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9. KAPITEL 1929–1938. Clemens Krauss

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Als Clemens Krauss (1893–1954) am 1. September 1929 mit 36 Jahren Staatsoperndirektor wurde, war er für das Orchester kein Unbekannter: Der in Wien geborene uneheliche Sohn einer Balletttänzerin und eines Kunstreiters am Hof Kaiser Franz Josephs war zwischen 1922 und 1924 Opernkapellmeister gewesen. Damals schon war sein außerordentliches Können als Dirigent aufgefallen. In der Zwischenzeit hatte er sich als Opernintendant in Frankfurt so bewährt, dass man ihm in seiner Heimatstadt die Verantwortung für die Staatsoper übertrug. Seine Amtszeit dauerte allerdings nicht lange, da er sie im Dezember 1934 bereits beendete.

Vor Krauss’ Amtsantritt hatte Wilhelm Furtwängler wegen seiner Verpflichtungen als Chefdirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters Schalks Nachfolge an der Oper abgelehnt. Im Mai 1930 legte Furtwängler auch die Leitung der Abonnementkonzerte nieder, was in Wien Aufsehen erregte: Wieder einmal hatten die Wiener das Gefühl, dass Berlin die Oberhand gewann. Der Überredungskunst von Vorstand Alexander Wunderer verdankte das Orchester immerhin, dass sich Furtwängler bereiterklärte, das berühmte Nicolai-Konzert zu dirigieren, und zwar ohne Honorar, wie es bei dieser Veranstaltung zugunsten des Pensionsfonds der Philharmoniker üblich war. Das Nicolai-Konzert, das jedes Jahr zu Ehren des Gründers der Philharmoniker stattfand, dirigierte Furtwängler mit wenigen Ausnahmen bis zu seinem Tod.

Für die Leitung der Abonnementkonzerte kam der Orchestervorstand mit mehreren Dirigenten ins Gespräch, ging aber dabei so ungeschickt vor, dass unter anderen Bruno Walter höflich antwortete, er wolle keine Notlösung sein. Daraufhin wandten sich die Musiker an Clemens Krauss: Operndirektion und Leitung der Abonnementkonzerte waren damit wieder in einer Hand. Seit 1911 war dies nicht mehr der Fall gewesen. Um dem jungen, noch wenig bekannten Maestro mehr Glaubwürdigkeit zu verschaffen, sollte er sich in der Anfangszeit die Saison mit Richard Strauss teilen. Strauss war gerne bereit, seinem Freund und Jünger auf diese Weise beizustehen, dirigierte aber schließlich in der ersten Saison nur drei Konzerte und überließ Krauss die volle Verantwortung.

Dieser muss sich in seinem Amt überfordert gefühlt haben: Er dirigierte nicht nur fast jeden Abend in der Oper, sondern auch alle philharmonischen Konzerte. Als Dirigent hatte er zudem den Vergleich mit dem charismatischen Furtwängler zu fürchten, den alle noch in glorreicher Erinnerung hatten. Dazu kam, dass er mit seiner Vorliebe für die Moderne eine ungewöhnlich hohe Zahl von zeitgenössischen Werken aufs Programm setzte: Strawinsky, Prokofiev, Ravel, Honegger, Casella gehörten bei Weitem nicht zum Stammrepertoire des Orchesters … Von den 59 Werken, die Krauss dirigierte, stammten 20 von lebenden Komponisten. Von 30 Komponisten auf dem Programm waren 13 Zeitgenossen. Das war den Musikern wie auch dem Publikum zu viel, und die Besucherzahlen gingen zurück.

Die Wiener Philharmoniker

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