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FRISCH, frech UND frei Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond fotografierte, schrieb und stieg auf Berge – und befreite sich von der Fessel viktorianischer Konvention
ОглавлениеFür das Bergsteigen gab Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond gern ihren vornehmen Teint auf: Hier mit Führer Christian Schnitzler aus Pontresina bei der Winter-Erstbesteigung des Piz Morteratsch am 13. Januar 1898.
(aus: Felicitas von Reznicek: Von der Krinoline zum sechsten Grad. Verlag das Bergland-Buch, Salzburg/Stuttgart 1967)
An einem Sommerabend sitzt Elizabeth Burnaby mit ihrem Lieblingsführer Josef Imboden im Felsbiwak auf der Westseite des Dom. Tags darauf, es ist ein Julitag im Jahr 1884, wollen sie auf den 4545 Meter hohen Walliser Gipfel steigen. Von ihrem Lager aus betrachten sie die umliegenden Viertausender im Abendlicht, als Josef Imboden die junge Engländerin auf einen besonderen Berg aufmerksam macht. «Sehen Sie, Madame, den schönen Gipfel rechts des Weißhorns?», sagt er und deutet auf eine weiße Kuppe auf der anderen Talseite. Dies sei das mehr als 4100 Meter hohe Bishorn. «Dieser Gipfel ist gut hundert Meter höher als der Piz Bernina, und dennoch war noch nie jemand oben.» Elizabeth stutzt. Ein unbestiegener Viertausender? Das ist ganz nach ihrem Geschmack.
Dass dieses Bishorn im Schatten der wuchtigsten Pyramide der Walliser Alpen, des 4506 Meter hohen Weißhorns, steht, ist ihr egal. Sie will auf Gipfel steigen und am besten als Erste. Dies, obwohl sie erst drei Jahre zuvor die Berge entdeckt hat. Damals ist sie zur Kur nach Chamonix gefahren und hat als Touristin eine Wanderung zum Gletscherrand unternommen. Dort angekommen, baten sie und eine Freundin ihre Führer, sie weiterzuführen. Durch Gletscher, ins Hochgebirge, bis zur Grands-Mulets-Hütte. Die Führer sind einverstanden, und so binden sich die zwei Frauen erstmals an ein Seil, kraxeln über Felsblöcke, steigen an Eisabbrüchen vorbei und erreichen schließlich die Hütte am Montblanc, dem höchsten Berg der Alpen. Elizabeths Stiefelchen sind feuchte Klumpen und ihre Strümpfe nass wie Schwämme. Doch die Führer leihen den Kundinnen trockene Filzpantoffeln aus, und bald klettern die Freundinnen weiter auf einen Felszahn, von wo aus sie den Sonnenuntergang betrachten.
Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond während einer ihrer Bergfahrten in Norwegen.
(aus: Josef Imboden, Mountaineering in the Land of the Midnight Sun, T. F. Unwin, London 1908)
Allzu gern würde Elizabeth tags darauf zum Gipfel des Montblanc steigen, doch die Führer meinen, dazu brauche man richtiges Schuhwerk. Als sie am nächsten Morgen ihre Stiefelchen sieht, versteht sie den Einwand: Sie sind völlig zerschrumpelt und würden den Gipfelaufstieg kaum intakt überstehen. Zudem vermisst Elizabeth eine Bedienstete: Es ist das erste Mal in ihrem Leben, dass sie ihre Schuhe selbst anzieht, und sie ist nicht ganz sicher, welcher Schuh an welchen Fuß gehört.
Doch alle Mühe schreckt die noble Britin nicht ab. Im Gegenteil: Ein Jahr später besucht sie erneut Chamonix, steigt zweimal auf den Montblanc, einmal auf die Grandes Jorasses und unternimmt wenige Monate später die erste Winterbesteigung der 3842 Meter hohen Aiguille du Midi. Ihre Familie in England ist darüber entsetzt. «Haltet sie vom Bergsteigen ab. Sie stößt ganz London vor den Kopf und sieht schon aus wie eine Indianerin!», lässt eine Großtante verlauten. Elizabeth kümmert sich nicht darum. Sie, die sonst in hochgeschlossenem Kleid mit Spitzenkräglein in englischen Salons diniert, schreibt stattdessen ein Buch über ihre Abenteuer: «The High Alps in Winter; or, Mountaineering in Search of Health».
