Читать книгу Die Brücken zur Freiheit - 1864 - Christine M. Brella - Страница 11

9 Annie – 20. Dezember 1863

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A nnie drehte den Brief unschlüssig in ihren Händen, die zweite Post, die sie innerhalb weniger Tage erhalten hatte – diesmal stammte das Schreiben von Theresa Bennett Bailey. Die Frau ihres Vaters teilte Annie mit, dass Colonel Bailey überraschend Heimaturlaub bekommen habe, um Weihnachten bei seiner Familie zu feiern. Da in Kentucky aktuell keine Kriegshandlungen zu erwarten seien, würde sich Theresa unendlich freuen, ihre liebe Tochter für die Feiertage wieder in ihre Arme schließen zu dürfen. Annie verzog das Gesicht. Anbei lag eine Zugfahrkarte für den morgigen Montag.

Vor drei Jahren hatte sie das Gestüt mit dem bitteren Geschmack, abgeschoben zu werden, verlassen. Sie sehnte sich nach den Pferden zu Hause und hätte alles für einen Ritt durch den Wald gegeben. Und sie würde ihren Vater endlich wiedersehen! Doch auch Theresa war dort und würde die Stimmung vergiften. In den wenigen gemeinsamen Jahren hatte Theresa sie gezwungen, mit Büchern auf dem Kopf herumzulaufen. Anscheinend war Annies Haltung nicht aufrecht genug. Außerdem hatte sie im Hause Bailey den Damensattel eingeführt, nachdem sich die Nachbarn über den kleinen Derwisch zu Pferde mokiert hatten, der mit wehenden Haaren und nackten Waden über Zäune und Gräben sprang.

Doch wenn Annie nach dem Abschluss ihre Zukunftspläne verwirklichen wollte, würde ihr allerdings nichts anderes übrigbleiben, als sich mit ihrer Stiefmutter zu arrangieren. Wie ihr das gelingen sollte, war ihr jedoch schleierhaft.

Zwei Briefe, zwei Bahntickets. Annie seufzte gequält und überlegte, wie sie wenigstens einer der beiden Heimsuchungen entgehen konnte. Doch in ihrem Kopf entfaltete sich bereits ein anderer Plan.

Mrs. Hodgers zog zweifelnd die Augenbrauen hoch, als Annie ihr mitteilte, dass sie noch heute den Nachmittagszug nach Hause nehmen würde. Wie erwartet, beauftragte sie dann Mr. Curtis aber doch, Annika mit der Kutsche zur Fähre zu bringen.

Der Abschied von Loreley fiel knapp aus. Immerhin würde Annie in ein oder zwei Wochen schon wieder zurück sein. Trotzdem war ihre Reisetasche so schwer, dass Annie sie nur kurze Strecken schleppen konnte. Zwar besaß sie, bis auf das schlichte Reisekleid, das sie trug, und ihre Schuluniform, die zuunterst in der Tasche lag, kaum Kleider, aus denen sie nicht herausgewachsen war. Doch sie hatte sich nicht entscheiden können, welches Buch sie zurücklassen konnte, und kurzerhand alle eingepackt. Wenn sie genug von Theresa hatte und das Wetter zu schlecht war zum Ausreiten, konnte sie so ihre Zeit sinnvoll mit Lernen verbringen. Zum Glück wies Mrs. Hodgers den Kutscher an, Annies Tasche die Treppe hinunterzutragen. Während er das Gepäck auf der Ladefläche verstaute, kletterte Annie auf den Kutschbock.

Durch ein Schnalzen gab Mr. Curtis dem falben Kutschgaul das Signal zum Aufbruch und knallte mit der Peitsche. Die Kutsche setzte sich mit einem Ruck in Gang. Annie klammerte sich an das Sitzbrett, damit sie nicht nach hinten auf ihre Reisetasche kippte. Bevor sie um die Straßenecke bogen, drehte sich das Mädchen noch ein letztes Mal zur Schule um, die ihr so lange ein Zuhause gewesen war. Stolz thronte das weiße Herrenhaus auf dem Hügel. Darüber hing der graue Dezemberhimmel. Am Tor stand eine einzelne, verlorene Gestalt, die ihr immer noch nachwinkte. Annie lächelte angespannt und hob ebenfalls die Hand. Dann versperrten Häuser ihr die Sicht.

