Читать книгу Der Herzensdieb 3 - Christina Schwarzfischer - Страница 13

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Kapitel 11

Am nächsten Morgen war Johannes dann spurlos verschwunden, also suchten wir nach ihm. – Alle, ohne Ausnahme. Warum alle? – Jetzt wo er nach draußen gegangen war, kannte er die Lage unseres Geheimverstecks! Außerdem hatte er dazu Hannas Schlüsselbund benutzt und dieser war bis jetzt nicht mehr aufgetaucht! Man stelle sich nur mal vor, er würde erneut gefangen genommen werden und man fände den Schlüsselbund bei ihm! Sicherlich würde man ihn daraufhin ausquetschen, wo man die Schlüssel einsetzen könnte! Er würde also nicht nur unser Geheimversteck verraten, sondern auch die gesamte Diebesgilde im Gefahr bringen und das wollte keiner zulassen!

Da auf den Straßen kein Gewühl herrschte, so wie damals, als er gefangen genommen wurde, nahm ich an, dass er noch auf freiem Fuß war und hatte darum meine Suche nach ihm im Wald begonnen. Doch dort fand ich ihn auch in seiner Höhle nicht. Also ging ich, natürlich rein zufällig, beim Schmied am anderen Ende der Stadt vorbei. Der Schmied arbeitete jedoch in seinem Laden. Ich sah am Marktplatz nach und an allen anderen öffentlichen Plätzen in der Stadt, die für Attraktionen geeignet wären. Fehlanzeige. Johannes schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Dann kam mir noch ein letzter Gedanke.

Im Schlossverlies fragte ich nach einem gewissen Monster. Und tatsächlich wurde mir dort vom Gefängniswärter mitgeteilt, dass Hauptmann Darius es heute gefangen hatte. Also verlangte ich Darius, Feodor und Skyla zu sprechen. Als alle drei hier waren und ich ihnen den Grund meines Kommens erklärte, stellte sich heraus, dass weder Prinz, noch Prinzessin etwas von Darius’ heimlicher Gefangennahme wussten. Also musste Johannes wieder freigelassen werden. Erneut ordnete mir Dietrich an, ihn in Sicherheit zu bringen.

Als das königliche Paar weg war, schwor mir Darius noch in Johannes’ Gegenwart wütend: „Sollte ich erneut auf dieses Monster treffen, werde ich ihm und allen, die mich davon abhalten wollen, an Ort und Stelle mit meinem Schwert den Kopf abschlagen!“

„Da hast du’s gehört!“, schimpfte ich auf dem Heimweg mit Johannes. „Mit dir komme ich nur in Schwierigkeiten... Das nächste Mal kann ich dir vielleicht nicht mehr helfen!“

„Es tut mir wirklich leid“, entschuldigte sich Johannes bei mir. „Danke, dass du mir trotzdem geholfen hast. Du bist echt außergewöhnlich.“

„Ja, außergewöhnlich blöd...“, murmelte ich vor mich hin.

Johannes sah betrübt zu Boden. „So hatte ich das nicht gemeint.“

„Warum bist du eigentlich weggelaufen?“, interessierte es mich.

„Ich habe einen Teil von eurem Streit, gestern im Konferenzsaal, aufgeschnappt. Ich wusste es die ganze Zeit über, dass es darin um mich ging. Aber gestern erfuhr ich, dass sich wegen diesem Streit eure Gilde zweiteilt. Ich wollte dir nun wirklich keine Schwierigkeiten machen. Darum bin ich nachts weggelaufen, um das Problem zu lösen“, schilderte er.

„Aber es ist nicht gelöst! - Ganz im Gegenteil, es hat sich dadurch noch verschlimmert!“, machte ich ihm klar. „Ich könnte es einfach nicht verantworten, wenn sie dich umbringen würden. Und jetzt, wo du die Lage unseres Verstecks kennst, wirst du uns dein Leben lang nicht mehr los – und das wird nicht nur für dich belastend werden. Obwohl... langsam frage ich mich, ob es überhaupt möglich ist, dich je wieder los zu werden, auch wenn du unser Versteck nicht kennen würdest...“ Ich wusste, es war gemein, was ich jetzt sagte, aber das spielte im Moment keine Rolle mehr für mich. Ich ärgerte mich ganz einfach und wollte, dass er es auch sieht! Nach einer Weile, in der wir nur schweigend nebeneinander her gingen, fiel mir wieder ein: „Ach ja, hast du die Schlüssel von Hanna noch? Die braucht sie nämlich wieder.“ Also reichte er sie mir. „Hat jemand die Schlüssel bei dir entdeckt? - Hast du jemandem womöglich sogar gesagt, wo sich die passenden Türen dazu befinden und wer sich dort versteckt?!“

