Читать книгу Yasemins Kiosk - Eine bunte Tüte voller Lügen - Christiane Antons - Страница 13
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ОглавлениеYasemins Kiosk war nicht einfach eine Anlaufstelle, an der man Weingummi, Zigaretten, Kaffee, Zeitschriften oder Bier erhielt. Ihr Kiosk war ein Ort mit Herz, zu dem die Menschen kamen, weil sie bei einem Kaffee einen kurzen Schnack am Tresen halten wollten oder weil die junge Kioskbesitzerin ihnen im Hinterzimmer gegen Bares auf die Hand die Haare schnitt.
Yasemin gab auf ihre Kunden acht. Für Erika aus der Nachbarschaft hatte sie immer Wollknäuel im Sortiment, damit die über Achtzigjährige dafür nicht bis in die Innenstadt fahren musste. Für Witwer Heinz hielt sie stets eine Packung Weinbrandpralinen parat, die sonst niemand kaufte.
Nina schlenderte an der roten Bank, auf der Gönn dir eine Pause geschrieben stand, vorbei und betrat den Kiosk. Sie lächelte zufrieden, denn hinter dem Tresen hielten Doro und Yasemin ihre Köpfe über Papiere. Die kleine Ela saß neben ihnen in einem Pappkarton, nahm ein altes Telefonbuch auseinander und brabbelte dabei lautstark vor sich hin.
»Ist das schön, dass du wieder in deinem Kiosk stehst, Yasemin! Und gut zu wissen, dass du noch andere Kleidungsstücke als Jogginganzüge besitzt.«
Ihre Freundin streckte ihr als Antwort die Zunge heraus. »Sen kendin işine bak! Das sagt die, der ich ’nen Lippenstift kaufen musste, weil sie mit Ende vierzig keinen eigenen besessen hat.«
»Ey! Mitte dreißig!«
Yasemin machte eine wegwerfende Handbewegung. »Egal. Ab dreißig geht’s eh bergab.«
»Na, dann sieh mal zu, dass du die nächsten sieben Jahre noch in vollen Zügen genießt, ich glaube aber nicht, dass du …«
»Ihr Lieben, gerade benehmt ihr euch beide nicht erwachsener als Ela«, unterbrach Doro mit erhobener Hand den Schlagabtausch. »Yasemin, ich würde dir gerne noch kurz die letzten Bestellungen zeigen, die ich in Auftrag gegeben habe. Dann bist du wieder auf dem Laufenden und ich kann mich ein paar Stündchen an meinen Schreibtisch setzen.«
»Sorry, lasst euch nicht stören.« Nina goss sich hinter der Theke eine Tasse Kaffee ein, schnappte sich einen Schokoriegel und setzte sich draußen auf die Bank. Sie schloss die Augen, um die Strahlen der Herbstsonne auf ihrem Gesicht zu genießen, da hörte sie eilige Schritte näher kommen.
Erika steuerte zielstrebig auf den Kiosk zu. »Nina, wunderbar, dass ich auch dich antreffe. Ist Dorothee im Kiosk?«
»Ja, Yasemin und sie sind mit Papierkram beschäftigt.«
»Umso besser, dann habe ich euch alle drei zusammen. Die Papiere werden warten müssen. Komm!«
Entschlossenen Schrittes ging die alte Dame die Stufen so zügig hoch, dass sie schneller die Tür erreichte als Nina, die sie ihr eigentlich hatte aufhalten wollen.
»Ist alles in Ordnung, du wirkst etwas …«
»Nichts ist in Ordnung, aber ich baue auf euch.« Der Satz ließ Yasemin und Doro umgehend hochschauen.
»Erika, was ist los? Wie können wir dir helfen?«
»Yasemin, Schätzchen, mein Neffe Pascal steckt in riesigem Schlamassel und benötigt dringend eure Hilfe.« Erika atmete tief durch und hielt sich am Tresen fest.
Doro schob ihr einen Stuhl hin und Erika setzte sich dankbar. »Nina, tu mir einen Gefallen und dreh das Schild an der Tür für einen Moment auf Zu. Das, was ich euch jetzt zu erzählen habe, muss sonst niemand hören.«