Langsam ließ das Mädchen den Arm sinken. Diesmal war sie blind für das bunte Treiben auf der Straße. Sie musste eine Entscheidung treffen. Sollte sie Mr. Curtis in ihren Plan einweihen? Würde er sie unterstützen? Andernfalls musste sie ihn so zügig wie möglich loswerden. Sie konnte nicht einfach mit fünf entlaufenen Sklaven durch Cincinnati marschieren. Wenn die Flüchtlinge erkannt wurden, waren sie schneller aufgeknüpft oder ihrem Eigentümer zurückgebracht, als Annie ›Abolitionismus‹ sagen konnte. Zwar wurden Flüchtige nicht mehr an den Süden ausgeliefert, wie das noch zu Kriegsbeginn üblich gewesen war, doch der Fugitive Slave Act von 1850 war nach wie vor offiziell in Kraft und bestimmte, dass flüchtige Sklaven wieder in die Hände ihrer Besitzer gegeben werden mussten, egal, in welchem Staat sie aufgegriffen wurden. Und Kentucky hatte sich zwar dem Norden angeschlossen, aber Sklavenhaltung war dort, anders als in den Staaten nördlich des Ohio River, nicht verboten. Es barg eine gewisse Ironie, dass Präsident Lincoln nach der Schlacht bei Gettysburg im letzten Jahr zwar allen Schwarzen der verfeindeten Südstaaten die Freiheit geschenkt hatte, nicht aber denen im Norden. Floh ein Sklave aus Kentucky, hatte sein Besitzer das Recht, ihn zu verfolgen. Besser, Annie transportierte ihre Fracht auf der Ladefläche einer Kutsche versteckt.

Dazu kam die Entfernung. Annie kannte sich in der Gegend nicht aus, da sie während ihrer ganzen Zeit in Cincinnati die Stadt nie verlassen hatte. Der präzisen Beschreibung aus dem Brief zufolge befand sich der Schuppen jedoch sieben Meilen flussabwärts. Das bedeutete einen dreistündigen Fußmarsch. Weder konnte sie ihr Gepäck eine so weite Strecke tragen noch es irgendwo zurücklassen. Wahrscheinlich würde sie es dann nie wiedersehen. Nein! Sie benötigte die Kutsche mit oder ohne den Kutscher!

»Mr. Curtis, da gibt es etwas, das ich Sie fragen muss …«

Der Alte brummte als Antwort und starrte weiter auf die Straße. Zwar war die Reaktion nicht besonders ermutigend, aber so schnell ließ Annie sich nicht abwimmeln.

»Der Krieg, Sir, finden Sie, der ist gerechtfertigt?«

Jetzt sah er doch zu ihr herüber und durchbohrte sie mit seinem schwarzen Blick. Er hatte eine Narbe an der rechten Braue und das Lid darunter hing zur Hälfte über das Auge. Annie wusste jedoch, wie sanft er mit Tieren umging, und hatte schon oft miterlebt, wie der alte Kauz seine knurrige Art bewusst ausspielte. Damit hielt er lästige Lehrerinnen und Schülerinnen gleichermaßen auf Abstand. Nur bei Annie machte er eine Ausnahme, seit er sie kurz nach ihrer Ankunft vor so langer Zeit im Stall entdeckt hatte. An den Hals des Kutschgauls hatte sie sich geklammert und geschluchzt – aus Heimweh nach der Ranch und ihrer Stute Midnight Maiden und aus Einsamkeit, weil ihr Vater zugelassen hatte, dass ihre neue Stiefmutter sie von seiner Seite verdrängte. Mr. Curtis hatte ihr ruhig zugehört und geduldet, dass sie immer wieder zu ihm in den Stall schlüpfte und in der vertrauten Umgebung Trost fand. Gegen alle Konventionen waren sie stille Freunde geworden.

»Wie meinen Sie das, Miss?«, fragte er jetzt schleppend.

