Читать книгу The Who - Maximum Rock I - Christoph Geisselhart - Страница 5

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Teil 1: Overture (1944 bis 1964)

„Warum sind wir vier zusammengekommen und haben diesen ganzen Krach gemacht?“

Roger Daltrey

„Der Anfang war der aufregendste Abschnitt unserer Karriere“, schrieb Pete Townshend 1997 im Buch The Who Concert File von Joe McMichael und „Irish“ Jack Lyons, ohne den Zauber zu erklären, den eben jene sagenumwobenen Gründerjahre auf einen Rockmusikfan ausüben, der sie nicht selbst erleben durfte.

Der Autor dieser Biografie wurde 1963 geboren, als Roger Daltrey, John Entwistle und Pete Townshend unter dem Namen The Detours bereits auf ihrer Ochsen­tour durch die Klubs und Tanzsäle von West-London waren und ein faunen­hafter Jüngling namens Keith Moon mit einer abgeblichen Surfsoundcombo­ namens The Beachcombers durch die Kneipen entlang des Themse-Ufers tingelte…­

Und schon sind wir mitten im Mythos.

Doch wie war es wirklich? Oder um mit Roger Daltrey zu fragen: Wie konnte­ es geschehen, dass vier so unterschiedliche junge Männer aus West-London, die außer ihrer Musik scheinbar nichts verband, die sich zeitweise sogar hassten, prügelten, bekriegten – dass diese vier Männer zu Weltruhm gelangten und fast ein halbes Jahrhundert lang Musikgeschichte schrieben?

Um den Zauber und das Wunder ihrer Zusammenkunft zu erklären, muss man weit zurück blicken.

Die Geschichte der trommelfellbetäubenden und für ihre exzessive Bühnenshow berüchtigten Rockband The Who beginnt im Kriegsjahr 1944, als Europa unter Bomben und Granaten erzitterte und die Schreie der Todgeweihten und Verwundeten in Rauch und Gas erstickten.

An seinem zweiundsechzigsten Geburtstag erklärte der im Krieg geborene Roger Daltrey, es sei wohl fraglich, ob die erstaunlich lange Phase des Friedens in Europa ohne Rock’n’Roll so ruhig verlaufen wäre, weil „der Rock’n’Roll diese ganze finstere Energie beanspruchte. Es sah vermutlich so aus, als würden wir die Kids anheizen; aber in Wirklichkeit haben wir eher einen Weltkrieg verhindert.“

Betrachtet man den Anfang der existenziellen Gratwanderung, die Roger ­Daltrey, John Entwistle, Keith Moon und Pete Townshend zu Ikonen der Rockmusik werden ließ, erscheint ihr gewaltiges Lärmen, Grollen, Zürnen, Toben wie ein donnerndes, episches Echo auf das Zeitgeschehen.

Die qualmenden, quietschenden, heulenden Verstärkerwände am Ende eines Who-Konzerts in den sechziger und siebziger Jahren erzeugten etwa den akustischen Eindruck eines Fliegerangriffs; die enthemmten Aktionen der Figuren auf der Bühne, die geisterhaft und wie fremdgesteuert zwischen Rauch und durch irrlichternde Lichtkegel über die Trümmer ihrer ehemals glorreichen Instrumente stolperten, erinnerten an die letzten Zuckungen auf einem Schlachtfeld. Jawohl, ein künstliches, in Musik getränktes, mit Ton und Note gemaltes Schlachtfeld war es, das diese vier britischen Jünglinge anrichteten, brutal, faszinierend, spektakulär, kraftvoll, respektlos. Und immer etwas lauter als alle anderen.

Ihre Schicksalsgemeinschaft begann im Krieg; und es blieb über viele Jahre ein Krieg, den The Who nach innen genauso vehement ausfochten, wie sie ihn mit harter Musik und unberechenbarer Bühnenpräsenz nach außen trugen. Die Generation der Väter hatte alles daran gesetzt, jede Beteiligung am wirklichen Krieg zu verdrängen. Ein Ersatzkrieg, ein künstliches Inferno musste her, um einer wirklichen Aufarbeitung und Heilung den Weg zu bahnen.

Keine Band der Welt hat diesen Aspekt der Rockmusik ernsthafter, erregender und unterhaltsamer aufgegriffen und in ihrem Werk verarbeitet als The Who.

Aus diesem Grund soll der Anfang ihrer Karriere auch besonderen Raum erhalten und wirklich am Anfang beginnen: im bis heute furchtbarsten Krieg der Menschheitsgeschichte, und zwar mit einer ganz und gar unglaubwürdigen Geburt, die es nach medizinischem Wissen nie hätte geben dürfen – mit einem Mythos also, wie es sich für eine Biografie über die verrückteste Rockband der Welt gehört.

The Who - Maximum Rock I

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