Читать книгу WIN - With Intention Now - Christian Jaerschke - Страница 17
Оглавление2.1 SCHLECHTWETTER UND MANGELNDE MOTIVATION
So etwas wie schlechtes Wetter gibt es nicht, nur unpassende Kleidung. In vielen Fällen mag das zutreffen, stimmt aber längst nicht immer. Nehmen wir die Olympischen Spiele von Rio 2016. Vielleicht erinnerst du dich an die Wetterkapriolen mit praktisch kaum vorhersagbarem und unkontrollierbarem Wind auf der Ruderstrecke. Da mussten Trainings und auch Wettkämpfe abgesagt und verschoben werden.
Ein anderes Beispiel ist das Training von Sportpiloten mit ihren Ultraleichtflugzeugen. Ich bin selbst jahrelang eine „Ikarus C42“ geflogen und kann aus Erfahrung sagen: Es gibt definitiv Wind und sonstige Wetterbedingungen, mit denen ein Training nicht sicher absolviert werden kann oder einfach nichts bringen würde, weil bestimmte Flugmanöver nicht durchführbar sind.
Dann heißt es, flexibel zu reagieren und ggf. zu alternativen Trainingsmöglichkeiten zu greifen. Der Kreativität sind dabei fast keine Grenzen gesetzt. Wenn zu hoffen war, dass der Wind in absehbarer Zeit abnimmt, habe ich abgewartet und das Training einfach verschoben. In der Zwischenzeit arbeitete ich z. B. mit Visualisierungsübungen oder nutzte die Zeit für das Mentaltraining mit anderen Techniken.
„Wenn du ein konkretes Ziel hast, dann stell dir die Frage nach dem Warum – am besten gleich heute“
Aber was ist, wenn das Wetter einfach nur schlecht ist, z. B. zu heiß oder zu kalt? Du könntest schon trainieren, aber die Motivation ist im Keller?
Maurice Clavel, Profi-Triathlet, über seine Motivation und was ihn antreibt während der oft langen Trainingstage: „Zum einen mich selber an Grenzen zu bringen, einfach das Beste aus mir herauszuholen. Und zum anderen große Wettkämpfe, die ich dann am Horizont vor mir sehe. Da geht irgendwie auch ein bisschen Kopfkino los: Wer wird da am Start sein bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft zum Beispiel? Da sind die und die am Start, und die liegen jetzt auch nicht im Bett und trainieren gerade bestimmt superhart. Das pusht mich einfach ungemein, da richtig ans Limit zu gehen und alles aus mir herauszuholen.“51
Motivation ist eine wesentliche Voraussetzung, um im Sport und sonst im Leben erfolgreich zu sein. Deine Motivation bestimmt, welchen Stellenwert du deinem Sport oder einem anderen Bereich in deinem Leben gibst. Sie bestimmt, wie viel und wie intensiv du trainierst, wie sehr du dich im Training und im Wettkampf antreibst und ob du trotz schlechtem Wetter deine Trainingseinheiten absolvierst oder nicht.
Nur wenn du weißt, was genau dich motiviert und zu Bestleistungen antreibt, kannst du deine Motivation steuern. Was ist deine Motivation? Warum betreibst du deinen Sport? Welchen Nutzen ziehst du daraus?
Wenn du ein konkretes Ziel hast, etwa Teilnahme an einem Ironman, einem Marathon oder einem anderen Wettbewerb, dann stell dir die Frage nach dem Warum! Nimm dir etwas Zeit, um diese Frage für dich zu beantworten, am besten gleich heute.
Chris McCormack, zweifacher Ironman-Hawaii-Weltmeister, hat in jedem Wettkampf neben der offiziellen Startnummer die Zahl 19455 auf seinem Trikot getragen. 19455 – das ist die Anzahl an Tagen, die seine Mutter gelebt hat, bevor sie an Krebs gestorben ist.
Chris McCormack (Macca) hat einmal Folgendes gesagt52: „Wenn du im Sport auf einem hohen Level dauerhaft Erfolg haben willst – und das gilt nicht nur im Sport, sondern überall im Leben –, dann brauchst du einen Grund, der größer ist als du selbst. Glaube mir, wenn du so viel entbehrt hast, gereist bist und deine Familie vermisst hast wie ich, dann ist die Aussicht auf einen Wettkampfsieg nicht genug, um so hart und lange zu trainieren, wie dafür nötig ist. Es ist nicht genug, nur für dich zu kämpfen. Du musst für etwas oder jemanden kämpfen. Ich gehe für meine Mutter an den Start.“
Du kannst fast alles im Leben erreichen, wenn dein Warum stark genug ist. Dabei gilt die einfache Regel: Je größer dein Ziel ist, desto größer muss auch dein Grund, dein Warum sein, um es zu erreichen.
Eine einfache Technik, um deine Beweggründe tiefer zu erkunden, nennt sich „Warum, warum“-Technik. Im Englischen (Why, why?) hört sich das für mich irgendwie besser an. Vielleicht liegt das auch nur daran, dass ich diese Technik gelernt habe, als ich in Großbritannien studiert habe.
Die Technik funktioniert ganz einfach, indem du nach dem Warum des Warums fragst – also für jede deiner Antworten (Motivationsgründe) nach dem Warum fragst und dann wieder nach dem Warum, bis du im Kern angekommen bist oder dir nichts mehr einfällt. Dann kannst du die Frage „umkehren“ und nach neuen Antworten suchen, welche neuen oder zusätzlichen Aspekte deines Sports deine Warum-Antworten befriedigen.
Ein fiktives Beispiel zur Veranschaulichung:
Paul will seinen ersten Marathon in Berlin absolvieren.
