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3 Die verschiedenen Bedeutungen von „TranszendenzTranszendenz“
ОглавлениеDas angemessene Befassen mit der ReligionReligion setzt die Klärung des Begriffs der TranszendenzTranszendenz voraus. Die NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive dieses Unterfangens zeigte sich alleine schon an der äquivoken Verwendung dieses Terminus. Denn ob von einem BedürfnisBedürfnis nach der Transzendenz oder von der SelbsttranszendenzSelbsttranszendenz die Rede ist, beide Male bedeutet Transzendenz offensichtlich nicht dasselbe. Und nicht als hätte es mit diesen zwei – noch zu klärenden – Bedeutungen sein Bewenden, Transzendenz kann auch noch anderes bedeuten. Das WortWort „Transzendenz“ kommt aus dem Lateinischen (transcendere) und weist seinem Wortsinne nach auf ein Hinübersteigen, Übersteigen oder Übertreten hin. Damit verweist es auf eine Grenze, die überstiegen wird, um in eine jenseits liegende WirklichkeitWirklichkeit zu gelangen. Dann kann es aber auch den personalen Akt des Übersteigens selbst bedeuten, mit dem eine Grenze bewusst überschritten wird. In seinem HöhlengleichnisHöhlengleichnis hat PlatonPlaton ein solches Übersteigen anschaulich beschrieben als ein Übersteigen der Grenze, die das Sinnliche vom Intelligiblen und das Meinen vom ErkennenErkennen trennt.1 Im Sinne eines bewussten Aktes der PersonPerson kann das Übersteigen einer Grenze in den verschiedensten Weisen zur Realität werden. Beispielsweise durch das Übersteigen der in der eigenen Person errichteten Grenzmauern des HedonismusHedonismus durch das Erteilen einer AntwortAntworttheoretische, wie sie dem Gegenüber um seiner selbst willen gebührt.2 Schliesslich kommt der Transzendenz noch eine weitere Bedeutung zu. Nicht mehr bedeutet es das personale Übersteigen einer Grenze, sondern nun kommt ihm die Bedeutung der objektiven Tatsache zu, dass jenseits der Grenze eine andere Wirklichkeit ist. In diesem Sinne kann etwa davon gesprochen werden, dass GottGott der Welt transzendent ist. Als transzendent kann aber auch all das bezeichnet werden, was dem Menschen in seiner Erfahrungswelt prinzipiell nicht gegeben ist.3
Aufgrund dieser Klärungen des Begriffs der TranszendenzTranszendenz lässt sich nun auch ermessen, in welchem Sinne HusserlHusserlEdmund, MaslowMaslowAbraham und FranklFranklViktor E. sich auf die Transzendenz beziehen. Während HusserlHusserlEdmund die Fragen nach der ErkenntnisErkenntnis, den Werten, der ethischen HandlungEthische Handlung, der FreiheitFreiheit, der UnsterblichkeitUnsterblichkeit und nach GottGott thematisiert, zu deren Beantwortung die Grenze des Hier und Jetzt in einem personalen Akt transzendiert werden muss, so bedeutet die Transzendenz im Sinne von Maslows höchstem menschlichen BedürfnisBedürfnis ein Verlangen nach einer WirklichkeitWirklichkeit, die jenseits dieser Welt liegt.4 FranklFranklViktor E. verwendet den Terminus Transzendenz wieder im Sinne eines personalen Aktes, demgemäss ihm Transzendenz das Übersteigen der Intention nach Selbstverwirklichung durch die Hingabe des eigenen Selbst bedeutet.
In welcher Bedeutung wird nun von der TranszendenzTranszendenz in Sachen der ReligionReligion gesprochen? Im Sinne einer gelebten Beziehung des Menschen zu einem transzendenten GottGott, einer Beziehung über die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits hinweg? Doch geht die Initiative vom Menschen aus, ist er es, der sich transzendiert, oder transzendiert sich das Transzendente in die Welt des Menschen? Oder steht die Religion letztlich für einen wechselseitigen Prozess über die Grenze der Transzendenz hinweg? Die AntwortenAntworten auf diese Fragen stehen verständlicherweise nicht am Beginn der Arbeit. Ob sie zu verneinen oder zu bejahen sind, und wenn zu bejahen, in welchem Sinne, hat der Untersuchungsverlauf zu erweisen.