Читать книгу Die Kolonie Tongalen - Chris Vandoni - Страница 14

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7.

Der Raum war sechseckig, metallisch und stillos, hatte eine Front, eine Rückwand und je zwei gewinkelte Seitenwände. An keiner Wand hing ein Bild. Auf keinem der wenigen, ebenfalls metallisch aussehenden Möbeln standen eine dekorative Vase oder eine Skulptur. Kein Teppich zierte den Fußboden.

Jenseits der Mitte präsentierte sich ein großer stählerner Schreibtisch. Direkt in seine Oberfläche waren in einem Halbkreis drei holografische Monitore eingelassen. Hinter dem Schreibtisch stand ein wuchtiger schwarzer Kunstledersessel mit Arm- und hoher Rückenlehne sowie einer Nackenstütze.

Vier der sechs Wände waren mit Leichtmetall verkleidet, während die beiden Seiten rechts und links des Schreibtisches je eine getönte Glasfront bildeten, die eine hervorragende Aussicht auf die Pariser Innenstadt boten. Die Wände zu beiden Seiten des Eingangs waren mit unzähligen Überwachungsmonitoren übersät. Hinter dem Sessel gähnte eine dunkle Leere. Der Fußboden protzte in kaltem, geschliffenem Granit.

Der Eingang, eine metallene Doppeltür, unterstrich die Hässlichkeit dieses Raumes zusätzlich. Es war keine gewöhnliche Tür. Sie bildete vielmehr den Bestandteil eines aufwändigen Sicherheitssystems. Direkt in den rechten Türflügel waren ein Hand- und Augenscanner und ein Zahlenfeld eingelassen. Die zwanzig Zentimeter dicke Tür bestand aus mehreren Schichten gehärteten Stahls. Sie konnte sogar einem Bombenanschlag standhalten. Sollte es jemandem gelingen, sich Zutritt zu diesem Gebäude zu verschaffen und tatsächlich die oberste Etage erreichen, war der Weg vor dieser Tür zu Ende.

Der Raum verfügte über ein autarkes Klima- und Belüftungssystem und ermöglichte es, ihn gegen außen hermetisch abzuriegeln. Bei einem Brand war man hier drin in Sicherheit. Das Gebäude selbst galt als einsturzsicher, selbst bei mittleren Erdbeben.

Im Fußboden eingelassen waren sanitäre Anlagen, die im Notfall ausgefahren werden konnten. Auf der Vorderseite des Schreibtisches gab es Vorratsschränke, gefüllt mit Nahrungskonzentraten. Somit war das Überleben in diesem Raum für eine längere Zeit möglich.

Der Mann, der auf dem Sessel hinter dem Schreibtisch saß, hieß Derek Varnowski und war seit ein paar Tagen neuer Generaldirektor von Norris & Roach Labs Inc., dem größten Pharmakonzern der Erde.

Zeit seines Lebens hatte Derek im Schatten seines übermächtigen Vaters gestanden, der vor einer Woche völlig überraschend einem Herzversagen erlegen war.

Derek hatte seinen Vater gehasst. Er hatte es ihm nie recht machen können, war nur kritisiert worden und hatte oft als nicht ernstzunehmende Witzfigur der Familie gedient. Niemand hatte gegen Lincoln Varnowski eine Chance gehabt. Dafür war er viel zu selbstverliebt gewesen und immer im Recht, auch wenn er nicht recht hatte.

Derek hatte den Kampf gegen den Tyrannen längst aufgegeben und einfach gewartet, bis sich ihm eine Chance bot. Und als sie da war, hatte er sie eiskalt genutzt.

Für den alten Patriarchen all die Jahre den Laufburschen und die Lachnummer zu spielen, hatte sich schließlich ausbezahlt. Nur so bestand die Möglichkeit, ihm täglich ganz nahezukommen. Aber der Alte strotzte nur so vor Gesundheit. Ohne Dereks kleine Beihilfe hätte er ihm noch lange im Weg gestanden.

