Читать книгу Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter - Christian Klicpera - Страница 24
2.6.1 Symptomatik
ОглавлениеDer Kern dieser Angststörung liegt in einer übermäßigen Besorgtheit – einerseits über künftige Ereignisse, anderseits über die Angemessenheit früheren Verhaltens. Dabei können den Kindern sehr unterschiedliche künftige Ereignisse Sorgen machen: Schularbeiten, andere schulbezogene Ereignisse, mögliche Krankheiten und Unglücksfälle bei ihnen selbst und bei Familienmitgliedern, Sorgen über diverse soziale Kontakte bis zu ganz unbestimmten Ängsten (z. B. was am nächsten Tag passieren wird). Auch auf die Vergangenheit bezogene Sorgen können sich sowohl auf schulische Leistungen als auch auf das Verhalten in sozialen Situationen beziehen. In beiden Fällen ist die Häufigkeit, mit der die Kinder den Sorgen nachhängen, ein Indiz für den Schweregrad der Störung. Klinisch relevant ist ein Auftreten häufiger als dreimal pro Woche (Strauss, 1994). Auf vergangene Ereignisse bezogene Sorgen sind eher für ältere Kinder (über dem 10. Lebensjahr) charakteristisch.
In diesen Sorgen drückt sich ein Merkmal aus, das auch sonst das Verhalten der Kinder kennzeichnet, nämlich starker Perfektionismus bzw. Intoleranz gegenüber Fehlern. Dieser Perfektionismus kann sich sowohl auf schulische Arbeiten als auch auf sportliche Leistungen, andere Interessengebiete oder das Verhalten und Erscheinungsbild bei sozialen Aktivitäten beziehen. Die Kinder tendieren dazu, sich in der Schule möglichst wie ihre MitschülerInnen zu verhalten und auch zu Hause brav zu sein, da sie sehr auf die Zustimmung von Erwachsenen angewiesen sind. Zudem fühlen sie sich in der Gegenwart von Erwachsenen wohler als unter Gleichaltrigen. Dort kommen sie oft nicht gut zurecht und sind entweder Außenseiter oder finden wenig Beachtung. Entsprechend wirken sie in ihrer Ausdrucksweise oft eher altklug und wenig kindlich.
Ein weiteres Merkmal sind häufige Klagen über körperliche Beschwerden, die von Bauchschmerzen über Kopfweh bis hin zu anderen kleineren Beschwerden reichen und für die bei ärztlicher Untersuchung kein Grund gefunden wird. Trotz der vielen Klagen ist die messbare emotionale bzw. vegetative Erregung relativ gering (Rapee, 2001).
Die Betroffenen überschätzen die Wahrscheinlichkeit, dass die Gefahren, die sie befürchten, tatsächlich eintreffen, und sie unterschätzen ihre eigenen Möglichkeiten, darauf Einfluss zu nehmen und die Situation zu kontrollieren. Dies bedeutet zudem, dass die Wahrnehmung von Signalen, die Sicherheit anzeigen, bei ihnen reduziert ist.
Die Kinder sind selbstunsicher und fühlen sich unwohl, wenn sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Sie brauchen deshalb viel Ermunterung von außen und wenden sich häufig an die Eltern und andere Erwachsene, um sich zu versichern, dass alles in Ordnung ist.