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6.2 Stufungsproblem: AFB, Kompetenzen, Leistungsbeurteilung

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Ein weiteres Passungsproblem betrifft die Graduierung der erhobenen Fähigkeiten und Fertigkeiten und deren Überführung in das Notensystem. Die Annahme, dass in einem kompetenzorientierten Prüfungswesen die Stufenskala der Leistungsbeurteilung mit den Graduierungsvorstellungen der Kompetenzentwicklung kongruiert, trifft im Untersuchungszeitraum auf Österreich nicht zu. Es gibt keine offizielle Richtlinie, die entsprechende Vorgaben formuliert. Die Beurteilung und deren Kriterien liegen im Ermessen von P.621 Um trotzdem die von der Bildungspolitik gewünschte Vergleichbarkeit der Kandidat*innen-Leistungen im europäischen Kontext einzuleiten622 und zwischen der Kompetenzeruierung und der Benotung eine Brücke zu bauen, rät die Fachdidaktik dazu, den Aspekt der Eigenständigkeit der Leistung, der die Notendefinition dominiert,623 als tragende Säule der Bewertung anzusehen.624 Autonome Leistungen der Kandidat*innen bedürfen spezieller Fragetechniken. Sollen Denkoperationen in Gang gesetzt werden, empfiehlt die Psychometrie den Einsatz handlungsanleitender Verben. Kühberger und Öhl schlagen daher für die Reifeprüfung einen bewusst knapp gehaltenen Katalog von Operatoren vor, der die Verben den AFB direkt zuordnet, sodass die Aufgabenersteller*innen zu deren zielgerichteter Verwendung angeleitet werden.625 Diese Serie umfasst fünf Operatoren für den AFB I (in Deutschland: 9), fünf für den AFB II (in Deutschland: 11) und sechs für den AFB III (in Deutschland: 9). Eine weitere Serie sammelt 34 Operatoren, die auf alle AFB anwendbar sind und als Varianten geführt werden.626 Das deutsche Zentralabitur sieht im AFB eine Leistungs-Stufe. Reproduktion allein (AFB I) genügt nicht für eine positive Prüfungsbeurteilung, es müssen alle Stufen erklommen werden. Gute und ausgezeichnete Leistungen definieren sich aus der passablen Bewältigung von Operationen in den AFB II und III. Daraus folgt, dass Reproduktion einen geringeren Anteil an der Bewertung aufweist als Analyse und Reflexion.627 Im Gegensatz dazu lässt die RPVO keine Gewichtung erkennen. Die Reproduktion steht auf der gleichen Stufe mit z. B. der Urteilsbildung. Daher raten Kühberger und Öhl dazu, „[…] eine Leistungssteigerung in den Aufgaben mittels Operatoren zu gestalten“.628 Dem leitenden Prüfungsorgan bleibt es jedoch überlassen, ob es dem Rat der Fachdidaktik folgt und seinen Beurteilungsvorschlag am Grad der Eigenständigkeit der Lösung der TA misst oder ob es andere Parameter zur Urteilsfindung629 heranzieht. Damit ist die These zu formulieren, dass mit dem Reifeprüfungsdesign eine adäquate Messung der Kompetenzbereiche, die im Unterricht erworben und entwickelt werden sollen, nicht sichergestellt ist.

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