Читать книгу Yasemins Kiosk - Eine bunte Tüte voller Lügen - Christiane Antons - Страница 12
6
ОглавлениеSie betrachtete das Miststück von der Seite. Schaute die eigentlich nicht in den Spiegel, bevor sie das Haus verließ? Es war ihr fast peinlich, mit ihr gesehen zu werden, aber sie wollte in dieser Nullachtfünfzehn-Stadt ja nicht ihr restliches Leben verbringen. Sie hatte Besseres verdient.
Der Film war gut gewesen, den hatte sie ja auch ausgewählt. Anschließend waren sie durch den Ravensberger Park in eine nahe gelegene Kneipe spaziert. Seitdem plapperte das Miststück ihr einen Keks an die Backe. Sie erzählte von ihrer Arbeit und diesem einen boshaften Kollegen, der ihr das Leben schwer machte. Von ihrer Mutter, um die sie sich gerne mehr kümmern würde. Und über den Schmerz, der einen ereilt, wenn ein Mensch immer weniger wird, den man liebt. Sie hörte nicht wirklich hin. Zwischendurch zu nicken und freundlich zu gucken, war völlig ausreichend.
Als sich das Miststück nach ihrer zweiten Weißweinschorle auf die Toilette verabschiedete, streute sie ihr das Mittel ins Getränk. Sie hatte extra einen Platz in einer Nische gewählt, niemand schenkte ihr Beachtung. Sie hatte gründlich recherchiert und hoffte, dass die Dosis des Antihistaminikums stimmte. Das Miststück sollte einschlafen und nicht sterben. Wo blieb denn sonst das Vergnügen?
Es dauerte ein bisschen, dann verlor ihr Gegenüber häufiger den Faden beim Erzählen und ihr Wimpernschlag wurde langsamer. »Mir ist irgendwie … komisch«, lallte sie schließlich.
Mit beruhigender Stimme und besorgtem Blick bot sie dem kleinen Miststück deshalb an, sie sicherheitshalber nach Hause zu fahren. Ein dankbares Nicken war die Antwort.
Sie zahlte und stützte die Frau, als sie die Kneipe verließen. In ihrem Wagen verlor ihre Zielperson das Bewusstsein, besser hätte das Timing nicht sein können.
Sie konnte kaum fassen, wie gut bislang alles funktioniert hatte und wie einfach es gewesen war. Um nicht zu euphorisch zu werden und deshalb womöglich einen Fehler zu begehen, stellte sie sich eine schwierige Rechenaufgabe und beschäftigte sich damit, während sie durch die beleuchteten Straßen ihrem Ziel entgegenfuhr.