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GELEITWORT
ОглавлениеWährend der vielen Jahre, in denen ich Menschen beigebracht habe, mit Selbstkritik zu arbeiten, ist mir viel Leid begegnet, das direkt aus der negativen Art und Weise resultiert, wie die Menschen sich selbst behandeln. Ich habe auch ihre Überraschung und Betroffenheit gesehen, als sie den Ernst der Situation erkannten. Doch wohl das Wichtigste, was ich sehe, ist ihr Hunger danach, ein Gefühl der persönlichen Integrität auf der Grundlage von Mitgefühl und Verständnis zu empfinden, anstatt aufgrund ihrer Selbstbeschuldigungen zu glauben, mangelhaft zu sein.
Nichts ist schmerzlicher oder herzerweichender als zu erleben, wie ein Freund in der Absicht, das Beste zu tun, sich selbst schlecht behandelt. Es schmerzt, seine Selbstbestrafung zu sehen, ihre Unangemessenheit zu erkennen und sich zugleich die eigene Hilflosigkeit einzugestehen, ihn davon abzuhalten. Man ist hilflos, weil der Freund seine Handlungen für die logische und nötige Folge dessen hält, was er ist. Selbst wenn er den Schmerz und den Kampf erkennt, die von seinen Selbstbeschuldigungen herrühren, kann er deshalb nicht unbedingt eher damit aufhören. Man erkennt vielleicht, dass er sich eine Verantwortung aufbürdet, die ihm gar nicht gebührt, und man möchte ihm helfen, das zu erkennen. Man möchte mit diesem Freund darüber reden oder ihm die richtigen Bücher zu lesen geben. Doch all diese Dinge hinterlassen keine bleibenden Spuren, wenn sie in ihm nicht den Hunger erwecken, sich selbst jenseits seiner Hoffnungen und Ängste kennen zu lernen.
Genauso schwer ist es, die eigenen Muster der Selbstverurteilung in Angriff zu nehmen. Die schlichte Einsicht, wie hart und intolerant man mit sich selbst umgehen kann, ist schon extrem unbequem. Doch diesen Teil seiner selbst bloßzustellen und zu erforschen bedeutet auch, die Grundannahmen über die eigene Kindheitsentwicklung und -erziehung sowie über die Gesellschaft, in der man lebt, infrage zu stellen. Das kann bedeuten, persönliche Prioritäten zu setzen, die zu denen der Familie, Freunde und Kollegen im Gegensatz stehen – und das ist alleine kaum zu schaffen.
Aus diesem Grund kann man von fortlaufenden Seminaren oder Workshops zum inneren Kritiker, in denen man mit Gleichgesinnten arbeitet, in großem Maße profitieren. Man erkennt, dass man nicht der Einzige ist, der diese Muster der Selbstbeschuldigung mit sich herumschleppt und erhält äußere Unterstützung, um diese Muster in Angriff zu nehmen. Die Arbeit mit anderen kann der Isolation entgegenwirken, die man befürchtet, wenn man die allgemeinen Maßstäbe der Umgebung sowie die eigenen Erwartungen infrage zu stellen beginnt.
Für alle, die nicht die Möglichkeit haben, an einer Gruppe teilzunehmen, die diesen Fokus unterstützt, kann die Arbeit mit dem inneren Kritiker ein einsamer und oft entmutigender Prozess sein. Ein Buch kann Hintergrundwissen vermitteln, Vorgehensweisen vorschlagen und einige Leitfäden anbieten, doch es kann den persönlichen Kontakt mit anderen Menschen oder das Feedback eines Therapeuten oder Lehrers nicht ersetzen. Dieses Buch bietet eine Perspektive, die Sie von dem allgegenwärtigen Ansinnen, sich selbst zu verbessern, befreit – einem Ansinnen, welches das Leiden der Selbstbeschuldigung eher verstärkt als auflöst. Ich hoffe, es wird Ihnen als Unterstützung für Ihr eigenes Wachstum dienen, indem es klar macht, wie wichtig es für den Pfad der Selbsterkenntnis ist, der Selbstverurteilung den Kampf anzusagen.
Byron Brown
Albany, Kalifornien
November 1997