Читать книгу Der Herzensdieb 3 - Christina Schwarzfischer - Страница 5

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Kapitel 3

Nachdem ich es nach Stunden endlich wieder geschafft hatte, den Schlafsaal, mit Raven und unserem Kind, zu verlassen, war Johannes längst hier und wartete im Konferenzsaal darauf, mit mir reden zu können. Im Moment hatten wir den Raum für uns allein. „Ich wollte meine Vermutung damals nicht äußern, als du mit Raven zu mir kamst, weißt du noch?“, rief er meine Erinnerung zurück, worauf ich nickte. „Aber vielleicht hätte ich das besser tun sollen“, machte er sich Vorwürfe. „Immerhin hatte sie ähnliche Symptome wie die Katze, also war es durchaus möglich, dass sie schwanger wäre. Ich habe bereits davon gehört, dass sie ihr Kind gerade eben bekommen hat. Gratuliere. Und es tut mir wirklich leid, dass du wegen mir beinahe die Geburt versäumt hättest.“

„Ist schon in Ordnung.“, beruhigte ich ihn. „Du kannst ja nichts dafür. Schließlich musste dir doch jemand helfen. Und...“

„...Und ich konnte mich dafür noch gar nicht bei dir bedanken“, unterbrach er mich. „Danke, Leander, hab tausend Dank! Du hast mir das Leben gerettet. Wie kann ich dir nur je dafür danken?“

„Ist doch selbstverständlich, einem Freund in Not zu helfen“, gab ich ihm zur Antwort.

„Nein, ist es nicht – zumindest nicht bei den Menschen, die ich kennengelernt habe. Das hätte ich wirklich von niemandem erwartet. Und mit dir hätte ich auch nicht gerechnet, vor allem weil wir uns so lange nicht gesehen haben. Ich war mir eigentlich schon sicher, du hättest mich längst vergessen“ – Wie könnte man Johannes vergessen, selbst wenn man es wollte?! – „und ich würde heute sterben - und hatte es auch schon akzeptiert. Es kommt mir glatt wie ein Wunder vor, dass ich jetzt hier sitze und noch am Leben bin. Ich bin beeindruckt von deinem Mut, dich für mich gegen die Menge zu stellen. - Das war doch auch gefährlich für dich! Warum kann es nicht mehr Menschen wie dich geben? Wieso sind die anderen nur so grausam?“ Ich konnte erkennen, wie ihm Tränen in sein noch funktionierendes Auge stiegen.

„Diese Frage kann dir wohl nur Gott beantworten“, meinte ich.

„Mehr als sieben Jahre sind vergangen und die Menschen dieser Welt haben sich kein bisschen geändert. Tut mir leid, dass ich so sentimental werde“, entschuldigte er sich, als er eine Träne verlor.

„Das ist in Ordnung - wirklich!“, wandte ich schnell ein.

„Aber du musst dir mal vorstellen, über sieben Jahre im Wald gelebt zu haben, wo du von den Menschen fast vollkommen abgeschnitten bist. Da hat man so gut wie keine Gefühle, weil beinahe jeder Tag gleich verläuft. - Und jetzt so etwas. Noch nie hat sich jemand für mich auch nur annähernd eingesetzt. Dieses Gefühl, das ich jetzt verspüre, ist mir vollkommen neu.“ Ich nickte verständnisvoll.

„Du fragst dich bestimmt, wo du hier bist“, fiel mir nach einer Weile des Schweigens auf.

„Ja, dieser Junge, Knut, er verband mir auf deinen Befehl hin doch die Augen, bevor er mich hierher führte. Jedoch verstand ich nicht, wozu das gut sein sollte“, schilderte Johannes.

„Du bist hier in einem Versteck“, stellte ich klar. „- Doch es ist nicht nur ein Versteck für dich, sondern für uns alle. Darum darfst noch nicht einmal du seine Lage wissen.“

„Aber wieso versteckt ihr euch hier? Werdet ihr verfolgt? Ihr alle könnt euch doch problemlos auf die Straße trauen, im Gegensatz zu mir...“, wunderte sich dieser.