Ein Faible fürs Abenteuer muss die zierliche Frau aus bürgerlichem Adel indes schon immer gehabt haben. So mochte sie es als Kind, wenn die Mutter Texte von Edward Whymper über die Erstbesteigung des Matterhorns vorlas. Und mit siebzehn Jahren verliebt sie sich in den zwanzig Jahre älteren Fred Burnaby, einen Colonel, der gern durch ferne Länder reist und als Reisejournalist tätig ist. Wenig später heiratet sie ihn, zieht mit ihm nach Algier und wird wenig später Mutter. Der gemeinsame Sohn kommt jedoch bald in die Obhut von Elizabeths Mutter in Großbritannien, was die junge Mrs. Burnaby nicht zu stören scheint. Sie findet ihre Erfüllung beim Bergsteigen, was wiederum ihren Mann nicht kümmert, der fern seiner Gattin in Afrika für die Queen in den Krieg zieht. Lizzie, so nennt Elizabeth sich selbst, bleibt in den Alpen und genießt die Freiheit, die sie im Bergsport findet. Einzig schade findet sie, dass die großen Berge allesamt bereits bestiegen und nicht mehr für Pioniertaten zu haben sind. Aus diesem Grund dürfte ihr das Winterbergsteigen besonders behagt haben: In dieser neuen Sparte des Bergsports gab es noch Neuland zu entdecken.
Nicht nur als Alpinistin, auch als Fotografin machte sich Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond einen Namen: eine ihrer unzähligen Aufnahmen aus dem Hochgebirge.
(Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond)
Im März 1883, wenige Monate nach ihren ersten alpinistischen Taten, plant sie nichts Geringeres als die Winter-Erstbesteigung des zweithöchsten Massivs der Alpen, des mehr als 4600 Meter hohen Monte Rosa. Als sie in Zermatt erfährt, dass Vittorio Sella – erfolgreicher italienischer Bergsteiger und gleichzeitig einer der bedeutendsten Bergfotografen der Geschichte – zur selben Zeit dieselbe Absicht hegt, ist sie alles andere als erfreut. Sie schlägt vor, die beiden Teams zusammenzuschließen, und Vittorio Sella ist einverstanden. Zwei Tage später sind die beiden «Caravans» gemeinsam unterwegs am Monte Rosa.
Doch das Wetter ist der italienisch-britischen Seilschaft nicht wohlgesinnt. Bald quälen sie sich auf 4200 Meter durch einen Schneesturm und entscheiden, den Gipfelversuch abzubrechen. Ein weiser Entscheid, wobei die Tour für Elizabeth auch so beinah in einer gesellschaftlichen Katastrophe geendet hätte: Noch während sie diskutieren, ob ein Abstieg wirklich sinnvoll sei, schreit einer der Führer auf einmal: «Die Nase von Madame, die Nase von Madame!» Und nur Sekunden später stürzen sich die anderen Führer auf sie, um ihre Nase mit vereisten Handschuhen zu reiben. Elizabeth ist perplex, doch die Führer lassen nicht von ihr ab, bis ihr Hauptführer Eduard Cupelin zufrieden ist und bemerkt: Jetzt sei die Nase wieder schön. Als Elizabeth erstaunt fragt, was er damit meine, antwortet er, sie werde gerade «ziemlich schwarz». Die Alpinistin selbst merkt aufgrund der Kälte nichts von ihrer Erfrierung. Erst als sie wieder im Tal ist, schmerzt ihre Nasenspitze tagelang, «als ob sie über einem Feuer geröstet würde».
Anders als beim Monte Rosa, läuft bei der Besteigung des Bishorns – des schönen Gipfels rechts des Weißhorns – alles rund. Nach dem Abstieg vom Dom haben Josef Imboden und Elizabeth die Tour im Geheimen vorbereitet und Zermatt am 6. August 1884 verlassen. Es ist schönes Sommerwetter, als sie vormittags zusammen mit einem weiteren Führer Richtung Biwakplatz aufsteigen. Unterwegs rasten sie bei ein paar Holzhäusern, blicken auf den nahen Dom und das Täschhorn, auf das Bietschhorn und die Viertausender der Berner Alpen und lassen einige ihrer Feldflaschen mit Milch füllen. Doch danach bricht ein Sommergewitter über sie herein. Immer schneller hasten sie deshalb bergwärts, um endlich unter dem Schutz einiger Felsen, am Rand des Abberggletschers, ihr Biwak einzurichten.
