Читать книгу Basislehrbuch Kriminalistik - Christoph Keller, Bijan Nowrousian - Страница 11
3Kriminalitätskontrolle
ОглавлениеKriminalitätskontrolle steht als Synonym für ein verändertes Aufgabenverständnis. In Anlehnung an die anglo-amerikanische Terminologie (crime control) umfasst sie alle gesellschaftlichen Einrichtungen, Strategien und Sanktionen, welche die Verhaltenskonformität im strafrechtlich geschützten Normbereich bezwecken. Unter Kriminalitätskontrolle (i.w.S.) wird die Beeinflussung der Kriminalität als Massenerscheinung durch staatliche und gesellschaftliche Institutionen sowie Strategien und Sanktionen der strafrechtlichen Sozialkontrolle verstanden. Die Umsetzung geschieht durch Kriminalprävention (Vorbeugung, Verhütung, Verhinderung im Vorfeld) und Strafverfolgung.23
Durch den Begriff „Kriminalitätskontrolle“ wird vermittelt, dass es nicht das Ziel sein kann, die Kriminalität auf null zu reduzieren. Grundlegend sind dabei die Ausführungen Emile Durkheims zur soziologischen Kriminalitätstheorie, wonach ein gewisses Maß an Kriminalität eine normale Erscheinung in jeder Gesellschaft ist.24 Die Polizei und die anderen Strafverfolgungsorgane sind bei diesem Verständnis eher in der Funktion eines „Kontrolleurs“, der darauf zu achten hat, dass das von der Gesellschaft noch tolerierbare Maß an krimineller Abweichung nicht überschritten wird.25 Der (alte) eher militärische Begriff der Verbrechensbekämpfung suggeriert eher die Vorstellung von einem Kampf mit einem imaginären Gegner. Nach dem Ende des „Kampfes“ existiert die Verliererpartei nicht mehr. Die Kriminalitätskontrolle geht dagegen von der Vorstellung aus, dass es sich um einen dynamischen, nie endenden Prozess handelt, der einen endgültigen Sieg nicht unterstellt. („Fußballprinzip: Siege sind möglich, aber der Gegner bleibt intakt und kann immer wieder neu antreten“).26