Читать книгу Teppiche - Clemens von Alexandria - Страница 26

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V. Kapitel

28.

1. Nun war vor der Ankunft des Herrn die Philosophie für die Griechen zur Rechtfertigung notwendig; jetzt aber wird sie nützlich für die Gottesfurcht, indem sie eine Art Vorbildung für die ist, die den Glauben durch Beweise gewinnen wollen. „Denn dein Fuß“, so heißt es, „wird nicht anstoßen“,129 wenn du alles Gute, mag es sich bei den Griechen oder bei uns finden, auf die Vorsehung zurückführst.

2. Denn Urheber alles Guten ist Gott; aber bei dem einen wie dem Alten und dem Neuen Testament ist das unmittelbar um seiner selbst willen der Fall; bei dem anderen wie der Philosophie ist es nur eine Folgeerscheinung.130

3. Vielleicht wurde die Philosophie aber auch um ihrer selbst willen den Griechen gegeben zu jener Zeit, bevor der Herr auch die Griechen berufen hatte; denn auch sie erzog das Griechenvolk für Christus wie das Gesetz die Hebräer.131 Demnach bahnt die Philosophie den Weg und bereitet den vor, der von Christus vollendet werden soll.

4. So sagt Salomon: „Schütze die Weisheit wie mit einem Wall, und sie wird dich erhöhen; mit einem prächtigen Kranze wird sie dich schützen wie mit einem Schilde“132 da ja auch du sie für die Sophisten unangreifbar machen wirst, wenn du sie durch die Philosophie und durch berechtigte Prunkentfaltung133 wie mit einem Wall befestigt hast.134

29.

1. Es gibt freilich nur einen einzigen Weg zur Wahrheit, aber in ihn münden wie in einen unversieglichen Strom die Gewässer von allen Seiten ein.

2. Mit göttlicher Weisheit ist daher gesagt: „Höre, mein Sohn, und nimm meine Worte auf“, so heißt es, „damit dir viele Lebenswege zuteil werden. Denn Weisheitswege will ich dich lehren, damit dir die Quellen nicht mangeln“,135 die aus der nämlichen Erde hervorsprudeln.

3. Jedoch hat er nicht nur bei einem einzigen Gerechten von mehreren Heilswegen geredet, er fährt vielmehr etwa folgendermaßen fort, wobei er auf viele andere Wege vieler Gerechter hinweist:136 „Die Wege der Gerechten leuchten gleich dem Licht.“137 Auch die Gebote und die Vorstufen der Bildung dürften ja Wege und Ausgangspunkte für das Leben sein.

4. „Jerusalem, Jerusalem, wie oft wollte ich deine Kinder sammeln wie eine Henne ihre Jungen!“138 Jerusalem wird aber mit „Gesicht des Friedens“ übersetzt. Der Herr gibt also in prophetischer Weise zu verstehen, daß die friedlich Schauenden auf mancherlei Art für die Berufung erzogen worden sind.

5.Wie nun? Er wollte, aber er konnte nicht. Wie oft oder wo? Zweimal, durch die Propheten und durch sein Kommen. Als vielgestaltig erweist also die Weisheit der Ausdruck „wie oft“, und in jeder möglichen Gestalt sowohl hinsichtlich der Art und Weise als auch der Zahl der Wiederholungen rettet sie unter allen Umständen einige in der Zeit und in der Ewigkeit. „Denn der Geist des Herrn hat den Erdkreis erfüllt.“139

6. Und wenn jemand den Text vergewaltigt und behauptet, mit den Worten: „Merke nicht auf ein schlechtes Weib; denn Honig träufelt von den Lippen der Dirne“,140 sei die griechische Bildung gemeint, so höre er die folgenden Worte: „und eine Zeitlang ergötzt sie deinen Gaumen“,141 wie es heißt; die Philosophie aber schmeichelt nicht.

7. Wen meint nun die Schrift mit dem Weib, das zur Dirne wurde? Sie sagt es ausdrücklich in den folgenden Versen: „Denn die Füße der Torheit führen die, die sich mit ihr abgeben, mit dem Tode in die Unterwelt; ihre Fußspuren haben keinen festen Stand. Nimm also deinen Weg fern von der törichten Lust; tritt nicht an die Türen ihrer Wohnung, auf daß du nicht andern dein Leben preisgebest.“142

8. Und sie versichert noch dazu: „Dann wirst du es im Alter bereuen, wenn das Fleisch deines Körpers kraftlos geworden ist.“143 Denn dieses ist das Ende der törichten Lust.

9.Und so viel darüber. Wenn die Schrift aber sagt: „Verkehre nicht viel mit einem fremden Weibe!“144 so ermahnt sie damit, die weltliche Weisheit zwar zu verwenden, aber sich nicht anhaltend mit ihr zu beschäftigen und nicht andauernd bei ihr zu verweilen. Denn nur ein auf das Wort des Herrn vorbereitender Unterricht ist in dem enthalten, was zur rechten Zeit jedem Geschlecht zu seinem Nutzen gegeben worden ist.

10. „Denn schon manche haben, von den Reizen der Dienerinnen berückt, die Herrin, die Philosophie, vernachlässigt und sind alt geworden“145 teils in der Musik, teils in der Geometrie, teils in der Grammatik, die meisten aber in der Rhetorik.