Dennoch kriecht Elizabeth abends zufrieden in ihren Schlafsack. «Ich stellte fest, dass es aufgehört hatte zu regnen und der Himmel immer klarer wurde», wird sie in ihrem Bericht festhalten. Um 2.30 Uhr bereiten sie gemeinsam das Frühstück vor, um 3.45 Uhr bricht die Dreierseilschaft auf. Steigt über Gletscher und Felsen – sie erfordern laut Elizabeth «beachtliche Gymnastik» – und erreicht um 6.40 Uhr das Bruneggjoch, einen vergletscherten Übergang, von dem aus sie über den weiten Kessel des Brunegggletschers blicken, hinüber zum Bishorn, das in der Morgensonne weiß leuchtet. Sie frühstücken nochmals, Josef Imboden inspiziert die Route, Elizabeth macht mehrere Fotografien. Danach deponieren sie eine Flasche Wein und die schwere Kameraausrüstung im Joch und queren den Gletscherkessel Richtung Bishorn.
Den Monte Disgrazia fotografierte Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond vom Sissone aus – beide Gipfel bestieg sie im Winter als Erste.
(Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond)
Es war nicht das einzige Mal, dass die Britin ihre Kamera mit ins Hochgebirge schleppte – oder schleppen ließ. Im Gegenteil. Sie gehörte zu den Ersten, die Bilder aus dem Hochgebirge mit ins Tal brachte. Darüber hinaus dokumentierte sie während ihren Aufenthalten im Engadin den aufkommenden Wintersport, fotografierte und filmte Eisläufer, Skifahrer und Rodler, porträtierte auf dem schwarzen Eis des Silsersees den Maler Giovanni Segantini und den Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle, verkaufte Bilder für wohltätige Zwecke und übernahm Auftragsarbeiten für Magazine und Reiseführer – wobei sie manche Führer auch gleich selbst schrieb. Gut zehn Jahre nach dem Bishorn publizierte sie zudem eine Abhandlung über ein Messverfahren, das sie zur korrekten Belichtung im reflektierenden Schnee entwickelt hatte. Anders als für ihre alpinistischen Leistungen wurde sie für ihre fotografischen Arbeiten öffentlich ausgezeichnet: Sie erhielt die Ehrenmedaille der Royal Photographic Society.
Doch im Aufstieg zum Bishorn sind ihre Gedanken nicht beim Fotografieren. Erst ist sie irritiert darüber, wie brüchig und unangenehm die Felspassagen unter dem Gipfelgrat sind, danach freut sie sich über den schmalen Schneegrat und die Tiefblicke auf den Turtmanngletscher und die Dörfer weit unten im Mattertal. Es ist noch vor Mittag, als sie und die beiden Führer den Gipfel erreichen. Sie bauen einen Steinmann, schreiben ihre Namen auf einen Zettel und deponieren diesen in einer leeren Flasche. Elizabeth ist glücklich. Sie glaubt, den letzten noch unbestiegenen Viertausender der Alpen erreicht zu haben. Doch sie täuscht sich: Sie ist die Erste auf dem Ostgipfel des Bishorns – doch eben nur auf dem Ostgipfel. Die Seilschaft verpasste es, den 18 Meter höheren Hauptgipfel 250 Meter weiter östlich zu besteigen. Ein Missgeschick, zu dem sich Elizabeth nie öffentlich äußern wird. Ein Missgeschick allerdings auch, mit dem sie sich ein Andenken setzte: In Alpinistenkreisen heißt der Ostgipfel des Bishorns bis heute «Pointe Burnaby».
Dass diese Mrs. Burnaby am Bishorn dieselbe war, die zehn Jahre später unter dem Namen Mrs. Main Bilder verkaufte und wiederum ein Jahrzehnt später als Mrs. Le Blond Bücher zu ihren Bergabenteuern schrieb – diese Tatsache führte dazu, dass Chronisten oft glaubten, es mit mehreren Frauen zu tun zu haben. Oder aber sich über ihre vielen Ehen mokierten und bemerkten, Elizabeth hätte Männer geheiratet, «als gäbe es kein Morgen». Warum genau die Britin sich dreimal für eine Ehe entschied, wissen wir nicht. Einzig gesichert ist: Elizabeths erster Mann, Colonel Fred Burnaby, fiel 1865 in der Schlacht von Abu Klea im Sudan.