Annies Gedanken rasten. Wie konnte sie seine Einstellung in diesem Punkt herausfinden, ohne zu viel zu verraten?

»Ich spreche von der Sklaverei. Letzten Endes wird dieser Krieg doch für deren Abschaffung ausgetragen?«

Er lachte rau auf. »Kleine, glaubst du im Ernst, jemand würde für Sklaven einen Krieg führen? Wie immer im Leben dreht sich alles ums Geld. Merk dir das! Die im Süden nutzen die armen Teufel aus für die knochenharte Arbeit auf den Plantagen. Gleichzeitig hätten sie gerne niedrige Ausfuhrzölle, damit sie Tabak, Baumwolle und Reis günstig nach Europa exportieren können. Wir im Norden brauchen aber hohe Einfuhrzölle, damit unsere junge Industrie gegen Großbritannien, Frankreich und den Deutschen Bund konkurrieren kann. Beides geht nun mal nicht. Da spielt die Alte Welt auf Dauer nicht mit.«

Das Mädchen starrte den Alten an. Dieser steckte seelenruhig seine Pfeife an und schob sie sich in den Mundwinkel. Annie hätte ihm weder eine so lange Rede zugetraut noch eine derart unkonventionelle Analyse der Hintergründe dieses verfahrenen Bruderkrieges. Wichtiger noch: Er bewies Mitleid mit den schwarzen Feldarbeitern.

»Mr. Curtis, was ich Sie eigentlich fragen wollte …«

Er zog an den Zügeln und brachte das Pferd zu einem abrupten Halt. Verwirrt sah Annie auf. Ein breitschultriger Schwarzer hinkte von der Straße. Um ein Haar wäre er unter die Räder gekommen. Sein Blick war gehetzt, seine Kleidung so fadenscheinig, dass an manchen Stellen die Haut sichtbar war. Der derbe Fluch des Kutschers ließ Annie erröten.

»Ich wünschte, die im Süden würden ihre Sklaven anständig behandeln! Dann würde das schwarze Gesindel daheimbleiben und uns hier nicht die Arbeitsplätze wegnehmen! So viele Bettler hat es in der Stadt noch nie gegeben. Wenn ich eine Tochter hätte, würde ich sie nicht mehr ohne männlichen Schutz auf die Straße lassen!«

Annie klappte den Mund zu. Deutlicher hätte Mr. Curtis seinen Standpunkt nicht vertreten können. Sie musste ihm die Kutsche abnehmen, und sie wusste auch schon wie.

Der Bahnhof der Kentucky Central Railroad befand sich auf der gegenüberliegenden Seite des Ohio River in Covington. An Cincinnati war er durch eine Fähre angebunden. Auf dem Fluss wogten Eisschollen, doch die Ufer waren eisfrei. Unzählige Boote und Raddampfer hatten im Hafen geankert, um Passagiere und Waren anzuliefern und aufzunehmen.

Trotz der regen Geschäftigkeit ging es jetzt ruhiger zu als im Sommer, wenn hier Schiff an Schiff lag und ein lautstarkes Chaos herrschte. Dann schrien Menschen einander zu, stolperten über Gepäck und gelöschte Schiffsladungen und handelten Geschäfte aus. Mrs. Hodgers hätte einen Herzinfarkt erlitten, wenn ihr bekanntgeworden wäre, dass ihr Schützling es liebte, sich in diesem bunten Strudel treiben zu lassen, Familien, Seeleute, Hafenarbeiter und Soldaten aller Hautfarben zu beobachten und sich dabei ihre Geschichten auszumalen. Eines Tages würde sie selbst an Bord eines Ozeanseglers gehen und Asien, Europa oder Afrika bereisen. Davon träumte Annie, seit ihr ihre Mutter als kleines Mädchen von all diesen exotischen Orten vorgelesen hatte.

