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Kapitel 16

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"Konnten Sie den Nachbau wiederfinden?", erkundigte sich Tandra, noch bevor sie den Kommandanten von Basis Achtzehn begrüßte.

"Ja. Haben wir. Ist ihr Spezialist auch anwesend?", wollte dieser daraufhin wissen.

"Thevog kommt in ein paar Minuten. Wir hatten zuvor noch etwas zu erledigen. Einer unserer Renegaten holt ihn im Augenblick ab und bringt den Jungen dann hier her.

"Ein Junge, sagen Sie?" Vecal schien nicht sonderlich überzeugt zu sein.

"Ein besonderer Junge. Das werden Sie noch sehen", hoffte Jikav.

"Nun, wenn er auch nicht das Rätsel lösen kann, sollte sich der Junge keine Vorwürfe machen. Wir sind schon seit Monaten dran. Unsere Ingenieure haben den Bauplan mit hunderten ähnlicher Blaupausen verglichen. Sie haben aufgrund der Kombination der verbauten Teile versucht herauszufinden, in welche Richtung die Technik gehen sollte und warum sie nicht funktioniert. Alles ohne auch nur einem Anflug von Erfolg oder Erklärung." Vecal schüttelte verzweifelt den Kopf.

"Vielleicht ist der Plan auch nur ein Ablenkungsmanöver von Jachwey gewesen. Er hat Pumar diese Unterlage stehlen lassen, weil er wusste, dass die Konstruktion nicht funktioniert und keinen Sinn ergibt", sagte Siglas, der gerade mit Thevog den Raum betrat und wohl die letzten Worte des Kommandanten gehört hatte.

"Das wäre dem Gottkaiser zuzutrauen", kommentierte Tandra, bevor sie sich dann an den Jungen wendete. Sie legte ihm den Arm um die Schultern und führte Thevog in den Nebenraum, wo noch alles so verblieben war, wie sie es hinterlassen hatten. Lediglich ein Platine war hinzugekommen. Das war der angefertigte Nachbau.

"Du kannst dir alles anschauen, mein Junge", forderte Vecal ihn auf. "Und lass dir ruhig Zeit. Wie ich eben schon sagte, wir haben Monate darauf verbracht, die Lösung zu finden."

"Ist das eigentlich alles, was durch Pumars Zusammenarbeit mit Ihnen herausgekommen ist?", fragte Jikav nach. "Ich meine, gibt es noch Aufzeichnungen aus der Zeit, als es hier war?"

"Es?" Tandra sah Jikav erstaunt und fragend zugleich an.

"Ja. Es. Wir können Pumar auch als MWD bezeichnen, wenn dir das lieber ist", konterte ihr Freund.

"MWD?" Erneut war die junge Renegatin ratlos. "Was soll das denn bedeuten?"

"Männlich, weiblich, diverses", erklärte er. "Wir wissen schließlich nicht, wer oder was Pumar ist."

"Natürlich hatten wir noch einige andere Aufzeichnungen. Auch, wenn uns Pumar nicht in die Ergebnisse der Mission eingeweiht hat, so haben wir doch diverse Aufgabe erledigt."

"Was waren das für Aufgaben?", fragte Siglas sichtlich interessiert.

"Gehört der Renegat zu Ihnen?", erkundigte sich Kommandant Vecal bei Tandra und Jikav, bevor er die Frage beantwortete.

"Sozusagen", erläuterte Jikav die Anwesenheit.

"Sicher?", fragte Vecal noch einmal nach.

"Ziemlich sicher", war die vage Antwort Tandras. Dies signalisierte dem Kommandanten, nicht alles zu sagen, was er zu berichten hatte.

"Wir haben für Pumar Leute überprüft, deren Verbindungen zu anderen oder zu bestimmten Organisationen. Dann haben wir Pläne organisiert, die Pumar für die nächtlichen Einzelmissionen benötigte. Schließlich haben wir noch einige Personen befragt", endete der Kommandant.

"Und wo sind diese Aufzeichnungen jetzt?", setzte Siglas nach.

"Pumar hat sie vor dem Verschwinden abgeholt und wahrscheinlich mitgenommen."

"Dann war der Abbruch der Mission geplant", vermutete Tandra.

"Sieht so aus."

"Haben Sie eventuell noch Kopien in Ihrem System? Ich gehe doch mal davon aus, dass sie die Ergebnisse nicht mit der Hand niedergeschrieben haben", wollte Jikav jetzt wissen.

"Pumar bestand darauf, dass es keine Unterlagen in den Computern gab. Es wäre zu leicht gewesen von Außen in das System einzudringen."

"Richtig", erinnerte sich Jikav an seine Ausbildung zum Spezialagenten der Renegaten. Hinterlasse nie Spuren deiner Anwesenheit.

