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Loslassen

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Mittwochmorgen, der 1. Juni 2011. Jetzt ist es so weit! Heute verlasse ich mein Haus und meine Arbeit. Ich stehe mit einem mulmigen Gefühl im Bauch auf. Das Erste, was mir ins Auge fällt, ist der gepackte Rucksack im Gang, die imprägnierten Schuhe, die Kleider, die mich jetzt viele Tage anziehen. Meine Schränke sind leer, das Badezimmer ist geputzt, den Blumen habe ich Wasser gegeben, schnell noch den Balkon schön gemacht und mit dem Staublappen überall drübergefahren. Alles ist bereit für die Untermieterin, die sieben Monate lang meine vier Wände bewohnt.

Bald kommen zwei Journalistinnen der beiden Ortszeitungen. Sie wollen ein Bild der Abreise, versprechen hie und da etwas zu schreiben. Ich stelle mich in Pose, binde die Schuhe und winke in die Kamera. Ein letzter Umtrunk im Haus mit meinen Arbeitskollegen ist organisiert. Uff, meine Beine sind ganz weich, denn das Abschiedsgeschenk meines Teams berührt mich sehr. Sie schenken mir ein Assisikreuz und das Versprechen: Wir werden jeden Tag für dich beten. Viele haben mir etwas zugesteckt: einen Schutzengel, einen Glückskäfer, einen besonderen Bonbon, einen Segen, ein Medaillon, ein Einrappenstück, ein Heiligenbildchen, ein Stück vom eigenen Glück, ein Foto und vieles mehr. Ganz zum Schluss bekomme ich noch ein wirklich leichtes Mitbringsel: eine Zeichnung direkt aufs Bein mit einem Segensspruch. Und dann ist es wirklich Zeit zu gehen. Es steigen Tränen der Angst und der Freude in mir hoch – ich gehe. Weiß noch nicht, dass sich am nächsten Tag beim Abschiedsgottesdienst im Lassalle-Haus die Tränen wieder Raum suchen und ich sie nicht werde zurückhalten können. Ja, es ist ein Abschiednehmen in Etappen, zuerst bei der Arbeit, zu Hause, dann in der Familie, von Freunden und Freundinnen und zwei Tage später noch von meinem Partner. Mein Herz ist wund und frei. Ich bin bereit. Die Tränen befeuchten den Acker der Sehnsucht und des Vertrauens. (er)

Vier Pilger - ein Ziel

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