Ihr zweiter Mann, John Frederic Main, Ingenieur und Professor am Royal College of Science in London, zog nach der Heirat, angeblich aus gesundheitlichen Gründen, ins US-amerikanische Colorado, wurde dort, nicht zuletzt dank der Gelder von Elizabeth, zum Investmentbanker und starb sechs Jahre nach der Hochzeit in Colorado. In seinem Nachruf wird Elizabeth nicht erwähnt. Sie wird in ihrer Autobiografie von 1928 ihn ebenso wenig erwähnen. Nach John F. Mains Tod lebt Elizabeth acht Jahre lang allein und widmet sich – wie auch zuvor – allem voran dem Bergsteigen. Während drei Sommern reist sie mit ihrem Führer Josef Imboden nach Norwegen und unternimmt im Gebiet des Lyngenfjord 24 Erstbesteigungen. Und im Februar 1896 gelingt ihr mit der Winter-Erstbegehung des 3678 Meter hohen Monte Disgrazia südlich von St. Moritz eine ihrer wichtigsten alpinistischen Taten – eine Mordstour, die selbst manch lokalen Führer erstaunt. Von der Capanna del Forno gelangt die Britin mit den Bergführern Martin Schocher und Christian Schnitzler auf den Monte Sissone, steigt mehrere Hundert Meter durch lawinengefährliche Hänge ab und klettert danach auf den Gipfel der Disgrazia, um gleichentags via Monte Sissone in die Hütte zurückzukehren. Fazit dieses Tages: 20 Kilometer Distanz, 2100 Höhenmeter und zwei WinterErstbesteigungen.
Sollte der Teint doch einmal ladylike bleiben, gab es auch für Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond nur eines: eine Gesichtsmaske.
(aus: Daniel Anker et al.: Elizabeth Main (1861 – 1934). Diopter, Luzern 2003)
Doch nur zwei Jahre später unternimmt sie eine noch außergewöhnlichere Tour: Zusammen mit ihrer Bekannten Evelyn McDonnel überschreitet sie den Piz Palü – führerlos und als erste Seilschaft der Sommersaison. Eine unerhörte Leistung in Anbetracht der Tatsache, dass cordées féminines, Frauenseilschaften, erst 25 Jahre später vermehrt in den Alpen auftauchen werden. Dass sie somit die wahrscheinlich erste Frauenseilschaft der Alpingeschichte auf einem großen Alpengipfel führte, wusste sie damals vermutlich nicht. Dass sie mit ihren Pioniertaten jeden gesellschaftlichen Rahmen sprengt, ist sie sich hingegen bewusst. Sie stört sich nicht daran, sondern schätzt vielmehr ihre Freiheit. Saust als eine der Ersten mit einem Fahrrad über die Engadiner Pässe, wobei sie bei Abfahrten ein Tännchen hinter sich herschleift, um das Fahrtempo zu drosseln. Und mokiert sich über Amerikanerinnen, die sich davor fürchten, nach einer Wanderung so sonnengezeichnet zu sein wie sie. Was andere von ihr halten, ist ihr egal. «Ich bin den Bergen über alles dankbar, mich von den Fesseln der Konventionen befreit zu haben», schreibt sie in ihrer Autobiografie. Das alles änderte nichts daran, dass sie als eine äußerst elegante Dame galt, die in Gesellschaft durch feine Umgangsformen auffiel und den damaligen Konventionen in Sachen Kleidung ihr Leben lang treu blieb: Da eine Dame in Hosen zu ihrer Zeit undenkbar war, trug sie immer einen Rock. Zumindest solange sie sich in bewohntem Gebiet aufhielt. Erst wenn sie sich auf Bergtouren sicher war, niemandem mehr zu begegnen, kamen ihre Kletterhosen zum Vorschein, indem sie den Rock abstreifte und in den Rucksack eines Führers packte. Eine Bekleidungstechnik, die nicht frei von Risiken war: Einmal vergaßen sie und ihre Führer ihren Rock auf dem 4221 Meter hohen Zinalrothorn und mussten nach stundenlangem Abstieg nochmals auf den Gipfel klettern. Ein anderes Mal verschüttete eine Lawine das Materialdepot und damit Elizabeths Rock, worauf sie sich auf dem Rückweg am Dorfeingang hinter einem Baum versteckte, während der Führer im Hotel einen Rock holen ging. Er kehrte zum Baum zurück und brachte ihr – zu ihrem Amusement – eine Abendrobe.
Im Jahr 1900 heiratet Elizabeth nochmals. Diesmal den neun Jahre jüngeren Francis Bernard Aubrey Le Blond, Sohn einer Handelsfamilie und Sammler von wertvollem Porzellan aus aller Welt. Im Gegensatz zu ihren früheren Ehemännern scheint sie mit Aubrey Le Blond mehr gemeinsame Zeit zu verbringen. Sie beendet ihre Alpinkarriere und reist mit ihm zusammen lange Zeit durch China, Japan, Korea und Russland.