"Sie sagten vorhin, Pumar hätte Pläne von Ihnen gewollt, für die nächtlichen Missionen. Was für Pläne waren das?" Der Kommandant antwortete nicht sofort. Stattdessen machte er eine leichte Kopfbewegung zu Siglas und zuckte dabei unmerklich mit der rechten Augenbraue in dieselbe Richtung. Tandra verstand nicht sofort. Aber nach zwei bis drei Sekunden begriff sie.

"Baupläne", sagte der Kommandant wortkarg.

"Welche Gebäude?", hakte Siglas nach.

"Fabriken hauptsächlich", log Vecal.

"Dann sollten wir uns diese ebenfalls mal ansehen", forderte er die Gruppe auf.

"Einen Moment", bremste Tandra den Renegaten aus. "Submajor Jikav hat hier das Kommando über die Mission. Danach komme ich, als ehemalige rechte Hand von Pumar. Sie stehen ganz weit unten in der Befehlskette." Siglas schaute die junge Renegatin grimmig an. "Sie machen es sich gerade schwer, dass man Ihnen vertrauen möchte. Ich denke, Sie lassen uns jetzt besser allein. Und nehmen Sie ihre Abhöranlage gleich mit." Wutentbrannt rannte der Mann aus dem Raum.

"Wo ist die Abhöranlage?" wollte Vecal aufgeregt wissen, nachdem Siglas verschwunden war.

"Keine Ahnung. War nur so ein Bluff. Aber schauen Sie vielleicht trotzdem mal nach, ob Sie was finden können."

"Was ist passiert?", fragte Dahos, als Siglas aus dem Stützpunkt stürmte. Der erklärte in kurzen Worten, was vorgefallen war, während er vor Wut schäumte.

"Du bist vielleicht ein Idiot! Was mischst du dich auch ein? Wir haben ihnen gesagt, dass wir sie vor dem Kommandanten beschützen und über seine Aktionen gegen sie informieren werden. Wir sind deren Personenschutz. Was hast du eigentlich vor? Willst du auf eigenen Faust ermitteln?" Dahos schlug dem Mann mit der flachen Hand an den Hinterkopf, was dem überhaupt nicht gefiel.

"Ich versuche doch nur zu helfen", verteidigte sich der. "Und du führst dich gefälligst nicht so auf, mir gegenüber. Ist das klar?"

"Immerhin bin ich der ranghöchste von uns dreien. Schon vergessen? Abgesehen davon, was hat dir deine Hilfe gebracht? Sie haben dich rausgeworfen. Vermutlich vertrauen sie dir auch nicht mehr. Jetzt können wir beide…", dabei deutete sie auf Qari und sich, "…zusehen, das wieder hinzubiegen. Mit dir zusammenzuarbeiten gleicht einem Selbstmordkommando, weil du einfach nicht nachdenkst", ereiferte sich Dahos. Wütend und mit schlechtem Gewissen machte Siglas auf dem Absatz kehrt und verschwand die Straße herunter. "Ich wusste, dass es mit ihm Schwierigkeiten geben würde. Dass er aber schon am ersten Tag alles ruiniert, ist selbst für Siglas ein neuer Rekord. Wir müssen jetzt ganz besonders auf ihn Acht geben. Du weißt, wie er ist, wenn man ihn kritisiert." Qari nickt wissend und schaute dem Renegaten nach, der jetzt in der Menge zwischen den dreckigen Backsteinhäusern verschwand.

"Also gut", begann Vecal, nachdem Siglas den Raum lange genug verlassen hatte und somit außer Hörweite sein musste. "In erster Linie wollte Pumar die Baupläne des Schlosses haben. Scheinbar für die nächtlichen Unternehmungen. Vermute ich jetzt mal."

"Ich nehme mal nicht an, dass Pumar diese Pläne mit Ihnen besprochen hat", überlegte Jikav.

"In gewisser Weise schon", wusste der Kommandant zu überraschen. "In den Bauplänen befinden sich natürlich nicht die Sicherheitskameras. Darüber hat sich Pumar von den Wachhabenden und der Schlosswache, alles Renegaten, informieren lassen."

"Welche Bereiche waren von besonderem Interesse?", erkundigte sich Tandra.

"Interessanterweise ein Bereich, im unteren Drittel des Schlosses liegt und scheinbar gar nicht genutzt wird."

"Für das Areal hätte ich mich vermutlich auch als Erstes interessiert", kommentierte Jikav wissentlich. "In den meisten Fällen findet man in den ungenutzten Regionen mehr, als man erwartet hat."

"Dann wollen sie auch dort hin?", fragte der Kommandant zögerlich.

"Das wäre ein Anfang", bestätigte ihm Tandra seine Vermutung. "Warum verziehen Sie das Gesicht so, Vecal?"