Zwischen den zivilen Schiffen waren Kanonenboote vertäut, jederzeit bereit, den Feind an der Überquerung des Ohios zu hindern oder Nachschubtruppen flussaufwärts oder flussabwärts zu schaffen. Wie wohl die Flüchtlinge gedachten, den breiten Strom zu überqueren? Für die Brücke hinüber nach Kentucky war aus Geldnot ein Baustopp verhängt worden, und die Entflohenen konnten auch schlecht an einer Fährstation um Überfahrt bitten. Mrs. Hodgers hatte im Unterricht geschildert, wie einigen Sklaven zu Fuß die Flucht über das Eis des Ohio gelungen war, als der Fluss 1856 von einem Ufer bis zum anderen zugefroren war. Daran war in diesem Winter nicht zu denken. Schwimmen zog Annie erst gar nicht in Betracht, da kein Mensch lange genug im Eiswasser überleben würde.

Im Grunde konnte es ihr einerlei sein, wie die Überquerung vonstattenging. Ihre Aufgabe bestand nur in der Lieferung der ›Gepäckstücke‹ vom Fluss in die Stadt. Morgen würde Annie Cincinnati verlassen und der ganzen Aufregung den Rücken kehren.

Inzwischen war die Kutsche in die Straße zur Fähre eingebogen. Der Verkehr war hier dichter und sie kamen nur noch langsam voran. Mehrere Wagen warteten, am Ableger aufgereiht, auf Fahrgäste. Die Fahrspur war durch Reiter, Fußgänger und Pferdegespanne blockiert. Weinende Mütter schlossen junge, zerlumpte Soldaten in die Arme, die wohl ebenfalls Weihnachten zu Hause verbringen durften und auch weinten oder sich verlegen umblickten. Ein elegantes Ehepaar, dessen vier Kinder den Eltern wie Orgelpfeifen folgten, wollte vielleicht Weihnachten bei Verwandten feiern, denn hinter ihnen schleppten Diener unzählige Taschen und Koffer durch das Gewimmel zum Pier. Annies Blick blieb an einem grauhaarigen Veteranen oben am Steg hängen, der sich zwei hölzerne Krücken unter die Achseln geklemmt hatte. Sein rechtes Hosenbein war leer und nach oben gerollt. Zweifelnd blickte er auf die wenigen Tritte hinunter zur Straße, die ein schier unüberwindliches Hindernis darstellten. Nach einiger Zeit setzte er einen Stock auf die erste Stufe, zitterte dabei aber so stark, dass Annie nicht länger zusehen konnte.

»Mr. Curtis, seien Sie bitte so gut und helfen Sie dem armen Mann dort oben.« Sie hoffte, dass der Kutscher die Anspannung in ihrer Stimme nicht bemerkte. Ihr Plan hing zum großen Teil davon ab, dass Mr. Curtis vor ihr von der Kutsche stieg. Je weiter er sich entfernte, desto besser standen ihre Aussichten.

Mr. Curtis war nicht im mindesten begeistert, dass er seinen Schützling allein zurücklassen sollte. Als er aber Annies besorgtem Blick folgte, erkannte auch er die gefährliche Lage, in der sich der Veteran befand. Die anderen Passanten nahmen dessen Not nicht wahr und hasteten an ihm vorbei. Jetzt rempelte ihn eines der Orgelpfeifen-Kinder an und stürmte einfach weiter, während der Kriegsversehrte sekundenlang um sein Gleichgewicht kämpfte. Fluchend sprang Mr. Curtis auf den Boden. Annie beobachtete, wie er die Treppe hinaufeilte. Gerade noch rechtzeitig gelangte er nach oben, denn der Fremde kippte just in dem Moment vornüber, als sich der Kutscher vor ihm aufbaute.

Doppelte Erleichterung durchströmte Annie. Jetzt lag es an ihr. Zwar hatte sie zuletzt zu Hause eine Kutsche gelenkt und damals war es nur ein leichter Einspänner gewesen; sie traute sich das Kunststück aber durchaus zu. Noch ein schneller Blick über die Schulter, dann nahm sie die Zügel in die Hand, löste die Bremse und schnalzte mit den Riemen.

Tatsächlich setzte sich der brave Kutschgaul in Bewegung und Annie atmete aus. In der Eile hatte Mr. Curtis sein Gefährt mitten auf der Straße stehen lassen. Das kam ihr jetzt zugute.

