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Nicht in Ordnung: ein Kleider-Podcast Episode eins (Take 2)
Оглавление»Warum machen wir es diesmal nicht anders? Ich erzähle ein bisschen was über die Hintergründe, und dann stelle ich dir Fragen, und du kannst einfach nur antworten, wenn du willst.«
»Das klingt gut«, sagt Olivia und lehnt sich gegen den frei liegenden Baumstamm.
Ich: Hallo, Fisher-Mittelschule und alle anderen da draußen. Hier ist Molly Frost, und ihr hört gerade Nicht in Ordnung: ein Kleider-Podcast. Bei mir ist Olivia. Sie wurde neulich angeschrien, weil sie ein Tanktop zur Schule getragen hat. Wie viele von euch bereits wissen, hat die Schulleitung im Februar mit der achten Klasse eine Vereinbarung getroffen: Wenn wir es schaffen würden, uns für den Rest des Schuljahres an die Kleiderordnung zu halten, würde Dr. Couchman mit uns eine Klassenfahrt zum Strawberry Hill State Park machen. Nachdem Dr. Couchman Olivia gedemütigt hat, hat er verkündet: Die Klassenfahrt ist abgesagt, weil eine gewisse junge Dame sich ganz egoistisch entschieden hat, die Kleiderordnung zu missachten. Einer unserer Klassenkameraden (ja, du bist gemeint, Jack Reese) hat mitbekommen, wie Dr. Couchman mit Mrs Peabody darüber gesprochen hat, und hat dann in der ganzen Schule herumerzählt, Olivia sei schuld daran, dass die Klassenfahrt gestrichen wurde.
Ich drücke auf Pause und sehe Olivia an. Sie hält den Daumen hoch.
Ich: Ich bin hier, um euch zu sagen, dass jede Geschichte immer zwei Seiten hat. Ich war Zeugin des Vorfalls, und ich finde, dass Olivia die Chance bekommen soll, zu erzählen, wie sie das Ganze erlebt hat. Deshalb habe ich sie heute eingeladen.
Wir hören ein Knarren, und ich drücke noch einmal auf Pause. Pearl steigt durch die Falltür des Baumhauses. »Wo warst du?«, frage ich.
»Beim Tennis«, sagt sie. Sie setzt sich neben Olivia und nimmt sich einen Ingwerkeks. Damit Olivia sich bei unserer zweiten Aufnahme wohlfühlt, habe ich vorher das Baumhaus aufgeräumt und Kissen verteilt, um es gemütlicher zu machen, und ich habe auch Kekse und Gläser mit Limonade samt unseren neuen Edelstahl-Strohhalmen mitgebracht.
Ich halte mir den Finger an den Mund, weil ich sehen kann, dass Pearl anfangen will zu sprechen.
Ich: Willkommen, Olivia, und danke, dass du bei Nicht in Ordnung: ein Kleider-Podcast mitmachst. Bevor du uns erzählst, was passiert ist, kannst du uns vielleicht ein bisschen was zu den Hintergründen sagen. Bist du vorher schon mal gekleiderordnet worden?
Olivia: Ja. Die Fingerspitze hat mich immer wieder verwarnt und Miss Wells letztes Jahr auch, weil meine Turnhose zu kurz war.
Ich: Keine Überraschung. Und was ist dann passiert?
Olivia: Sie hat mich zur Seite genommen und wollte mich zur Schulleitung schicken, dann habe ich sie gefragt, ob ich nicht einfach meine normalen Shorts anziehen kann, und sie hat gesagt, dass das in Ordnung ist, aber dass ich nie wieder diese Turnhose anziehen soll.
Ich: Und wie hast du dich da gefühlt?
Olivia: Ich war genervt, denn als wir angefangen haben, unsere Runden zu laufen, fing es an zu schütten, und ich musste für den Rest des Tages in klatschnassen Shorts rumlaufen.
Ich: Schrecklich. Das tut mir echt leid. Mal abgesehen von der Kleiderordnung, wie findest du die Schule?
Olivia: Ganz okay. Ich versuche, mich auf die Naturwissenschaften zu konzentrieren, weil ich diesen Sommer ins MINT-Camp gehe.
