Читать книгу Systemische Therapie - Christina Hunger-Schoppe - Страница 7

Geleitwort

Оглавление

Wie jedes Buch, so spiegelt auch dieses die historische Konstellation seines Entstehungszeitpunkts wider. Die Systemische Therapie blickt im Jahr 2021 auf zwei im Rückblick unterscheidbare Entwicklungsphasen zurück. Die erste lässt sich beschreiben als eine ca. 30-jährige Pionierphase bis etwa 1990. Wichtig war ihr die Abweichung vom damaligen psychotherapeutischen Mainstream. Ihr Ergebnis waren sehr vielfältige Innovationen in System- und Erkenntnistheorie, therapeutischer Haltung, Gesprächsführung und Interventions-Methodik. An deren Ende schrieben Arist von Schlippe und ich die erste Version (1996) unseres Lehrbuchs, um all diese bis dahin verstreuten Innovationen zusammenzuführen. Ab da begann eine weitere, bis heute ebenfalls etwa 30 Jahre dauernde Durchsetzungs- und Verankerungsphase. In den Fokus rückten nun die Qualität systemtherapeutischer Weiterbildungen, die empirische Demonstration der Wirksamkeit Systemischer Therapie und das verbands- und berufspolitische Ringen um ihre langfristige, auch institutionelle Verankerung vor allem in der Jugendhilfe und in der Psychotherapie. Die Jahre 2018 bis 2020 markieren (in Deutschland) ihre endgültige Etablierung im Kreis der »mit Brief und Siegel« sozialrechtlich anerkannten und zu finanzierenden Psychotherapieverfahren im Gesundheitswesen. Zu diesem Zeitpunkt schreibt Christina Hunger-Schoppe nun dieses Buch, das wiederum viele Entwicklungen kompakt zusammenführt.

Was der Systemischen Therapie bevorsteht, ist naturgemäß ungewiss. Ganz aktuell ist es der Aufbau neuer Approbationsaus- und (künftig) -weiterbildungen. Als Herausforderung stellt sich dabei, den unglaublichen Mehrwert der bislang berufsgruppenübergreifenden Weiterbildungen mit diesen leider rein berufsständisch zu organisierenden Lehrgängen irgendwie zu verknüpfen. Möglicherweise werden sich nun (allmählich) universitäre Forschung und Lehre in Systemischer Therapie und Beratung intensivieren. Beide sind an den Hochschulen für Angewandte Forschung bereits weiter fortgeschritten. Vorhersagbar scheint mir, dass der Dialog zwischen psychotherapeutischen Schulen »auf Augenhöhe« sich weiter intensivieren wird. Dazu müssen m. E. die humanistischen Therapien als »Vierte im Bunde« noch hinzugeladen werden, nicht nur deren Bestandteile »ausgeschlachtet« werden. Insbesondere hoffe ich, dass auch die zahlreichen wertvollen Beiträge der Systemischen Therapie aus ihrer Frühphase – besonders zu den Mehrpersonensettings der Paar- und Familientherapie und zur Erkenntnistheorie – mitgenutzt werden für die allmähliche Entwicklung einer integrativen Psychotherapie auf systemtheoretischer Grundlage. Der Weg dahin scheint mir noch weit.

Christina Hunger-Schoppe ist eine dynamische, kluge, hellwache Kollegin der »Generation X«. Ich hatte das Glück, zehn Jahre lang mit ihr zusammenzuarbeiten. Sie hat das Feld der Systemischen Therapie in vielen eigenen Zugängen erforscht, sich deren Errungenschaften gedanklich und in ihrer persönlichen Haltung intensiv angeeignet und vermag nun in sehr kompakter Weise dieses Feld synoptisch darzustellen. Ihre vielen eigenen Zugänge und Fähigkeiten spiegeln sich in diesem Buch wider. Als Forscherin hat sie in kontrollierten Studien zu Systemaufstellungen und zur Systemischen Therapie sozialer Ängste deren Wirksamkeit erforscht. Als Entwicklerin von Diagnostica hat sie mit dem Fragebogen zum Erleben in Sozialen System (EXIS), der Burden Assessment Scale (BAS) und der Sozialen Netzwerkdiagnostik (SozNet) Neues geschaffen. Als Therapeutin hat sie sich parallel in Systemischer Therapie und in kognitiver Verhaltenstherapie ausgebildet und auch die Entwicklung in anderen Psychotherapieverfahren sorgsam verfolgt. Ihre Weiterbildungspraxis am Wieslocher Institut für Systemische Lösungen und ihre dortige Zusammenarbeit mit genialen Praktizierenden wie Diana Drexler und Andreas Kannicht sind in diesem Buch vielerorts spürbar. Auch die Überblicke, die sie sich im Herausgebergremium der »Familiendynamik« gemeinsam mit Hans Rudi Fischer, Ulrike Borst und Arist von Schlippe, im Vorstand der Systemischen Gesellschaft und im Wissenschaftlichen Beitrat Psychotherapie fortlaufend über viele aktuelle Facetten der Entwicklung der Systemischen Therapie verschafft, tragen zur hohen Informations-Sättigung dieses Buches bei.

Der Autorin gelingt es, in beeindruckender Vollständigkeit die wichtigsten Wissensbestände der Systemischen Therapie aus den beschriebenen ca. 60 Jahren sehr kompakt und gut verständlich zusammenzufassen und diese Synopsis zugleich mit ihren persönlichen Beiträgen einschließlich einer eigenen Kasuistik anzureichern. Das Buch ist gut lesbar, sogfältig ausgewählte »Leitgedanken« und kursive Textteile ermöglichen auch den schnellen Durchgang durch den Text. Ich glaube es wird insbesondere »Neulingen« in der Systemischen Therapie eine prima Übersichtslandkarte anbieten.

Jochen Schweitzer, Herbst 2020

Systemische Therapie

Подняться наверх