Читать книгу Yasemins Kiosk - Eine bunte Tüte voller Lügen - Christiane Antons - Страница 8
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ОглавлениеSie rieb sich ihre schmerzenden Waden mit Franzbranntwein ein. Sie hatte zu viel trainiert und zu schwer gehoben. Aber was sein musste, musste sein. Sechs Wochen lang hatte sie die Tagesabläufe dieser Frau studiert, nun stand sie kurz vor ihrem ersten Etappenziel. Jeden Morgen gegen halb acht verließ das miese kleine Stück ihre Wohnung und fuhr mit der Stadtbahn zu ihrer Arbeitsstelle. Zwischen siebzehn Uhr dreißig und achtzehn Uhr machte sie Feierabend. Jeden Dienstag und Donnerstag besuchte sie das Fitnessstudio. Freunde schien sie nur wenige oder keine zu haben. In der ganzen Zeit hatte sie sich mit niemandem getroffen. Zweimal hatte sie ihre Mutter im Pflegeheim besucht. Einmal hatte sie den Donnerstagstermin im Fitnessstudio geschwänzt und stattdessen allein den Abendmarkt auf dem Klosterplatz besucht.
In der dritten Woche hatte sie also eine Probemitgliedschaft abgeschlossen und dieselben Kurse wie ihre Zielperson besucht, Spinning und Body Pump. Anschließend war sie dem Miststück in die Sauna gefolgt und hatte beim zweiten Treffen, als sie günstigerweise allein schwitzten, mit ihr ein Gespräch angefangen. Menschen zu umgarnen, Interesse zu heucheln, das waren ihre Stärken.
Schließlich hatte sie sich mit einem gefakten Profil auf Facebook und Instagram mit dem Miststück angefreundet. Deren Fotos sprachen Bände. Null Farbgefühl, schreckliche Klamotten. Für die war Stil nur das Ende eines Besens. Folgerichtig reagierte kaum jemand auf ihre Postings. Hier ein Daumen hoch, dort ein Wow, nie ein Herz. Die wenigen sozialen Kontakte spielten ihr in die Hände. So hatte das Miststück beim neuerlichen Treffen im Fitnessstudio sofort zugestimmt, als sie sie gefragt hatte, ob sie nach dem nächsten Work-out nicht Lust hätte, etwas mit ihr zu unternehmen.
»Ich war schon so lange nicht mehr im Kino«, hatte sie gesagt. Also hatten sie beschlossen, sich einen Film anzuschauen und anschließend etwas trinken zu gehen. Wie es aussah, gierte ihre Zielperson nach Kontakten, die sie von ihrem Loser-Leben ablenkten.
Ihr blieben noch drei Tage Zeit. Bis dahin würde sie alles vorbereitet haben.