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6.1 Die Vorboten des phänomenologischen Realismus

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Wenngleich Edmund HusserlHusserlEdmund als Begründer der phänomenologischen Bewegung gilt,1 so dürfen die vorhusserlianischen Wurzeln dieser Bewegung dennoch nicht übersehen werden. Auf dem von PlatonPlaton, AristotelesAristoteles und AugustinusAugustinus gelegten Fundament ist auch Johann Wolfgang von GoetheGoetheJohann Wolfgang von mit seinem Ausdruck „UrphänomenUrphänomen“ zu den Vorläufern der Realistischen PhänomenologiePhänomenologie zu rechnen. In seinen Gesprächen mit Johann Peter Eckermann eröffnet er ihm am 18. Februar 1829 das Verständnis dieses Begriffs:

Das Höchste, wozu der MenschMensch gelangen kann, ist das Erstaunen, und wenn das UrphänomenUrphänomen ihn in Erstaunen setzt, so sei er zufrieden; ein Höheres kann es ihm nicht gewähren, und ein Weiteres soll er nicht dahinter suchen; hier ist die Grenze. Aber den Menschen ist der Anblick eines Urphänomens gewöhnlich nicht genug, sie denken, es müsse noch weiter gehen, und sie sind den Kindern ähnlich, die, wenn sie in einen Spiegel geguckt, ihn sogleich umwenden, um zu sehen, was auf der anderen Seite ist.2

HusserlHusserlEdmund hatte aber auch noch andere bedeutende Vorläufer. So den Prager Philosophen Bernard BolzanoBolzanoBernard3 (1781–1848), dessen logischer Objektivismus einen grossen Einfluss auf Husserls Logische Untersuchungen ausgeübt hat, und vor allem den bereits erwähnten Franz BrentanoBrentanoFranz.4 Noch vor HusserlHusserlEdmund entwickelte auch Max SchelerSchelerMax in seiner 1899 erschienenen Habilitationsschrift Die transzendentale und die psychologische MethodeMethode. Eine grundsätzliche Erörterung zur philosophischen Methodik ganz ähnliche Gedanken.5 Mit ihm kommt auch Alexander PfänderPfänderAlexander (1870–1941) mit seiner 1900 erstmals erschienenen PhänomenologiePhänomenologie des Wollens. Motive und MotivationMotivation als gleichzeitiger Mitbegründer der Phänomenologie in Betracht. Nicht zu verschweigen ist auch der Einfluss von Adolf ReinachReinachAdolf (1883–1917), der, obzwar zu der Zeit Husserls Schüler, als eigentlicher Begründer des phänomenologischen Objektivismus angesehen werden muss.6 ReinachReinachAdolf hatte einen grossen Einfluss auf die jüngeren Phänomenologen, zu denen neben Alexandre KoiréKoiréAlexandre (1892–1964) und Edith SteinSteinEdith (1891–1942) u.a. auch Dietrich von HildebrandHildebrandDietrich von gehörte.

Nach der Publikation von Husserls IdeenIdeen zu einer reinen PhänomenologiePhänomenologie und phänomenologischen Philosophie im Jahre 1913 nahmen verschiedene Phänomenologen allerdings eine kritische Haltung zu Husserls neuen Theorien und seiner Wende zum transzendentalen IdealismusTranszendentaler Idealismus ein. Eine Gruppe von Phänomenologen blieb Husserls Frühwerk und seinen Logischen Untersuchungen verbunden. Nachdem diese Richtung einst als Kreis der Göttinger und Münchener Phänomenologen bezeichnet wurde,7 hatte Josef SeifertSeifertJosef den Terminus Realistische PhänomenologieRealistische Phänomenologie eingeführt, um die historischen Bezeichnungen, die irreführend sein können, und die esoterischen Bezeichnungen Chreontologie und chreontische Philosophie8 mit einem sachlich angemesseneren Ausdruck zu überholen.9 Der phänomenologische Realismus ist nicht eine Philosophie, deren Gegenstände sich aus einer Setzung oder KonstruktionKonstruktion ergeben. Sie versteht die WirklichkeitWirklichkeit vielmehr so, dass ihre Gegenstände sich in ihrer eigenen objektiven NaturNatur und ihrer eigenen idealen oder realen ExistenzExistenz zu erkennen geben. Auch will sie keine neue Schulrichtung sein, sondern auf der „ewigen Philosophie“ (philosophia perennis) aufbauen, wie sie bei PlatonPlaton, AristotelesAristoteles, AugustinusAugustinus, AnselmAnselmvon Canterbury von Canterbury, Thomas von AquinThomas von Aquin, René DescartesDescartesRené und bei vielen anderen grundgelegt wurde.10

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