Warum willst du den Marathon laufen?
Paul: Weil ich das schon immer mal machen wollte.
Warum wolltest du das schon immer mal machen?
Paul: Weil ich gern laufe.
Warum läufst du gern?
Paul: Weil es mir Spaß macht und hilft, gesund und fit zu bleiben.
Warum willst du Spaß haben und gesund und fit bleiben?
Paul: Weil ich dadurch mehr Freude habe und etwas dafür tue, länger zu leben.
Warum willst du mehr Freude haben und länger leben?
Paul: Weil sich die Freude auf meine Familie überträgt und ich für meinen Sohn ein Vorbild sein will.
Es geht bei dem Beispiel nicht darum zu beurteilen, ob das gute Antworten sind. Denn die sind schließlich immer individuell. Ich habe das Beispiel gewählt, um zu zeigen, dass die tieferen Beweggründe für ein sportliches Ziel nicht immer sofort sichtbar sind. Wenn du dir aber die Zeit nimmst, sie mit dieser einfachen Fragemethode zu erkunden, steigerst du deine Motivation fast automatisch.
„Was ist DEIN größtes Warum für deinen Sport und deine sportlichen Ziele?“
Paula Newby-Fraser53: „Das Erste, was ich allen sage, ist, dass jeder sich im Klaren darüber sein muss, warum er es macht. Frage dich, warum du dich dazu entschieden hast, das hier zu machen. In Anbetracht der ganzen Möglichkeiten, deine Freizeit zu verbringen und dein Geld zu investieren: Warum willst du Zeit, Emotionen, Geld investieren, um dein sportliches Ziel zu verwirklichen? Man muss immer verstehen, warum man das macht. Was der eigentliche Grund ist, ist dann ganz egal. Das ist wirklich irrelevant. Jeder hat da seine eigenen Gründe.“
Was ist dein größtes Warum für deinen Sport und deine sportlichen Ziele? Wenn du dein Warum noch nicht klar fassen kannst oder du glaubst, dass es vielleicht nicht stark genug für dein Ziel ist, ist das zunächst nicht weiter tragisch. Denn du kannst dein Warum praktisch jederzeit erweitern oder ändern. Nimm dir etwas Zeit, um diese Fragen für dich zu beantworten, am besten gleich heute.
Zum Abschluss dieses Kapitels möchte ich noch eine kleine Geschichte mit dir teilen, denn wer es in die Weltspitze schaffen will (egal auf welchem Gebiet), der braucht nicht nur ein starkes Warum, sondern auch die passende Einstellung für das erforderliche Training und Entbehrungen, die damit verbunden sind.
LEKTION VOM SCHWIMM-CHAMPION 54
Ein junger Schwimmer namens Don hatte einen ehemaligen Schwimm-Champion gebeten, ihn zu lehren, ein Weltklasse-Schwimmer zu werden. Da fragte der Champion ihn: „Bist du sicher, dass du bereit bist, das Geheimnis zu erfahren?“
Der alte Profi wusste, dass Don Talent hatte, aber er war sich nicht sicher, ob Don die richtige Einstellung hatte. „Oh, ich würde alles geben, um ein Champion zu werden“, antwortete Don.
Damit packte der ehemalige Champion abrupt Dons Kopf und zwang ihn unter Wasser. Zuerst widerstand Don, aber dann dachte er: „Vielleicht will er sicherstellen, dass ich keine Angst vor dem Wasser habe.“ Also hörte Don auf zu kämpfen.
Aber als sein Nacken und sein Rücken von dem unerbittlichen Druck der Hand des Champions und seine Lungen zu schmerzen und zu brennen begannen, wurde er nervös. Er begann wieder zu kämpfen, um sich zu befreien und Luft zu schnappen. Jetzt schmerzten seine Augen. Sein Hals und seine Lungen fühlten sich bereits an, als würden sie gleich explodieren. Er wollte den ehemaligen Champion anschreien, um ihm das zu sagen, bevor er starb, aber er wagte es nicht, seinen Mund zu öffnen, während er noch unter Wasser war. „Wenn es das ist, was es braucht, um ein Champion zu werden“, dachte Don, „vielleicht ändere ich meine Meinung!“
Als er das Gefühl hatte, dass er nicht länger durchhalten konnte, gab er einen wütenden Tritt. Der Champion riss an Dons Haaren und zog ihn aus dem Wasser.
Don schnappte für einige Momente nach Luft, als er den erfahrenen Champion beobachtete und versuchte herauszufinden, was das alles bedeutete. Schließlich sprach der Schwimm-Champion:
„Was hast du dir gewünscht, als ich deinen Kopf zum ersten Mal unter Wasser drückte?“, fragte der. „Ein Schwimm-Champion zu sein“, antwortete Don zwischen zwei Atemzügen.
„Und kurz bevor ich dich aus dem Wasser gezogen habe, was war dein größter Wunsch?“
„Ein Atemzug voller Luft!“ – „Wenn du dir so sehr wünschst, ein Weltmeister zu sein, wie du dir die Luft gewünscht hast“, sagte der frühere Champion, „dann bist du bereit, hart genug zu arbeiten, um ein Champion zu werden.“
„Und jetzt kennst du das Geheimnis meines Erfolgs“, fügte er hinzu. Diese Geschichte vermittelt eine wichtige Botschaft, wenn du als Sportler oder in einem anderen Lebensbereich erfolgreich sein willst: Wenn du es so sehr sein willst, wie du atmen willst (wenn du keine Luft mehr hast), dann wirst du erfolgreich sein!
51 Athletes Mind Talk (2015).
52 McCormack (2011).
53 Newby-Fraser (2015).
54 Vgl. José Silva (o. D.).