Читать книгу For ever young - Betty Hugo - Страница 16
Kapitel 14
ОглавлениеGustav ging im Prinzip gerne zur Schule. Aber heute Morgen war das irgendwie anders. Er hatte Angst vor Frau Busch-Schmidtbauer oder besser gesagt, nicht direkt vor ihr, sondern vor ihrem Unterricht. Frau Busch-Schmidtbauer war eigentlich ganz nett, fand er. Sie kam meistens gut gelaunt und Energie geladen in die Klasse gerauscht und bemühte sich redlich, ihm und den anderen Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Sie war geduldig und wiederholte alles viele Male, bis auch der Schüler mit den größten Lernschwierigkeiten den Stoff kapiert hatte. Manchmal langweilte er sich deshalb im Unterricht. Er verstand gut, was sie erklärte, ihm hätte oft auch nur einmal gereicht, wenn sie ein neues Thema behandelte. Nur ein Fach verstand er nicht, da konnte sie noch so viel zu sagen und das war Mathe. Seine Mutter hatte ihm dafür am Frühstückstisch die Erklärung geliefert. „Gustav“, sagte sie, “ ich habe Germanistik studiert und dein Papa ist Ethnologe, wir waren auch beide schlecht in Mathe in der Schule. Wir haben in unserer Familie einfach nicht das Gen für Mathematik.“ Er konnte das nachvollziehen, aber es löste sein heutiges Problem nicht. Sie sah auf die Küchenuhr. „Gustav, du musst losgehen, sonst kommst du zu spät zur Schule.“ Langsamer als sonst trank er seinen Kakao aus. Mit schleppenden Bewegungen packte er seinen Schulranzen. Das Mathebuch lag wie ein schwerer Stein in seiner Hand. Die Tupperdose mit dem Vollkornbrot und den Möhren, auf die seine Mutter bestand, verursachte leichtes Magendrücken bei ihm. Nein, heute war nicht sein Glückstag. Auch die Plastikdose wanderte in seinen Ranzen. Er verließ das Haus, blickte sich zu seiner Mama um und hob den Arm zu einem matten Winken. Die Wiesengrund Grundschule lag nur einige hundert Meter von seinem Haus entfernt, so dass er zu Fuß dort hingehen konnte. Je näher er der Schule kam, desto mulmiger wurde ihm in der Magengegend. Das Schulgebäude war in Sichtweite, als bereits die Schulklingel schrillte. Eigentlich hätte er jetzt die Beine in die Hand nehmen sollen und zum Schultor rennen müssen. Aber das Gegenteil war der Fall. Seine Füße verwandelten sich plötzlich in Bleiklumpen. Er hatte das Gefühl, dass er seine Beine nicht mehr richtig bewegen konnte, sie gehorchtem ihm nicht. Innerhalb von Sekunden leerten sich der Schulhof und die davor liegende Straße. Alle Schüler strömten wie eine Welle in das Gebäude. Die Mamas und Papas, die ihre Kinder mit dem Auto gebracht hatten, fuhren eilig davon.
Plötzlich stand er mutterseelenallein auf dem Bürgersteig vor der Schule. Er beschloss dies als Wink des Schicksals aufzufassen und die erste Stunde, in der Frau Busch-Schmidtbauer ihnen die Mathearbeit, für die er garantiert eine ganz schlechte Note bekam, austeilte. Er würde zur 2. Stunde auftauchen und zur Entschuldigung sagen, dass er ganz dolle Bauchschmerzen hatte. Und das war noch nicht mal eine Lüge. Er litt wirklich unter Bauchschmerzen. Mit wirklich dollen Lügen tat er sich nämlich schwer, das mochte er gar nicht, dann bekam er auch Bauchschmerzen. Bloß, was sollte er in dieser Stunde tun? Nach Hause konnte er schlecht zurückgehen. Seine Mama musste erst später zur Arbeit. Sie würde sich wundern, ihn zu sehen. Er schaute sich um, der Schulhof war leer, der Fußweg vor dem Schultor und auch die Parkplätze am Straßenrand waren leer. Nur etwas weiter entfernt, aber so, dass er es noch gut erkennen konnte stand ein superschickes, tolles Auto. Ein echter Luxusschlitten hätte sein großer Bruder gesagt, aber der war gerade in Amerika zum Schüleraustausch.
Er entschloss sich, dass Auto genauer zu betrachten. Er interessierte sich für Autos und damit konnte er gut die Zeit bis zur nächsten Stunde rumkriegen. Er näherte sich dem Fahrzeug und je näher er kam, desto faszinierter war er. Der Lack leuchtete in der Morgensonne, er glitzerte sogar ein ganz klein wenig. Die Reifen sahen toll aus und vorne auf der Motorhaube glänzte eine silberne kleine Figur. Ein Mercedes oder BMW war das nicht, die kannte er nämlich gut. So ein Auto hatte er noch nicht gesehen. Er fasste mit einer Hand auf den Lack und beugte sich vor, um das Armaturenbrett zu betrachten. Erschrocken zuckte er zusammen. Aus dem Augenwinkel hatte er eine Bewegung wahrgenommen, jemand saß in dem Auto. Er wollte sich zurückziehen. Das Auto genau anzugucken, wenn ein Fremder drinsaß und ihn beobachtete, das wollte er nicht. Da hatte er auch ein komisches Gefühl im Bauch. Aber zu spät, dieser Jemand hatte ihn schon erspäht.