schule mit rund 400 Schülern; zwei Mitglieder der Schulleitung werden von der LEGO-Foundation ernannt. Aus dem 300-Seelen-Dorf von 1930 wurde eine 6000-Einwohner-Stadt, die vor allem nach den 1960er Jahren unter dem Einfluss der LEGO-Expansion stark wuchs. Es gibt nur wenige Marken und Firmen, die in den Köpfen der Menschen so stark mit einem Ort verbunden werden. Sollte der Konzern eines Tages wirklich nicht mehr in den Händen der Familie Kirk Christiansen liegen, kein klar denkender CEO würde eine derart gewachsene Struktur aufgeben.

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