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FRAUENBERGSTEIGEN: DER STARTSCHUSS FÄLLT 1838

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Vielleicht weil Marie Paradis nicht ganz aus eigenem Willen und eigener Kraft den höchsten Alpengipfel erreicht hat, gilt die zweite Besteigung des Montblanc durch eine Frau bis heute als eines der wichtigsten Daten im Frauenalpinismus: jene durch Henriette d‘Angeville (1794–1871), eine französischschweizerischen Alpinistin, die sich selbst als Bergsteigerin bezeichnete und klare Gipfelambitionen hegte. Mit dem Ziel vor Augen, den höchs ten Punkt des Montblanc um jeden Preis zu erreichen, stellte sie eine Equipe zusammen und erfüllte sich am 3. September 1838 ihren Traum. Anders als spätere Alpinistinnen, die sich mit ihren langen Röcken abmühten, war sie von gesellschaftlichen Konventionen offenbar noch weniger geprägt gewesen und hatte sich eigens für den Montblanc ein Gewand schneidern lassen: eine Art lange Pluderhose, kombiniert mit einem langen Mantel.


Beliebter Bergtourismus: noble Gäste auf der Mer de Glace in den späten 1870er-Jahren.

(aus: Ronald W. Clark: The Victorian Mountaineers. B. T. Batsford, London 1953)

Im selben Jahr, 1838, gelang der Engländerin Anne Lister (1791–1840) die erste touristische Besteigung – Führer und Vermesser waren vorher schon oben gestanden – des 3298 Meter hohen Felsgipfels des Vignemale in den französisch-spanischen Pyrenäen. Dass es ihr dabei wichtig war, für ihre Leis tung anerkannt zu werden, zeigt das juristische Nachspiel der Tour: Nachdem ihr der französische Militär und Politiker Napoléon Joseph Ney den Erfolg streitig gemacht hatte, ließ sie juristisch beglaubigen, dass sie vier Tage vor Ney den Gipfel erreicht hatte.

Und gleich noch eine weitere wichtige Frauenbergtour fand 1838 statt: jene von Marie Karner, die in Südtirol beinah auf den 3905 Meter hohen Ortler stieg. Anders als Henriette d‘Angeville und Anne Lister war Marie Karner eine einfache Magd aus Prad am Stilfser Joch. Wie die Publizistin Ingrid Runggaldier recherchierte, hatte die damals Sechzehnjährige den Gipfel zwar knapp verfehlt; in vielen Quellen gilt sie dennoch bis heute als «erste Frau auf dem Ortler».

Eine Entwicklung, die unter anderem zum Aufschwung des Bergsteigens in den Alpen führte, war der aufkommende Alpentourismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Besonders wohlhabende Briten aus der sogenannten leisure class – jener Schicht, die sich Freizeit leisten konnte – entdeckten die Westalpen als Reiseziel. In der Folge entwickelten sich einfache Bergdörfer wie Chamonix, Grindelwald oder Zermatt zu wichtigen Tourismusorten, in denen mit der Zeit Gasthäuser und Hotels entstanden.

Ein Buch, das einen schönen Einblick in diese Epoche der Alpenreisen gibt, ist das 1859 publizierte Buch «A Lady‘s Tour Round Monte Rosa» der Engländerin Eliza Robinson Cole. Unter dem Namen Mrs. H. W. Cole – britische Frauen traten öffentlich oft unter dem Namen ihrer Ehemänner auf – fand sie in ihrer Heimat eine breite Leserschaft und inspirierte manche Leser und Leserinnen zu einer Reise in die Berge. Wenn auch nicht eine Alpinistin im engeren Sinne, beschrieb sie in amüsanter und kurzweiliger Weise, wie sie etwa auf das Walliser Eggishorn stieg und alpine Pässe wie die Gemmi, den Griespass oder den Monte-Moro-Pass traversierte.

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