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Rückkehr zur Normalität

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Die Vergrößerung des Orchesters 1922 stellte einen Kraftakt dar, da die Sparpolitik von Bundeskanzler Ignaz Seipel darauf zielte, durch die Reduzierung von Beamten die Finanzen zu sanieren. Das war die Bedingung für eine Anleihe des Völkerbunds gewesen. Schon bald forderten die drastischen Sparmaßnahmen ihren Tribut: 1925 ließ die Regierung die Alarmglocken läuten, es bedeutete das Ende von Schalks Reformen. Der Saldo zwischen Abgängen und Zugängen wurde negativ: Vakante Stellen wurden nicht nachbesetzt. Die Orchesterbesetzung kehrte zum Status quo ante zurück: 1926 wurden die Sekundgeigen von 18 auf 16 reduziert, die Bratschen von 13 auf 12, die Celli von 12 auf 10, die Kontrabässe von 11 auf 10, die Oboen und Fagotte von 6 auf 5 (die Klarinetten bildeten eine Ausnahme und durften ihre sechste Stelle behalten), die Hörner von 11 auf 9. Selbst die Trompeten, die Mahler auf 6 aufgestockt hatte, fielen auf 5 zurück und blieben es bis zum Zweiten Weltkrieg. Als Karl Prill 1925 ausschied, wurde der vierte, von Schalk eingerichtete, Konzertmeisterposten nicht nachbesetzt, obwohl man die Bewerbung Hugo Kolbergs, Konzertmeister der Oper Frankfurt (und künftiger Berliner Philharmoniker), in Erwägung gezogen und ihm eine Probezeit angeboten hatte. Die Oper hatte somit wieder drei Konzertmeister: Rosé, Stwertka und Mairecker, wobei nur die beiden Letzteren Mitglieder der Philharmoniker waren. Für Rosé war der Moment gekommen, seine Versöhnung mit den Philharmonikern voranzutreiben. In der Saison 1925/26 wurde in den Programmheften als erster Konzertmeister »Arnold Rosé, als Gast« angeführt und zwar vor Stwertka und Mairecker.

Als Schalks Direktionszeit zu Ende ging, war Felix Weingartner nicht mehr Leiter der Abonnementkonzerte. Seine Beziehungen zum Orchester hatten sich zusehends verschlechtert, besonders als er sich von der zweiten Südamerikatournee und vom Ball der Philharmoniker, der 1924 das erste Mal stattgefunden hatte, zugunsten von Strauss ausgeschlossen fühlte. Wie schon 1925, als Schalk als Dirigent der ausgepfiffenen Erstaufführung von Le Sacre du Printemps im Rahmen eines Abonnementkonzerts eingesprungen war, half er auch jetzt den Philharmonikern aus der Verlegenheit und übernahm die kommissarische Leitung. Am 19. November 1927 wurde Wilhelm Furtwängler zum Nachfolger bei den philharmonischen Abonnementkonzerten gewählt.

1928, im letzten Jahr seiner Operndirektion, führte Schalk noch einige wenige, aber wichtige Neubesetzungen durch. Mit dem Klarinettisten Leopold Wlach und dem Hornisten Gottfried von Freiberg holte er zwei herausragende Wiener ins Orchester. Als zweiter Klarinettist engagiert, wurde Wlach einer der berühmtesten Soloklarinettisten des Orchesters. Seine Aufnahme von Mozarts Klarinettenkonzert mit Herbert von Karajan ist ein Beispiel für den Stil, den er bei seinem Lehrer Victor Polatschek gelernt hatte, der wiederum Schüler von Franz Bartolomej war. Gottfried von Freiberg, der mit 20 Jahren als Solohornist ins Orchester kam, war der Sohn eines hohen Beamten des Kaiserreichs, seine Mutter stammte aus der Schubert-Familie. Er hatte bei Karl Stiegler gelernt und mit 17 Jahren das erste Hornkonzert von Richard Strauss gespielt. 1943 sollte er dessen zweites Hornkonzert zur Uraufführung bringen.

Franz Schalk legte die Direktion der Staatsoper nach einer Amtszeit von zehn Jahren im Alter von 66 Jahren am 31. August 1929 nieder, nachdem er 29 Jahre zuvor als Kapellmeister unter Mahler engagiert worden war. Seine Leistungen verdienen es, hervorgehoben zu werden. Auch wenn er als Dirigent nicht zu den größten gehörte, so war er zweifellos ein begabter, kluger Verwaltungsdirektor, der nur aufgrund der damaligen Wirtschaftslage seine geplante Reform von 1922 nicht realisieren konnte, eine Reform, an die alle künftigen anknüpfen sollten, welche dem Orchester seine jetzige Form und Organisation gaben. Als die Direktion während des Zweiten Weltkrieges einen Versuch startete, das Orchester zu vergrößern, berief sie sich auf den Zustand des Orchesters unter Schalk/Strauss 1922. Ein offizielles Schreiben vom 12. Dezember 1940 legt als Ziel 134 Stellen fest: Das war die Spitze, die 1922 von Schalk erreicht worden war. Sie hatte allerdings nur kurze Zeit gehalten: Bei seinem Ausscheiden 1929 war man wieder bei 120 Stellen angelangt, von denen nur 111 besetzt waren.

Die Wiener Philharmoniker

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