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Isolationsmechanismen in sympatrischen Populationen

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Evolutionsbiologen alten Schlags, wie Mayr selbst, meinten, allopatrische Artbildung, Speziation durch geographische Isolation, sei der wichtigste Mechanismus, der zur Entstehung neuer Arten führe. Sympatrische Artbildung, Speziation innerhalb eines Habitats, komme viel seltener vor. Viele Biologen sehen das heute anders. Sympatrische Artbildung kommt wahrscheinlich genauso oft vor, wenn nicht sogar öfter als allopatrische. Sie verläuft allerdings komplizierter, da die Unterbrechung des Genflusses nicht auf bloßer geographischer Trennung beruht. Welche Isolationsmechanismen und reproduktiven Barrieren spielen bei der sympatrischen Speziation eine Rolle? Wie ist es möglich, dass Unterarten, zwischen denen eine fruchtbare Kreuzung möglich ist, innerhalb einer Stammpopulation isoliert bleiben?

In seinem 1963 erschienenen Buch Animal species and evolution beschreibt Mayr verschiedene Mechanismen, die eine genetische Isolation sympatrischer Populationen begünstigen. Er unterscheidet zwei Kategorien reproduktiver Schranken, nämlich: (1) Isolationsmechanismen, die eine mögliche Paarung oder Bestäubung verhindern (premating isolation) und (2) Isolationsmechanismen, die nach der Paarung oder Bestäubung wirksam werden (postmating isolation). Zu den Mechanismen vor der Paarung gehören jahreszeitliche oder umweltbedingte Isolation, wodurch die Geschlechtspartner am Zusammentreffen gehindert werden, weil sie in verschiedenen Monaten fruchtbar sind oder weil sie verschiedene ökologische Nischen innerhalb der Stammpopulation besetzen; Unverträglichkeit im Verhalten, wodurch zwei eng verwandte, fortpflanzungsfähige Unterarten zwar im selben Gebiet vorkommen, die Paarung jedoch durch unterschiedliches Sexual- oder Balzverhalten verhindert wird. Bei den Cichliden im Viktoriasee hat die sexuelle Selektion solche Unterschiede herausgebildet, was schließlich zu neuen Arten geführt hat.

Die Isolationsmechanismen nach der erfolgreichen Paarung oder Bestäubung betreffen zwei oder mehr Populationen, die sich reproduktiv schon so weit auseinander entwickelt haben, dass sie keine lebensfähigen oder fruchtbaren Nachkommen mehr hervorbringen können. Dies kann zum Beispiel eintreten, wenn zwar Samenübertragung stattfindet, aber die Eizelle nicht befruchtet wird (es bildet sich keine Zygote). Oder die Eizelle wird befruchtet, doch die Zygote, die sich entwickelt, ist vermindert lebensfähig. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass sich zwar ein lebensfähiger Hybride entwickelt (ein Individuum, dessen Eltern sich in mehreren genetischen Merkmalen unterscheidet), er sich aber nicht fortpflanzen kann, zum Beispiel, weil er steril ist, das heißt, er kann keine normalen Gameten (Ei- oder Samenzellen) bilden. Die bekanntesten Beispiele steriler, doch ansonsten sehr vitaler Hybriden sind der Maulesel (Kreuzung von Pferdehengst und Eselstute) und das Maultier (Kreuzung von Eselhengst und Pferdestute).

Mayr selbst wollte, wie gesagt, wenig von sympatrischer Artbildung wissen. Seiner Ansicht nach ist die allopatrische Speziation der wichtigste Artbildungsmechanismus. Als Nestor der modernen Evolutionsbiologie beeinflusste Mayr Generationen von Forschern auf seinem Gebiet. Die sympatrische Artbildung spielte daher lange Zeit eine untergeordnete Rolle. Heute setzt allmählich ein Umdenken ein. Das Beispiel der Cichliden in den ostafrikanischen Seen zeigt, dass Artbildung innerhalb eines Habitats nicht so außergewöhnlich ist, wie man lange Zeit annahm.

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