Das Mädchen hatte bereits mehrere Fuß zurückgelegt, als hinter ihr ein Schrei erklang: »Bleib hier! Wo willst du hin, Kleine?!«

Ein weiteres Mal wandte sich Annie um und sah Mr. Curtis mit dem alten Soldaten im Arm auf der obersten Stufe balancieren. Noch war er in Rufweite.

»Holen Sie die Kutsche morgen beim Schmied ab!« Sie war sich sicher, dass ihr Freund sie nicht verraten würde. Aber sie wollte auch nicht, dass er Ärger bekam.

Kurzerhand stellte Mr. Curtis seine Last ab, sprang die Treppen hinunter und nahm die Verfolgung auf. Kampflos würde er seinen Wagen wohl nicht aufgeben. Annie konzentrierte sich auf das Pferd und den Verkehr vor ihr. Sie setzte dazu an, die wartenden Kutschen zu überholen. Ein Grüppchen Frauen wich mit ihren Einkäufen auf den hölzernen Fußweg zurück. Der Weg war offen. Doch da scherte vor ihr ein anderes Gespann aus der Schlange und blockierte die Bahn. Mit klopfendem Herzen brachte Annie den Kutschgaul zum Halten. Mr. Curtis’ Geschrei in ihrem Rücken kam näher. Wenn die Straße nicht bald frei wurde, hatte er sie in wenigen Augenblicken eingeholt. Zu Fuß kam er im Gewimmel viel schneller voran als die ausladenden Kutschen.

Die allgemeine Aufregung übertrug sich auf den Falben. Er tänzelte nach rechts und links, schnaubte, warf seine Mähne zurück. Immer wieder zog Annie am Zügel, damit sie nicht auf das Gefährt vor ihr auffuhr. Sie biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf das Geschehen vor ihr. Wo entstand die Lücke, durch die sie schlüpfen konnte?

»Bleib stehen, Mädchen!«, keuchte die Stimme von Mr. Curtis direkt hinter ihr.

Annies Kopf schoss herum. Der Alte hatte ihre Kutsche eingeholt und klammerte sich mit glühend rotem Gesicht an den Brettern der Pritsche fest. Es durchfuhr sie wie ein Blitz: Sie hatte versagt! Ihr Herz pochte schmerzhaft. Blut rauschte in ihren Ohren. Sie würde von der Schule verwiesen werden! Sie würde mit ihrer Stiefmutter leben müssen! Was würde mit den entflohenen Sklaven im Wald geschehen? Sie durfte jetzt nicht aufgeben!

Annie verkrampfte ihre schweißnassen Finger um die Zügel und starrte wieder auf die Straße vor sich. Gab es nicht doch noch einen Ausweg?

Plötzlich peitschten Schüsse durch den Tumult. Annie zuckte zusammen und sah sich um. Drei Burschen in Uniform schwankten lachend von der Fähre; feuerten übermütig ihre Revolver ab. Auch Mr. Curtis blickte nach oben. In dem Moment erspähte Annie eine Lücke zwischen dem störenden Gefährt und dem Fußweg. Sie ließ die Zügel fahren und knallte mit der Peitsche. Für den mächtigen Kaltblüter war das endgültig zu viel. Er sprang vorwärts, floh in Panik vor den unheimlichen Geräuschen. Mr. Curtis’ Finger lösten sich. Annie klammerte sich an den Kutschbock. Wenn sie herunterfiel, brach sie sich das Genick! Lenken oder gar bremsen konnte sie das Pferd nicht mehr. In mörderischem Tempo pflügte Annies Kutsche an dem anderen Gespann vorbei. Jeden Moment würde sie zwischen diesem und dem Holzsteg zerquetscht werden, da war Annie sich sicher!

Doch dann waren sie hindurchgeschlüpft. Häuser rasten vorbei. Passanten sprangen in letzter Sekunde zur Seite. Annies Herz hämmerte. Als sich die Straße gabelte, hatte sie mit ihrem Leben abgeschlossen.

Die Brücken zur Freiheit - 1864

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