Ich: Oh, das ist ja cool. Okay, dann kommen wir mal zur Sache. Ich habe eine weitere Zeugin eingeladen. Sag Hallo, Pearl.
Pearl: Hallo.
Ich: Pearl wird sich im Laufe des Podcasts äußern. Doch jetzt zu dir, Olivia. Magst du uns erzählen, was passiert ist?
Olivia holt tief Luft und zerbröselt einen Keks. Die Krümel fallen auf den rosa Plastiktisch, den meine Cousine Shannon uns geschenkt hat, nachdem das Baumhaus fertig war.
Olivia: Ich bin nach dem Matheunterricht zu meinem Schließfach gegangen. Ich brauchte mein Handy, weil ich meine Schwester anrufen musste und sie fragen wollte, ob sie mir was vorbeibringen kann. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, dass ich ein Tanktop trage.
Ich: Willst du uns sagen, was deine Schwester dir bringen sollte?
Sie schüttelt den Kopf und gibt ein lautloses Nein von sich.
Olivia: Nee, lieber nicht. Ich bin also den Flur auf der Südseite entlanggegangen, und aus dem Augenwinkel habe ich Dr. Couchman gesehen. Er hat andauernd nur »Hey« gerufen, aber ich bin einfach weitergegangen. Dr. Couchman kennt ja keine Namen außer die der Baseballspieler. Schließlich ist er mir hinterhergerannt, hat mir auf die Schulter getippt und mich gebeten, ihm nach draußen zu folgen. Da habe ich echt Angst gekriegt. Mr Dern saß in seinem Kursraum, und Couchman hat bei ihm ans Fenster geklopft und ihn zu sich gewunken. Dann haben sie beide angefangen, auf mich einzureden: Ich würde gegen die Kleiderordnung verstoßen, alle anderen hätten sich seit über acht Wochen daran gehalten, ob mir das klar sei, wie ich nur so egoistisch sein könnte, ich sei schuld, dass unsere Klassenfahrt nicht stattfindet.
Ich: Wie hast du reagiert?
Olivia: Ich war total fertig. Ich habe darum gebettelt, noch eine Chance zu bekommen. Couchman hat gesagt, er würde es sich überlegen, wenn ich mein Sweatshirt anziehen und nie wieder gegen die Vorschriften verstoßen würde.
Ich: Und hast du?
Sie schaut nach unten und faltet die Hände.
Olivia: Nein. Ich habe ihnen gesagt, dass ich das nicht tun kann, dass mein Sweatshirt da bleiben muss, wo es ist. Sie haben gesagt, ich würde die Verhaltensregeln missachten, sei respektlos, und haben mich ins Sekretariat geschickt, und ich musste meine Eltern anrufen.
Ich: Was haben deine Eltern gesagt?
Olivia: Sie arbeiten beide und hätten nicht den ganzen Weg zur Schule fahren können, um mich abzuholen. Also habe ich meine Schwester angerufen. Sie ist auf der Highschool und hatte selbst Unterricht, aber sie hat mich trotzdem abgeholt und nach Hause gebracht und ist dann noch mal los, um mir bei Starbucks einen Eistee und einen riesigen Schoko-Cookie zu holen. Das war echt nett von ihr. Sie hat an ihrer Schule deswegen nämlich großen Ärger bekommen.
Ich bin neidisch. Es war wirklich ziemlich nett von Olivias Schwester, sie abzuholen, zu Starbucks zu fahren und ihretwegen Ärger zu riskieren. So was würde Danny nie für mich machen.
Ich: Olivia, ich muss dich jetzt etwas fragen, und das wird richtig peinlich.
Sie starrt mich an. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich weiß, wie sie sich fühlt. Kann ich aber nicht. Ich kann es mir nur vorstellen, denn – wie meine Mom immer sagt – ich bin eine Spätentwicklerin. Ich habe den Körper einer Neunjährigen.
Pearl stellt sich neben Olivia und legt ihr die Hand auf die Schulter.
Olivia: Können wir aufhören? Ich will lieber, dass mich die ganze Klasse hasst, als darüber zu reden.
Das kann ich ihr wirklich nicht verdenken.
Ich: Ja. Wir hören auf.