Johannes fühlte sich beinahe beleidigt von meiner Frage. „Nein, wofür hältst du mich?“

Zurück im Geheimversteck, gab ich Hanna ihren Schlüsselbund wieder. Johannes wurden von den anderen Dieben noch viele Vorwürfe gemacht, die diesmal sogar gerechtfertigt waren, wie ich fand und er musste sich abermals entschuldigen. Als dies jedoch kein Ende mehr nehmen wollte, schritt mein Vater ein: „Das reicht. Oder wollt ihr, dass er nochmal wegläuft?“ - Und Ruhe war.

Dann erzählte ich Johannes von unserem Entschluss der letzten Besprechung, in Bezug auf ihn. Doch ein Großteil der Diebe, die ihn zuerst von hier weghaben wollten, war jetzt aber nicht mehr dafür, da sich durch seine Kenntnis über die Lage unseres Geheimverstecks alles änderte. Wieder einmal wurde Johannes in den Schlafsaal gebeten und im Konferenzsaal startete eine Diskussion. Rainer schlug mitunter vor, Johannes in das Gefängnis in unserem Geheimversteck zu sperren, um zu verhindern, dass er noch einmal weglaufen und uns dann womöglich sogar verraten könnte. Janina, Xenia, Leon, Zora und Peter waren ebenfalls dafür, doch ich glaubte nicht, dass er uns verraten würde. - Oder etwa doch, nachdem wir so gemein zu ihm waren?

„Ich meine, in gewisser Weise ist das ja auch ein Kompromiss:“, erklärte mir Peter, „Johannes darf hier bleiben und ist vor allen Menschen, die ihn gern tot sehen würden, in Sicherheit - und er stört uns nicht mehr!“

„Ja, das ist wahr, aber dazu müssten wir ihn einsperren...“, bedachte ich.

„Ist er denn hier unten nicht sowieso schon eingesperrt?“, fragte Melissa. „Und damals im Wald war er es doch in gewisser Maßen auch. Er konnte ihn aus Sicherheitsgründen nicht verlassen.“

„Wir würden ihn also nur schützen. – Vor der Menschheit und vor sich selbst, einen Fehler zu begehen und erneut das Versteck zu verlassen. Außerdem wäre so auch unsere weitere Existenz gesichert, da er nicht mal die Chance dazu hätte, uns zu verraten“, stellte mir Janina den Plan genauer vor.

Eigentlich hatten sie alle ja irgendwie Recht... Jeder war gewisser Maßen damit einverstanden und so wurde gebittet und gebettelt, bis ich nicht mehr Nein sagen konnte. „Aber wie kriegen wir ihn ins Verlies rein? Ich nehme mal an, er wird nicht freiwillig da rein gehen. Und ich will auch nicht, dass Gewalt angewendet wird“, machte ich ihnen deutlich.

„Du musst das machen, Leander! Bitte, dir vertraut er“, bettelte Peter.

„Nein, nein, das könnt ihr mal schön selber machen! Ich habs schon erlaubt. Euer Plan - eure Aufgabe!“, stellte ich klar. Außerdem wollte ich so kurz vor meinem Tod keine unnötigen Sünden mehr begehen.

„Ach komm schon, Leander! Du bist der Einzige, der zu ihm durchdringt“, bat mich Janina.

„Was ist mit Hanna?“, interessierte es mich.

„Ich möchte das nicht machen“, winselte sie. „Es ist doch irgendwie eine Art Freundschaft zwischen Johannes und mir entstanden.“

„Ich bin doch auch irgendwie mit Johannes befreundet. Aber von mir wird es trotzdem verlangt“, argumentierte ich.

