Читать книгу Seeungeheuer und Monsterfische - Chet Duzer - Страница 16

Der Benediktinermönch, Chronist und Kartenzeichner Matthaeus Parisiensis, auch Matthäus oder Matthew Paris (ca. 1200–1259), schuf in Handschriften vier Englandkarten, die bis heute erhalten blieben. Die umfassendste dieser Karten entstand ca. 1250 (Abb. 18) und findet sich gleich am Anfang seiner Abbreviatio chronicorum, einer der Kurzfassungen der Chronica majora, seinem Hauptwerk über die Geschichte Englands, das von der Erschaffung der Welt bis in das Jahr 1259 reicht. Am oberen linken Rand dieser Karte gibt es einen interessanten Bildtext über Seeungeheuer im Atlantik.79 Die vor der Nordwestküste Schottlands positionierte Beschriftung wurde durch das Beschneiden der Seite beschädigt, lässt sich aber lesen: [Hec] pars inter aqui[lo]nem & autrum [vas]tum mare res[pici]t ubi non est nisi [m]onstrorum habi[ta]cio. Verumtamen ibi [inve]nitur insula[ari]etum fortissima – und bedeutet: »Dieser Teil zwischen dem Norden und dem Süden blickt auf ein riesiges Meer, wo sich nichts Weiteres findet und nur Seeungeheuer verweilen. Aber es gibt dort eine Insel mit vielen Schafböcken.«80 Leider wissen wir nicht, auf welche Quelle Matthäus seine Behauptung über den Atlantik stützt, und dieser Bildtext erscheint auf keiner seiner anderen drei Britannienkarten, ist aber paradigmatisch für die Verortung von Monstern in den entlegenen und unbekannten Winkeln der Welt.81 Auf jeden Fall wird durch die Behauptung, dass es im Atlantik außer einer Insel mit Widdern kein Land gibt und es im Meer vor Monstern wimmelt, jeder Drang zum Erkunden dieses Gebiets im Keim erstickt.82 Obwohl eine Karte in erster Linie die Geographie der Erde zeigen soll, rät Matthäus Paris durch die auf seiner Britannienkarte erwähnten Seeungeheuer geradezu davon ab, ein bislang unbekanntes Gebiet zu erforschen, das dann auf Karten dargestellt werden könnte.

Abb. 18 Die Britannienkarte des Matthäus Paris von ca. 1250; der Bildtext am linken oberen Kartenrand besagt, dass es im Atlantik nichts als Seeungeheuer gibt (London, British Library, Cotton MS Claudius D.VI,f. 12v).