Читать книгу Girl Power! - Carrie Firestone - Страница 12
Eine kurze Geschichte der Kleiderordnung
Оглавление»Komm, wir lassen das einfach«, sagt Olivia. »Ich finde es wirklich nett, dass du mir helfen willst. Aber ich überlege echt, ob ich meine Eltern nicht anbetteln soll, zu Hause unterrichtet zu werden.«
Pearl und ich sehen uns an.
Dann sagt Pearl: »Ich habe letztes Jahr in Kunst aus Versehen die Gummis von meiner Zahnspange auf einem Papiertuch liegen lassen, und dann hat Nick allen erzählt, dass ich eklig bin. Da habe ich meine Eltern auch gebeten, zu Hause unterrichtet zu werden.«
»Nick ist eklig«, sage ich.
Wir essen Kekse und starren aus dem Fenster. Ich war schon lange nicht mehr im Baumhaus.
»Noch etwas«, sage ich, aber Olivia unterbricht mich.
»Warum gibst du dir eigentlich so viel Mühe, Molly?« Mit todernster Miene sieht sie mich an. »Also, wir sind doch gar nicht mehr wirklich befreundet.«
»Weil es nicht richtig war, was sie mit dir gemacht haben. Und uns zu bestechen, indem sie uns eine Klassenfahrt anbieten, ist auch nicht in Ordnung.«
Aus der Grundschule kannten wir so etwas wie eine Kleiderordnung nicht. Als wir also auf die Fisher-Mittelschule kamen, haben sie uns das Schülerhandbuch gegeben, in dem alle Sachen aufgelistet waren, die wir nicht anziehen durften.
Im Sommer vor der siebten Klasse bin ich mit meiner Freundin Liza zum Shoppen zu Forever 21 gegangen. Das war echt was Besonderes, denn bis dahin musste ich mit Mom immer in irgendwelche Billigketten. Ich habe mir total süße Shorts und ein lilafarbenes Tanktop ausgesucht, und Liza hat sich die gleichen Shorts gekauft, aber ein grünes Tanktop, weil das zu ihren Augen passte (wir wollten auch nicht genau das Gleiche anhaben). Wir durften uns teure weiße High-Top-Sneaker und Lokai-Armbänder kaufen und, nachdem wir lang genug geübt hatten, endlich ein bisschen geschminkt in die Welt hinausgehen.
Wir fühlten uns schön.
Liza wurde gleich am ersten Schultag in der siebten Klasse gekleiderordnet. Bevor sie uns überhaupt das Handbuch gegeben haben. Bevor wir überhaupt wussten, wo unser Klassenzimmer ist. Ich war nicht dabei, aber mir wurde gesagt, dass die Fingerspitze Liza im Flur erwischt hat. Sie hat sie gezwungen, ihre Arme lang nach unten zu strecken, und sie dann darauf hingewiesen, dass ihre Fingerspitzen über ihre Shorts reichen und dass so etwas hier nicht erlaubt ist. Liza hat sich wohl so fest auf die Unterlippe gebissen, dass sie geblutet hat. Sie wollte nicht weinen.
Nachdem ich das gehört habe, habe ich meinen ersten Tag auf der Mittelschule dann damit verbracht, mich zu verstecken. Ich hatte nämlich die gleichen Shorts an wie Liza. Meine Freundinnen meinten, dass ich mir keine Sorgen machen müsste, da mein Hintern viel kleiner sei als Lizas. Gerecht war das nicht.
Liza und ich haben unseren Müttern nichts von der Kleiderordnung erzählt. Wir wollten nicht, dass sie wütend darüber wurden, so viel Geld für Shorts und Tanktops ausgegeben zu haben, die wir in der Schule gar nicht tragen durften. Liza hat dann ihre Sachen aus der sechsten Klasse angezogen, die alle viel zu klein waren, und musste wegen zu enger Kleidung in dem Jahr drei Mal nachsitzen.
»Was sollen wir denn deiner Meinung nach machen?«, fragt mich Olivia.
»Wir lassen den Podcast erst mal, holen Bea, Ashley und Navya dazu und erzählen ihnen, was passiert ist«, sage ich. »Sie sind total in Ordnung, und ich glaube, sie können uns helfen.«
»Äh«, sagt Olivia. »Okay. Warum nicht? Nächstes Jahr gehe ich eh nicht mehr zur Schule.«