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B.Kriminalistische Handlungslehre

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Unterschieden wird zwischen Kriminaltaktik und kriminalistischer Handlungslehre dahingehend, dass die Kriminaltaktik eine (aber nicht die) Grundlage der kriminalistischen Handlungslehre ist. Auf den allgemeinen Prinzipien der Taktik des Vergehens baut die kriminalistische Handlungslehre auf. Die kriminalistische Handlungslehre ist aber umfassender zu verstehen. Sie richtet sich nicht wie die Kriminaltaktik allein auf die zielgerichtete, zweckmäßige und rationelle Art und Weise des Vorgehens bei der Anwendung von einzelnen Methoden bzw. Maßnahmen der Straftatenuntersuchung. Die kriminalistische Handlungslehre beinhaltet sowohl die kriminalistischen Denk- als auch die Erkenntnisprozesse, die Planung und Durchführung von ermittlungstaktischen Methoden als auch Maßnahmen bei der Fallbearbeitung. Sie befasst sich demnach eben nicht nur mit den einzelnen Ermittlungsmaßnahmen (wie z.B. Durchsuchung, Festnahme und Vernehmung) und den kriminaltechnischen Möglichkeiten der Fallaufklärung, sondern orientiert sich am Methodischen. Im Kern geht es hier um die allgemeine kriminalistische Methodik der Straftatenaufklärung. Methodisches Agieren bezieht sich auf eine wissenschaftlich abgesicherte Vorgehensweise zur Erreichung eines (kriminal-)polizeilichen Ziels. Damit handelt es sich um einen Problemlösungsprozess, das heißt, es geht in erster Linie um das Erkennen von Problemen, die bei der Fallbearbeitung sichtbar werden, und um deren Lösung.48 Insofern ist die kriminalistische Handlungslehre eine allgemeine kriminalistische Methode, die wissenschaftstheoretisch der allgemeinen Theorie und Methodologie der Kriminalistik zuzuordnen ist.49 Die kriminalistische Handlungslehre vermittelt wissenschaftliche Erkenntnisse, kriminalistische Methoden und praktisches Erfahrungswissen, wie im Prozess (dem Verlauf) der Fallbearbeitung von Straftaten und der Untersuchung von kriminalistisch relevanten Ereignissen ziel orientiert, zweckmäßig und aufeinander abgestimmt vorgegangen werden kann. Sie ersetzt aber nicht die kriminaltaktischen Regeln und Prinzipien des Vergehens, z.B. bei einer Festnahme, Vernehmung oder Durchsuchung.

„Unter kriminalistischer Handlungslehre ist die Gesamtheit der theoretischen, methodologischen, erkenntnistheoretischen sowie anderen im Prozess (Verlauf) der Fallbearbeitung einzusetzenden Mittel, Methoden und Verfahren, einschließlich der Art und Weise des praktischen Vergehens zur Aufklärung von Straftaten und kriminalistisch relevanten Ereignissen zu verstehen. Sie erfasst modellhaft die Grundzüge des Ablaufs und Handelns bei der Vorgangsbearbeitung, insbesondere die Daten- u. Informationsbewertung, die kriminalistische Fallanalyse, Versionsbildung und Planung der Untersuchung.50

Kriminalistische Handlungslehre vermittelt das systematische Handeln (Vorgehen) bei der Vorgangsbearbeitung/Fallbearbeitung.

Abzugrenzen ist die krimimalistische Handlungslehre von der objektiven Hermeneutik. Die Hermeneutik als Kunst der Auslegung und Deutung von Texten hat ihren Platz bei der Lösung von begrenzten Aufgaben, z.B. der operativen Fallanalyse (OFA).

Kriminalistisches Handeln bei der Vorgangsbearbeitung wiederholt sich unabhängig von der Deliktspezifik und der Einzigartigkeit jedes Falls. Bestimmte allgemeine Handlungsgrundlagen und Verfahrensweisen der Vorgangsbearbeitung können immer wieder erneut angewendet werden. Die Zusammenfassung jahrhundertealter praktischer Untersuchungsmethoden zur Straftatenaufklärung, die im 19. Jahrhundert durch Ausnutzung neuester wissenschaftlich-technischer und sozial-gesellschaftlicher Erkenntnisse einen bedeutsamen Aufschwung erhielt, führte zur Herausbildung einer kriminalistischen Ermittlungs- oder Untersuchungstechnologie. Eine erneut anwendbare Ermittlungstechnologie ist eine Art Muster oder Form, was allgemein als Modell bezeichnet wird.51

Die Struktur des Modells wird von Ackermann (grob) beschrieben und nachfolgend skizziert wiedergegeben. Dabei sei darauf hingewiesen, dass ein Modell nicht alle Determinanten erfassen kann; es muss auf Randerscheinungen oder auftretende sehr spezielle Nebeneffekte verzichten. Es ist ein dynamischer Prozess, der natürlich auch neu hinzukommende Erkenntnisse und Beweissituationen berücksichtigt.52

Phase 1: Untersuchungstechnologie bei der Fallbearbeitung
Feststellung der Straftat oder eines kriminalistisch relevanten Ereignisses
Daten- und Informationsaufnahme im Rahmen der Durchführung des Ersten Angriffs –Sicherungsangriff –Auswertungsangriff
Beendigung des Ersten Angriffs oder erster Ermittlungsmaßnahmen –erste zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse aus der Erhebung des Tatbefunds
Übergang in das Stadium der weiteren planmäßigen Untersuchung des Ermittlungsverfahrens –Entscheidung über weitere Fallbearbeitung nach dem Ersten Angriff –Weiterbearbeitung durch Kräfte des Ersten Angriffs –Weiterbearbeitung durch Fachkommissariat –Weiterbearneitung durch Sonderkommissionen
Phase 2: Untersuchungstechnologie bei der Fallbearbeitung
Bestandsaufnahme zur Feststellung der Ausgangslage und konkreten Situationsbedingungen für Fortführung der Ermittlungen – zeitlicher Ausgangspunkt – Prozess der kriminalistischen Fallbearbeitung
Erfassen, Ordnen und Sortieren des Daten-Informationspotenzials sowie der vorliegenden Ausgangsmaterialien und Aufbereitung der für die Falluntersuchung geeigneten Daten/Informationen unter Verwendung von Hilfsmitteln
Beweisorientierte Sachverhaltsbeurteilung, verbunden mit der Entscheidung, was bereits bewiesen ist und was noch zu beweisen, aufzuklären oder festzustellen ist
Kriminalistische Versionsbildung zu bestehenden Problemsituationen, zweifelhaften Sachverhalten und offenen Untersuchungsfragen
Bestimmung der sachverhaltsbezogenen Ermittlungsansätze sowie der kriminalistischen und polizeilichen Methoden zur Erkenntnisgewinnung
Ableitung von fallbezogenen einzelnen Ermittlungsaufgaben und Maßnahmen
Vorbereitung und Planung der Ermittlungen (Ermittlungs-/Untersuchungsplanung)
Auswahl der Handlungsgrundlagen
Durchführung der Ermittlungen, Einsatzmaßnahmen
Auswertung der Ergebnisse der durchgeführten Ermittlungen (Soll-Ist-Vergleich) – Erfolgskontrolle
Erneute Versionsbildung zu nach wie vor ungeklärten Fragestellungen und und neu aufgetretenen Problemsituationen – Planung, Festlegung und Durchführung erneuter oder weiterer Untersuchungen/Ermittlungen
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