„Es reicht! Ich mache es“, entschloss sich Raven. „Mir vertraut Johannes auch.“

„Raven, bist du dir wirklich sicher, dass du das machen willst?“, fragte ich sie, worauf sie mir Alexa in die Hände gab und antwortete: „Ganz sicher! Gib mir die Schlüssel zum Verlies.“ Ich überreichte ihr also meinen Schlüsselbund. Dann marschierte sie mutig Richtung Schlafsaal und öffnete die Tür. Wir waren ihr gefolgt. „Johannes, komm doch mal bitte. Wir haben uns entschlossen, was aus dir werden soll. - Ach ja und nimm all deine Sachen mit, auch Kissen und Bettdecke“, sprach sie mit einem Blick, so ernst wie bei unserem ersten Aufeinandertreffen. Johannes stand von seinem Bett auf, packte all sein Zeug, was nicht viel war und kam heraus in den Flur. Wir alle sahen gespannt zu, wie Raven die Tür zum Verlies öffnete und eine Zelle aufschloss. „Ab jetzt wirst du hier drinnen wohnen. Es tut uns leid, aber du musst verstehen, es ist zu gefährlich, dich weiterhin frei rumlaufen zu lassen. Es war ohnehin schon riskant genug, dich hierher zu bringen. Aber jetzt, wo du auch noch die Lage unseres Verstecks kennst und bereits einmal abgehauen bist, können wir das aus Sicherheitsgründen für unsere weitere Existenz nicht länger dulden.“

„Aber das könnt ihr doch nicht machen! Bedenkt doch, damit wärt ihr kein Stück besser als die anderen Menschen!“, argumentierte Johannes dagegen. „Ich sagte doch schon, es tut mir leid und ich habe mich auch dutzende Male bei euch entschuldigt. Ich werde bestimmt nicht mehr weglaufen - und verraten werde ich euch schon gar nicht!“

„Das wissen wir aber nicht sicher. Wir haben nur dein Wort und das reicht nicht. Du hast unsere Existenz bereits beinahe gefährdet, als du so unachtsam das Gebäude verlassen hast. Jemand hätte dich dabei sehen können und das wollen wir nicht nochmal riskieren! Außerdem wirst du es nicht schlecht bei uns haben. Du wirst alles bekommen, was du brauchst. Also leiste jetzt keinen Widerstand. Wir wollen dir nicht weh tun müssen“, warnte ihn Raven. Fast wäre sie mir unheimlich geworden. So hatte ich sie noch nie erlebt.

„Leander, sag du doch bitte auch mal was!“, bat mich Johannes.

„Wir haben uns einstimmig dafür entschieden“, antwortete ich ihm nur. Wohl oder Übel, Johannes musste nachgeben. Er betrat zögernd seine Zelle und legte seine Sachen auf seinem neuen Bett ab. Raven schloss die Tür und sperrte mit meinem Schlüssel zu. Gejubel herrschte, nur Hanna, Raven und ich schwiegen.

Als alle, bis auf Raven, den Zellenblock verlassen hatten, blieb ich mit Alexa gleich vor der Tür stehen. Raven wollte gerade gehen, da sprach sie Johannes plötzlich an. „Warum hast du das getan, Raven? Warum gerade du? Ich habe es damals doch gut mit dir gemeint, habe für dich Kamille und Pfefferminze besorgt...“, redete er ihr ins Gewissen.

Raven seufzte. „Es tut mir ja leid, aber hätte ich es nicht gemacht, hätte es ein anderer getan. Man hätte es von Leander verlangt oder von Hanna...“ Ihre Stimme wurde immer zittriger. Sie redete nicht weiter, sondern ging, wobei sie zu Boden sah. Kaum hatte sie die Tür zum Verlies hinter sich geschlossen, rollte ihr eine Träne aus den Augen. „Ich habe das nicht gewollt! Verdammt, Leander! Warum musste es nur so weit kommen?“

Darauf nahm ich Raven vorsichtig in den Arm, da ich Alexa immer noch hielt. „Ich weiß nicht, warum es so enden musste. Ich habe es ja auch nicht gewollt, doch wir hatten keine andere Wahl. Man hat es von uns verlangt. Wir haben damit den Frieden in der Diebesgilde gesichert und unsere Existenz. Wir haben das Richtige getan“, versuchte ich es mir selbst einzureden.

„Es fühlt sich aber nicht richtig an, einen unschuldigen Menschen einzusperren, nur weil die anderen es von einem verlangen“, meinte Raven und in meinem tiefsten Inneren wusste ich, dass sie Recht hatte. Der Moment wurde unterbrochen, als Alexa zu weinen begann.

Abends ging ich noch zu Johannes und redete mit ihm über Ravens Verhalten. Ich bat ihn darum, ihr keine weiteren Gewissensbisse zu bereiten. Auch mich durchlöcherte er mit Fragen, wieso und warum. Darauf konnte ich ihm aber auch keine, seiner Meinung nach zufriedenstellende, Antwort geben.

Der Herzensdieb 3

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