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4.4.3 Empfehlungen für die Unterrichtspraxis

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Um den amtlichen Vorgaben den Weg in die Schulpraxis zu ebnen, hat das Bildungsministerium eine AG aus Persönlichkeiten der Lehrer*innen-Fortbildung, der Schulleitung und der Schulaufsicht mit dem Auftrag installiert,543 eine „Handreichung“544 zu verfassen, um „[…] eine rechtzeitige Einstimmung der Lehrerschaft und eine seriöse Vorbereitung der Prüfungskandidat(innen)en zu ermöglichen und Irritationen zu vermeiden.“545 Die Schrift erscheint acht Monate vor dem ersten Durchgang der kompetenzorientierten Reifeprüfung und soll, ihrem Selbstverständnis nach, als Zusammenschau und Auslegung des SCHUG, der RPVO und der LBVO gelesen werden. Die Autoren*innen stellen fest, dass es dem Gesetzgeber bei der Verordnung der mündlichen Reifeprüfung nicht primär um eine Standardisierung der Leistungsanforderungen gegangen sei, sondern darum, die „[…] Objektivität und Verlässlichkeit der Reifeprüfung zu vermehren und die Vergleichbarkeit mit europäischen Standards zu sichern […].“ Zugleich wird festgehalten, es blieben „trotz aller Standardisierung […] autonome Schwerpunktsetzungen der Schulen und individuelle Prioritäten der Kandidatinnen und Kandidaten“546 gewahrt. Die AG hebt hervor, dass das Hauptziel der Reform eine „[…] deutliche Kompetenzorientierung bei den Aufgabenstellungen und eine Rückwirkung auf den Unterricht“547 gewesen sei. Unter Berufung auf einen Beitrag in „Praxis Politik“ aus dem Jahr 2007,548 wird in einer Punktation zu verdeutlichen versucht, was unter dem Kernelement der kompetenzorientierten Aufgabenstellung, den Anforderungsbereichen (AFB), zu verstehen ist: „Eine Reproduktionsleistung (fachspezifische Sachverhalte wiedergeben und darstellen, Art des Materials bestimmen, Informationen aus Material entnehmen, Fachtermini verwenden, Arbeitstechniken anwenden etc.) und eine Transferleistung (Zusammenhänge erklären, Sachverhalte verknüpfen und einordnen, Materialien analysieren, Sach- und Werturteile unterscheiden) sowie Leistungen im Bereich von Reflexion und Problemlösungen (Sachverhalte und Problem erörtern, Hypothesen entwickeln, eigene Urteilsbildung reflektieren).“549 Und es gibt, mit der Hervorhebung des Aspekts der „Beurteilung der Eigenständigkeit“,550 einen Hinweis darauf, wie die ergründeten Kompetenzen in Noten transferiert werden können. Mit der Klärung der Funktion der AFB und der Empfehlung eines Arrangements in drei Stufen (Reproduktion, Transfer, Reflexion) gelingt den Autoren*innen eine Präzisierung der Ansprüche an eine kompetenzorientierte Aufgabenstellung.551 Zudem tritt erstmals der Begriff „Material“ in Erscheinung und das in einer apodiktischer Weise, sodass der Eindruck entsteht, die AFB I und II seien nur materialbezogen bewältigbar. Dies ist zwar didaktisch wünschenswert, trägt aber den Charakter einer Empfehlung, denn weder SCHUG noch RPVO sprechen davon, dass mit „Material“ gearbeitet werden muss. Das deutsche Zentralabitur sieht die Möglichkeit von Aufgabenstellungen ohne Materialbearbeitung vor und hat auch dafür Empfehlungen vorgelegt.552

Parallel zur Abfassung der Handreichung beauftragte das Ministerium ein Team von Fachdidaktiker*innen aus der Gesellschaft für Geschichtsdidaktik Österreich (GDÖ)553 mit der Ausarbeitung eines fachlichen „Leitfadens“,554 um die Aussagen der Handreichung domänenspezifisch einzuordnen. Der Leitfaden erklärt die Struktur der Aufgabenstellungen, deren Passung zum Geschichtsunterricht, widmet sich der Auslegung der Rolle der Operatoren für die Formulierung von TA, reflektiert in prägnanter Weise den Stand der fachdidaktischen Diskussion und weist auf die geschichtsdidaktischen und inhaltlichen Prinzipien hin, deren Beachtung den Unterricht kompetenzorientiert wendet und er beinhaltet einen Musterthemenpool samt Musteraufgaben. Michael Sörös betont in seiner Einleitung, dass es bei der Reifeprüfung um einen Transfer des Wissens in Können gehe. Da die Aufgaben nicht zentral erstellt würden, sei deren Gestaltung durch Lehrer*innen besondere Bedeutung zuzumessen. Die Aufgabenersteller hätten die AFB zu berücksichtigen, den zielgerichteten Einsatz von Operatoren und die Kongruenz von Thema und Aufgabe. Außerdem müsse jeder Aufgabe eine Quelle oder Darstellung zur Bearbeitung, die „[…] nicht nur illustrativen Charakter hat, sondern deutlich in die Aufgabenstellung einbezogen wird“555, beigegeben werden. Damit präzisiert der Leitfaden die Empfehlung vom verpflichtenden Materialeinsatz aus der Handreichung. Das Autor*innen-Team gibt sich optimistisch, dass die die Umorientierung im Unterricht von der „reinen Wissensvermittlung“ hin zu „Tools“,556 deren analytische und lebenspraktische Anwendung es jungen Menschen ermöglichen sollte, historische und politische Themen zu verstehen, gelingt, sofern den Empfehlungen Folge geleistet wird.

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