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Kapitel 16

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Heute war Sonntag und Ella musste sich bei ihrer Mutter zum Mittagessen blicken lassen, das war eiserne Tradition. Mangels sinnvoller Ausreden oder einer tatsächlichen anderen Veranstaltung hatte sie beschlossen, sich mal wieder im Familienkreise blicken zu lassen.

Allerdings befürchtete sie, dass ihre Mutter es nicht lassen konnte, sie auf ihr Liebesleben anzusprechen oder sich in ominösen Andeutungen zu ergehen, wann sie denn endlich den Gang zum Traualtar erwägen würde.

Ella hatte die U-Bahn genommen, nach Ansicht ihrer Mutter ein unmögliches Verkehrsmittel. Sie ließ sich lieber von ihrem Chauffeur zum KaDeWe oder in die Schloßstraße zum Shoppen fahren und der konnte dann zusehen, wo er einen Parkplatz fand oder endlose Runden drehen.

Die U-Bahn war jedenfalls schnell und praktisch. Als sie mit den wenigen Sonntagsfahrgästen, die die U-Bahn am Bahnhof Dahlem-Dorf verließen, die Treppen ans Tageslicht hinaufstieg, platschten die ersten Regentropfen auf sie nieder. Na schön, sie musste nur ein paar Minuten bis zur Villa ihrer Eltern laufen. Aber bis sie dort ankam, hatte der Sommerregen schon ihr hübsches Sommerkleid durchnässt. Die neuen Riemchensandaletten, die sie gerade erst im Ausverkauf in den Galeries Lafayette erstandenen hatte, zeigten bereits erste Auflösungserscheinungen.

Als Alma ihr die schwere Haustür öffnete, zeigte diese ein mitleidiges Gesicht, spätestens jetzt wurde Ella klar, dass sie grässlich aussah. Das Regenwasser tropfte aus ihren Haaren, die Mascara hinterließ schwarze Rinnsale auf ihren Wangen. Sie trocknete sich im Gästebad im Erdgeschoß mit einem Fön die Haare und das Kleid und erneuerte notdürftig ihr Make up. Sie wollte ihrer Mutter nicht in so aufgelöstem Zustand gegenübertreten und konnte auf ihre spitzen Bemerkungen wie: „Aber Elisabeth, warum hast du nicht den Wetterbericht gehört und dir einen Regenschirm mitgenommen", gerne verzichten.

Das Mittagessen entschädigte sie für ihr unfreiwilliges Regenbad. Das Essen war einfach köstlich, ein knuspriger Braten mit frischem Gartengemüse und hausgemachten Kartoffelkroketten. Alma war eine fantastische Köchin!

Rückblickend musste sie sich heimlich eingestehen, dass sie an Alma fast mehr hing, als an ihrer Mutter. Ohne Alma wären sie als Kinder glatt verhungert. Ihre Mutter hatte keine gesunde Beziehung zu Nahrung im Allgemeinen. Sie war praktisch immer auf Diät, um ihr upper class Untergewicht nicht zu verlieren. Sie fand es unzumutbar einen Supermarkt zu betreten, geschweige denn zu kochen. Schon ein Spiegelei in die Pfanne zu hauen kam einer Überforderung gleich.

Alma hingegen erwies sich als die Erfüllung aller kulinarischen Träume und auch sonst war sie eine patente, lebensfrohe Persönlichkeit.

„Wo hält Papa sich denn gerade auf”, fragte Ella ihre Mutter, nachdem sie sich üppig mit der Nachspeise, selbst zubereitetes Sorbet mit Himbeeren, bedient hatte.

Ihre Mutter verzog das Gesicht, „Er ist auf Geschäftsreise in Kanada, mit einer Wirtschaftsdelegation der IHK. Sie gehen dort auch auf die Jagd".

Na, dass sah ihm mal wieder ähnlich, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden. Die Jagd war seine Hauptleidenschaft und da er schlecht hier im Grunewald herumballern konnte, obwohl die freche Wildschweinpopulation das durchaus vertragen hätte, wenn man den Klagen der Anwohner Glauben schenkte, die sich über zerwühlte Gärten beklagten, mussten die kanadischen Wildgänse dran glauben.

Ella war nicht weiter verwundert, meistens glänzte ihr Vater durch Abwesenheit von seiner Familie. Entweder befand er sich auf Geschäftsreise oder auf der Jagd, der er auch in den Wäldern Brandenburgs fröhnte.