Doch sie bleibt eine Pionierin und mit den Bergen verbunden: Anders als ihre Vorgängerinnen, die wenige Jahre zuvor Bergtexte noch unter männlichem Pseudonym veröffentlichten, schreibt sie erfolgreich Bücher und hält Vorträge über das Bergsteigen. Und gründet 1907, zusammen mit anderen Alpinistinnen, den Ladies’ Alpine Club in London, da Frauen die Mitgliedschaft im britischen Alpine Club verwehrt bleibt. Von 1907 bis 1912 präsidiert sie den ersten Frauen-Alpenclub der Welt. Der Club schätzt sie als Präsidentin, und sie schätzt den Club: Jahre später, 1932, wird sie erneut zur Präsidentin gewählt. «Eines der schönsten Dinge, die mir im Leben passierten», kommentiert sie diese Wahl.
Noch im Amt, stirbt sie am 27. Juli 1934 nach einer größeren Operation im Haus ihres Schwagers in Llandrindod Wells, einem Kurort in Wales. Ihr Mann Aubrey Le Blond überlebt sie um siebzehn Jahre.fin
(aus: Daniel Anker et al.: Elizabeth Main (1861 – 1934). Diopter, Luzern 2003)
Elizabeth ist unter verschiedenen Namen bekannt geworden. Dies aufgrund mehrerer Ehen. Außerdem wird in ihrer Zeit oft der Vorname der Frau durch den Vornamen des Ehemannes ersetzt, weshalb sie beispielsweise als Mrs. Fred Burnaby und Mrs. Aubrey Le Blond publiziert.
Geboren wird sie als Elizabeth Hawkins-Whitshed 1861 in London. Ihre Kindheit verbringt sie größtenteils auf dem Landsitz der Familie in Irland als einziges Kind von Sir St Vincent Bentinck Hawkins-Whitshed und Alice. Das Vermögen der Hawkins-Whitsheds ist groß genug, dass Elizabeth ihr Leben lang keine Geldsorgen hat.
Im Jahr 1879 heiratet sie den britischen Militär und Reisejournalisten Frederick Gustavus Burnaby und wird Mutter von Sohn Harry. Ihre Gesundheit leidet zu dieser Zeit unter einem ausschweifenden Lebensstil, was für ihre classe sociale nicht untypisch ist. Um die Jahrhundertwende war die Neurasthenie, ein dem Burn-out ähnlicher chronischer nervlicher Erschöpfungszustand, in der besseren Gesellschaft weitverbreitet. Sie wird zur Kur in die Alpen geschickt, besucht 1881 erstmals Interlaken und Chamonix und unternimmt erste Ausflüge im Gebirge. Im Jahr da rauf steigt sie auf den Montblanc und die Grandes Jorasses und beginnt bald mit Hochtouren im Winter sowie mit der Publikation erster Bergbücher, wobei das Schreiben über Berge für eine Frau ihrer Zeit genauso außergewöhnlich ist wie das Bergsteigen selbst.
Zu ihren frühen Werken gehören «The High Alps in Winter, or, Mountaineering in Search of Health» (1883) und «High Life and Towers of Silence» (1886), später macht sie mit «True Tales of Mountain Adventure, for Non-climbers Young and Old» (1902) sowie mit ihrer Autobiografie «Day In, Day Out» (1928) auf sich aufmerksam. Für ihre dokumentarischen Fotografien und ihre Lehrschrift «Hints on Snow Photography» (1894) wird sie von der Royal Photographic Society ausgezeichnet.
Ab 1881 unternimmt sie 130 große Touren, davon 26 Erstbesteigungen und elf Winter-Erstbegehungen. Zu ihren bemerkenswertesten Erfolgen gehört die winterliche Erstbesteigung des Monte Disgrazia (3678 m) sowie die Erstbesteigung des Ostgipfels des Walliser Bishorns (4135 m) im Sommer 1884. Von 1897 bis 1899 ist sie während drei Sommern in Norwegen unterwegs, wo ihr und ihrem Führer Josef Imboden 24 Erstbesteigungen gelingen. Bemerkenswert sind zudem ihre führerlosen Touren, namentlich jene, als sie 1898 den Piz Palü in einer Frauenseilschaft überschreitet. 1907 ist sie treibende Kraft bei der Gründung des Ladies’ Alpine Club und wird dessen erste Präsidentin.
Ihr erster Mann Fred Burnaby stirbt 1885 als Militär im Sudan; ein Jahr später heiratet sie John Frederic Main, wird 1892 jedoch erneut Witwe; acht Jahre später vermählt sie sich mit Aubrey Le Blond. Wenig später beendet sie ihre Bergsteigerkarriere und unternimmt ausgedehnte Reisen, u. a. nach Asien und in die USA, wo ihr Sohn lebt. Sie stirbt am 27. Juli 1934 in Wales.