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Familienbande

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Sie spielen und ziehen, sie engen ein und geben Halt, die Familienbande. Sie sind ein Geflecht, das mich durch mein Leben trägt. Ja, das sind sie wirklich. Während des Pilgerns ist mir das immer wieder bewusst geworden, ich bin Tochter und Schwester und Erstgeborene. Immer war ich mehr oder weniger konform, tat, was man tut als Älteste. Jetzt aber breche ich aus, gehe weg, tue etwas Eigenes – und ich werde gelassen, mit Segen und Liebe. Die Familie Rüthemann ist sich vertraut, wir wissen voneinander, treffen uns regelmäßig und sind gesprächig. Aber noch nie habe ich mit meiner Familie so nahe, ehrliche, berührende Mails ausgetauscht wie während der Pilgerschaft. Wir nehmen uns wirklich Zeit, einander vom jeweiligen Leben zu erzählen, werfen Fragen auf, lassen Anteil nehmen, reden von früher und brauchen Rat. Immer erleben wir das sichere Aufscheinen der Liebe zwischen uns. So erinnere ich mich zum Beispiel ganz genau an den Ort, wo wir gerade waren, an die Menschen, die am gleichen Tisch saßen, an das Getränk vor mir, als eine so wunderbar berührende Mail meiner Schwester ankam.

Eine besonders große Überraschung erlebe ich in Istanbul. Auf meinem Nateldisplay erscheint die Nachricht meines Bruders: Was machst du heute Abend? Ich antworte, erzähle dies und das. Plötzlich lese ich mit großen Augen: Lust auf ein Glas Wein? Ich bin in zwei Stunden bei dir! Was?! Kilian besucht mich mitten auf dem Weg nach Jerusalem. Und mitten auf dem Weg werde ich hineingenommen in die tragenden Familienbande. Wie schön, für ein paar Stunden einfach Schwester zu sein, an gemeinsame Jahre anzuknüpfen, zu erkennen, wir sind beide „groß“ geworden, stehen auf demselben Boden, mit derselben Erziehung. Wir können kritisch zurückschauen, brauchen keine Angst zu haben vor Verlust, sehen, wie wir trotz der Unterschiedlichkeit in unseren Berufen mit Ähnlichem herausgefordert sind.

Für meine Eltern gehört mehrmals täglich der Klick auf den Blog zum Alltag. Sie leiden mit, freuen sich, beten intensiv für uns, interessieren sich, nehmen Anteil und ich weiß jetzt schon, sie werden es vermissen, dass sie später nicht mehr so viel von meinem Leben mitbekommen wie beim Unterwegs-Sein. Aber sie wissen vielleicht mehr denn je, wer ich bin, was für eine Tochter sie haben – wunderbar! (er)

Vier Pilger - ein Ziel

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