Ella konnte ihn fast verstehen, schließlich war ihre Mutter eine äußerst anstrengende Person, die man nur in kleinen Dosen ertragen konnte.

Ihr jüngerer Bruder Friedrich, genannt Friedo, häufte sich soviel Nachspeise auf den gold verzierten Porzellanteller, dass ihre Mutter ihn ermahnte, sich anständig zu benehmen.

Ella wusste, dass Friedo ihrer Mutter „ein Dorn im Auge" war, das erfüllte sie mit heimlicher Schadenfreude.

Er war deutlich jünger als sie und ihr Bruder Konrad, fast noch ein Teenager. Ihre Mutter ärgerte sich ihr gegenüber immer lauthals über sein Aussehen: „Er sieht aus wie diese schreckliche britische Sängerin, die an Drogen gestorben ist. Die Zeitungen waren voll davon.”

„Du meinst Amy Winehouse Mutter", warf Ella ein.

„Ja, genau die, Friedrich könnte glatt ihr Bruder sein, mit dieser zerrissenen Jeans und den gefärbten Haaren. Er sieht aus wie ein Heroin Junkie”. Ella wunderte sich extrem, dass ihre Mutter dieses Wort überhaupt kannte.

„Ich bin sehr froh, dass er in Londons studiert, da ist er nicht so oft hier.”

„Na, Mutter, wenn das dein einziges Problem ist“, konnte sich Ella nicht verkneifen zu sagen.

Ihr Bruder Konrad hingegen war der absolute Augenstern ihrer Mutter. Konservativ bis auf die Knochen und ebenso gekleidet.

„Mein lieber Konrad, was macht dein BWL Studium?” fragte sie dann auch prompt, als sie alle das Dessert verschlungen hatten und beim Espresso saßen.

„Läuft alles fantastisch Mutter", antwortete er, „ich habe alle Klausuren mit „sehr gut” bestanden". Ihre Mutter strahlte ihn an, als sei er Einstein persönlich. Das sah ihm ähnlich, diesem Streber, dachte Ella missgünstig. Sie wunderte sich, dass er nicht in Oxford studierte, da hätte er doch hingepasst mit seinem spießigen Pullunder, seinen Chinos, den Seglerschuhen und gegelten Haaren. Aber vermutlich hatte er beschlossen, hier vor Ort an seinen Seilschaften zu arbeiten, networking nannte man das heutzutage, die ihn eines Tages in die richtige Position katapultieren würden. Das schlagende Studentencorps Borussia Berlin und dessen Corpshaus in Grunewald waren praktisch sein zweites Zuhause. Ella war mal auf einem Damenabend gewesen. Das Verbindungshaus glich einem Museum aus dem 19. Jahrhundert, eine Mischung aus Jagdhütte und Herrenhaus. Die vielen ausgestopften Jagdtrophäen an den Wänden, die den Staub der vergangenen hundert Jahre auf ihrem räudigen Fell angesammelt hatten. Die toten Hirschköpfe mit ihren riesigen Geweihen starrten auf die Besucher aus unergründlichen Glasaugen herab. Ella waren sie richtiggehend unheimlich gewesen. Auch die Zeremonien dort feierten die Studentenherrlichkeit längst vergangener Zeiten.

Konrad sonnte sich im spärlichen Lächeln ihrer Mutter, Friedo hockte mit geistesabwesendem Gesicht am Tisch, in Gedanken vermutlich schon wieder in London.

Ella hoffte inständig, dass sie den bohrenden Nachforschungen ihrer Mutter entgehen würde, hatte sich aber eindeutig zu früh gefreut.

Der Adlerblick ihrer Mutter blieb auf ihr haften:

„Ella, bist du eigentlich immer noch mit diesem Maler liiert?” Statt des Ausdrucks „Maler", hätte sie auch „Anstreicher" meinen können, so wie sie es betonte.

Ella antwortete kurz und knapp:

”Er hat eine Begabtenstipendium erhalten und hält sich für längere Zeit in Florenz auf!” Sie legte Nachdruck in ihre Stimme, sie wollte auf keinen Fall ihre Beziehung zu Merlin diskutieren, das ging ihre Mutter nichts an. Zum Glück gab sie sich mit dieser Antwort zufrieden und sie gingen zu anderen Gesprächsthemen über.

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