"Ich halte das nun mal für keine gute Idee. Ehrlich. Das Schloss wird besser bewacht als das Regierungsviertel in Ͼapitis. Selbst, wenn sie da reinkommen, befürchte ich, dass sie da nicht mehr herauskommen werden."

"Sie sagten, die Renegaten stellen die Schlosswache", konterte Tandra.

"Tagsüber. Nachts übernimmt die ProTeq den Schutz des Gebäudes." Tandra und Jikav begriffen umgehen die Befürchtungen des Kommandanten. Die Proteqtoren waren ein unkalkulierbares Risiko.

"Dann müssen wir uns bis ins kleinste Detail vorbereiten."

"Von Ihnen ist aber keiner Pumar. Kurze Zeit, nachdem wir die Pläne des Schlosses übergeben haben…", den Rest des Satzes ließ der Kommandant offen.

"Ich gehe mal davon aus, Pumar verschwand gleich nach dem Schlossbesuch."

"Genauso ist es", bestätigte Vecal.

"Kannst du dich an irgendetwas in diesem Zusammenhang erinnern, Tandra?", fragte ihr Freund vorsichtig.

"Ich bin mir nicht sicher." Sie machte eine Pause und legte die Stirn in Falten. "Ich muss in Ruhe darüber nachdenken. Es gibt da so einige Geistesblitze, die ich jedoch noch nicht richtig zuordnen kann."

"Was bedeutet das?", fragte Kommandant Vecal neugierig und auch ein wenig verständnislos. Jikav beschloss, den Kommandanten in Tandras Geheimnis einzuweihen.

"Tandra ist ein menschlicher eProm. Sie kann jederzeit auf eine neue Person programmiert werden. Leider behält sie dabei nicht immer alle Erinnerungen. Vor einiger Zeit wurde sie zu ihrem eigenen Schutz in eine einfache Wohnheimleiterin umprogrammiert."

"Schutz vor was?", unterbrach Vecal den jungen Renegaten.

"Das weiß ich nicht und Tandra kann sich auch noch nicht daran erinnern. Jedenfalls wurde dieses Programm dann in der vorletzten Woche wieder gegen ihr Renegatenausbildung ausgetauscht, weswegen sie noch nicht wieder alle Informationen hat." Vecal stand mit offenen Mund da. Sekundenlang regte er sich nicht. Dann kam erneut Leben in ihn.

"Aber, als Sie hier waren, als die rechte Hand von Pumar, da waren Sie doch eine Renegatin. Richtig?"

"Davon können Sie ausgehen."

"Dann könnte Ihr Schutz doch etwas mit dem Verschwinden von Pumar zu tun haben?"

"Ich bin jetzt mal ganz ehrlich zu Ihnen, Kommandant", sagte Tandra verzweifelt und holte tief Luft. "Ich habe keine Ahnung, ob ich Pumar jemals begegnet bin. Ich habe das nur gesagt, weil es zeitlich alles zusammenpasste und damit wir endlich weiterkamen. Sonst hätten sie mir wahrscheinlich nie die Unterlagen und den Bauplan, beziehungsweise die Platine gezeigt." Ein weiteres Mal öffnete sich der Mund von Vecal, als wollte er etwas sagen. Blieb dann allerdings stumm. Da hatte diese junge Frau ihn doch glatt so leicht überrumpeln können. Wie konnte er nur so dumm sein?

"Aber irgendetwas muss ich ja wohl damit zu tun gehabt haben", fuhr sie fort. "Sonst wäre ich nicht bei Ihnen gewesen." Plötzlich zeichnete sich in ihrem Gesicht eine Eingebung ab. "Möglicherweise hatte ich aber auch meinen eigenen Auftrag", wendete sie sich jetzt an Jikav. Diese Erkenntnis überfiel sie so plötzlich, dass sie Bestätigung brauchte. Was wäre, wenn sie nur zufällig zur gleichen Zeit in Akeḿ gewesen wäre?

"Du meinst, es wurde zweimal der gleiche Auftrag vergeben? An dich und an einen Spezialagenten? Das ist doch sinnlos", sagte Jikav verwirrt.

"Sehe ich auch so. Was könnte ich besser, als Pumar? Dann hätten sie doch besser Panthero schicken sollen. Du wärst doch für solche Aufgaben weitaus besser ausgebildet gewesen, als ich."

"Vielleicht war das der Grund, warum ich nach Akeḿ fliegen sollte, um Pumar zu finden und zu unterstützen. Und nur, weil ich nicht rechtzeitig hier eingetroffen bin, wurde die Mission abgebrochen oder gar zu einem Fehlschlag. Das erklärt so einiges", beendete Jikav seinen Gedankengang. Kommandant Vecal verstand kein Wort von dem, was er hörte.

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