Allesamt hatten sie dem Tyrannen die Füße geleckt, während Derek von den meisten nur belächelt und selten ernst genommen worden war. Er gehörte nicht einmal zum engsten Kreis der Geschäftsleitung und war auch nie als Nachfolger vorgesehen gewesen.

Aber Derek hatte alles sorgfältig geplant und arrangiert, den besten Zeitpunkt gewählt und die richtigen Leute erpresst oder bestochen. So hatte alles seinen Lauf genommen.

Nun war er ganz oben angelangt, aber sein Weg war noch lange nicht zu Ende.

Er hatte große Pläne mit dem Konzern. Pläne, von denen sein Vater nichts wissen wollte. Trotzdem hatte er schon vor einiger Zeit damit begonnen, Vorbereitungen zu treffen, die richtigen Leute um sich zu scharen und gewisse Aktivitäten zu veranlassen.

Mit Geld bekam man die fähigsten Köpfe, und Geld hatte er genug. Bei seiner Überzeugungsarbeit hatte er sich stets großzügig gezeigt. Nur einmal wagte es einer der angeheuerten Männer, ihn unter Druck zu setzen und über Erpressung den zehnfachen Betrag zu fordern. Kurz darauf war er Fischfutter in der Seine gewesen.

Derek Varnowski hatte Wirtschaftsgeschichte studiert und zeigte sich schon während seines Studiums sehr begeistert von den früheren ausbeuterischen Wirtschaftsstrukturen.

Als er für eine seiner Diplomarbeiten in den Archiven des Konzerns nach Material suchen durfte, entdeckte er etwas, das sein weiteres Leben in eine bestimmte Richtung führen sollte. Zuerst konnte er nicht glauben, was er auf einem der Holochips alles zu sehen bekam. Es war für ihn unerklärlich, dass er für solche Daten die Zugangsberechtigung erhalten hatte. Anscheinend hatte niemand mehr Kenntnis von der Existenz dieses brisanten Materials.

Heimlich hatte er sich damals eine Kopie angefertigt und sich vorgenommen, wenn die Zeit reif war, darauf zurückzugreifen. Er würde sich geeignete Fachleute suchen und dieses uralte Projekt wiederbeleben. Damit würde sich ihm die Möglichkeit von unvorstellbarer Macht bieten. Und Macht war das primäre Ziel, das er in seinem Leben anstrebte. Der Konzern und der große Reichtum, den ihm sein Vater dank der unauffälligen, aber nicht unbedeutenden Manipulation hinterlassen hatte, dienten lediglich dazu, dieses Ziel zu erreichen.

Nun war der Zeitpunkt gekommen, seinen lange gereiften Plan in die Tat umzusetzen. Aber er durfte sich nicht von seiner Euphorie verführen lassen und alles überstürzen. Er wollte sich genug Zeit nehmen, alles aufeinander abzustimmen und sich gegen alle Eventualitäten absichern.

Er öffnete den digitalen Safe, holte den Holochip hervor und legte ihn in das entsprechende Lesegerät. Seit er vor Jahren diese Kopie angefertigt hatte, erweiterte er das Datenmaterial laufend mit Analysen und Strategien über das weitere Vorgehen.

Schon einige Wochen vor dem Tod seines Vaters hatte er damit begonnen, Leute zu rekrutieren. Dabei handelte es sich um bestechliche Wissenschaftler und Söldner. Bevor er das Projekt in die Tat umsetzen konnte, waren etliche Experimente und Versuche von Nöten. Das Problem dabei bestand darin, dass diese Experimente unmöglich auf der Erde durchgeführt werden konnten. Doch dafür hatte er bereits eine Lösung gefunden. Auf einem Kolonialplaneten existierte eine Zweigniederlassung des Konzerns. Ein Team von Wissenschaftlern und ein Söldnertrupp sollten die geeigneten Voraussetzungen für umfassende Versuche schaffen.

Die Kolonie Tongalen

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