„Ich werde dir nun etwas erzählen, was dir wahrscheinlich nicht gefallen wird. Aber bilde dir jetzt bitte kein vorschnelles Urteil über uns“, begann ich. „Wir alle hier verstoßen gegen das Gesetz. Wir sind Verbrecher - um genau zu sein Diebe. Und das hier ist unser Geheimversteck, die Diebesgilde. Hier lagern wir all unsere gestohlenen Waren, bis sie unser Hehler weiterverkauft. Und ich bin ihr Anführer. Mein Vater, der sogenannte Herr der Diebe, hat seinen Titel auf mich weitergegeben. Zwar werden wir nicht gesucht, aber wir bevorzugen es versteckt zu leben, um unsere Schätze in Sicherheit zu wissen. Versuche aber nie, die Schatzkammer zu finden, sonst wirst du, so grausam sich das jetzt auch anhört, wahrscheinlich nie wieder zurückkehren. Bevor du dorthin kommst, musst du nämlich ein Labyrinth durchqueren, von dem nur Rainer, er ist unser Hehler, mein Vater und natürlich ich den richtigen Weg zur Schatzkammer wissen. Es ist zu deiner eigenen Sicherheit, den Weg zu unserem Geheimversteck nicht zu kennen, ansonsten hast du immer mit Dieben zu tun, solange du lebst. So geht es sogar der Prinzessin, der die Lage unseres Verstecks ebenfalls bekannt ist. Sie hat einen Dieb geheiratet. Prinz Feodor ist immer noch einer von uns, nur dass er das Stehlen aufgegeben hat.“

Johannes sah mich fassungslos an. Ihm schauderte und erst sagte er kein Wort, doch dann fand er die Sprache wieder. „Ich weiß, dass du im Grunde ein guter Mensch bist, Leander. Und ich weiß auch, dass ich vor euch nichts zu befürchten habe. Warum sonst hättest du dich so selbstlos für mich eingesetzt? An euren Schätzen bin ich nicht interessiert. Ich bin dankbar dafür, dass ihr mir einen Unterschlupf gewährt und habe nicht vor, euch zu verurteilen - oder gar zu verraten.“

„Ich sehe, du handelst sehr überlegt. Wir alle müssen dir vertrauen, dass du uns nicht verrätst. Ach ja, hat Knut dich schon über die Bücherregal-Tür informiert?“, wollte ich wissen. Johannes verneinte. „Dann hattest du Glück, dass du nicht versucht hast, die Tür zu öffnen, denn darin ist eine Falle eingebaut. Wenn du sie gefahrlos öffnen willst, dann musst du am Buch ohne Titel ziehen – an keinem anderen!“

Johannes nickte etwas schockiert. „Es ist also doch zu etwas gut, wenn man nie Lesen gelernt hat“, stellte dieser fest.

„Ach... und lass die Finger von den Waffen im Trainingsraum, kapiert?“ Er schwor es mir. Dann fiel mir auf: „Sag mal, wo ist eigentlich deine Ratte?“

„Tot“, hauchte er. „Sie haben meinen Freund umgebracht, als sie ihn zu meinem Vollstrecker machen wollten.“ Noch bevor ich fragen konnte, wie man das anstellen wollte, erzählte er mir auch schon davon. „Sie rissen mir die Kleidung vom Leib, drückten mich auf den Boden und setzten Freund auf meinen Bauch. Dann stülpten sie einen Blecheimer über ihn und häuften glühend heiße Kohlen darauf, so dass sich der Eimer erhitzte - sowohl von außen als auch von innen - darum drückten sie ihn mit Holzscheiten auf mich, um sich selbst nicht daran zu verbrennen. Eigentlich erwartete man von dem Instinkt einer Ratte, sie würde sich durch meinen Bauch hindurcharbeiten, um der Hitze zu entkommen. Doch Freund war anders. Er hätte mich nie verletzt, lieber starb er. Daher kommt auch die kreisförmige Wunde auf meinem Bauch. Sie wird mich immer an meinen treuen Freund erinnern...“

„Das tut mir wirklich leid für dich und deinen Freund...“, bedauerte ich ihn während ich vergeblich nach trostspendenden Worten suchte. Zu meinem Glück öffnete sich genau in diesem Moment die Eingangstür.

Peter und Rainer kamen herein. Peter lachte, während Rainer etwas sauer aussah. Zusätzlich hielt Peter zwei Paar furchtbar schmutzige Schuhe in den Händen und die an seinen Füßen waren auch nicht gerade sauberer. „Lasst mich raten:“, begann ich meinen Satz, „Rainer hat die Wette verloren.“

„Ja“, jubelte Peter, „und ich zahle ihm jetzt alles heim!“

„Eigentlich habe ich die Wette nicht verloren!“, schimpfte Rainer. „Lautstärke kann jeder anders empfinden.“

„Nix da, wir haben abgestimmt und alle im Raum fanden, ebenfalls wie ich, dass Raven nicht lauter geschrien hatte als vorhin“, stellte Peter klar.

„Zum Glück...“, murmelte ich, worauf mir Peter freudig zustimmte.

Dann fiel mir Johannes wieder ein. „Ihr kennt Johannes schon?“, fragte ich und durfte darauf von beiden gleichzeitig ein eintöniges „Ja...“ vernehmen. Anscheinend waren sie nicht gerade begeistert von seinem vorübergehenden Aufenthalt hier und ließen sich das auch offen ankennen. Vor allem, weil keiner von uns so genau wusste, was in diesem Fall vorübergehend hieß.

Der Herzensdieb 3

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