30.

1. Wie aber die allgemeinen Wissenschaften Beiträge für ihre Herrin, die Philosophie, liefern, so hilft auch die Philosophie selbst mit zum Erwerb der Weisheit. Denn die Philosophie ist eifrige Beschäftigung mit Weisheit; die Weisheit aber ist die Kenntnis göttlicher und menschlicher Dinge und ihrer Ursachen. Demnach ist die Weisheit Herrin über die Philosophie, so wie diese Herrin über die vorbereitenden Wissenschaften ist.

2. Denn wenn die Philosophie verspricht, die Beherrschung der Zunge, des Bauches und der Teile unter ihm zu lehren, und ihrer selbst wegen erstrebenswert ist, so wird sie noch erhabener und vorzüglicher erscheinen, wenn man sich der Ehre und der Erkenntnis Gottes wegen mit ihr beschäftigt.146

3. Für das Gesagte wird die Schrift mit folgendem ein Zeugnis geben: Sara war schon lange unfruchtbar und war Abrahams Weib. Da Sara kein Kind gebiert, überläßt sie ihre Magd, die Ägypterin Hagar, dem Abraham, um mit ihr Kinder zu zeugen.147

4. Die mit dem Gläubigen vermählte Weisheit (als gläubig aber und gerecht wurde Abraham erachten)148 war also zu jener Zeit noch unfruchtbar und kinderlos und hatte dem Abraham noch nichts Tugendhaftes geboren; da hielt sie es begreiflicherweise für richtig, daß er sich, da es für ihn bereits Zeit zum Fortschritt war, zuerst mit der weltlichen Bildung vermähle (mit dem allegorischen Ausdruck Ägypten ist die Welt gemeint)149 und erst später sich mit ihr selbst verbinde, um entsprechend der göttlichen Vorsehung den Isaak zu erzeugen.

31.

1. Philon übersetzt aber den Namen Hagar mit „Aufenthalt in der Fremde“150 (denn hier heißt es: „Verkehre nicht viel mit der Fremden!“),151 den Namen Sara aber mit „meine Herrschaft“152 Es ist also möglich, nach Vollendung der Vorbildung zu der Weisheit zu gelangen, die zur Herrschaft am fähigsten ist; aus ihr entsprossen, wächst das Geschlecht der Israeliten heran.

2. Damit ist bewiesen, daß die Weisheit, deren sich Abraham befleißigte, fähig ist, zu lehren, da er von der Betrachtung der Himmelskörper zu dem gottgemäßen Glauben und zur Gerechtigkeit fortschritt.153

3. Isaak aber zeigt die Fähigkeit, etwas aus sich selbst zu lernen; deshalb wird er auch als Vorbild Christi erfunden. Dieser ist der Gatte einer einzigen Frau,154 der Rebekka, was man mit „Geduld“ übersetzt.155

4. Von Jakob aber wird erzählt, daß er mit mehreren Frauen verkehrt habe. Das entspricht dem, daß sein Name als „der Übende“ gedeutet wird (denn die Übungen finden an mehreren, verschiedenen Lehrmeinungen statt); deshalb erhält er auch den anderen Namen Israel, der in der Tat „zum Sehen Geschickte“,156 als ein Mann, der vielerfahren und fähig ist, sich zu üben.

5. Auch noch etwas anderes dürfte durch die drei Erzväter kundgetan sein, daß nämlich das Siegel der Erkenntnis echt ist, wenn es aus Naturanlage, Lernen und Übung besteht.157

6. Als ein anderes Gleichnis des Gesagten kannst du noch Thamar nehmen, die sich an einem Kreuzwege niedergesetzt und den Anschein, eine Dirne zu sein, erweckt hatte. Diese betrachtete der lernbegierige Judas (er wird mit „mächtig“ erklärt),158 der nichts ungeprüft und unerforscht ließ, und „bog zu ihr ab“; er blieb aber seinem Bekenntnis zu Gott treu.159

32.

1. Deshalb geschah auch folgendes. Als Sara auf Hagar, die sie an Glück übertraf, eifersüchtig war, da sagte Abraham zum Zeichen dafür, daß er von der weltlichen Philosophie nur das Nützliche ausgewählt hatte: „Siehe, das Mädchen ist in deiner Hand; tu mit ihr, was dir gefällt!“ Damit will er sagen: Ich weiß zwar die weltliche Bildung zu schätzen, jedoch ohne zu vergessen, daß sie noch jung und nur deine Dienerin ist; deine Wissenschaft aber achte und verehre ich als die im reifen Alter stehende Herrin.160

2. „Und Sara bedrängte sie“,161 was gleichbedeutend ist mit: sie strafte und ermahnte sie.162 Es ist also trefflich gesagt: „Verachte, mein Sohn, die Zucht Gottes nicht und verzage nicht, wenn du von ihm gestraft wirst! Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.“163

3. Wenn wir die soeben angeführten Schriftworte an anderen Stellen untersuchen, werden wir darlegen, daß sie andere Geheimnisse verkünden.

4. Wir sprechen es also von jetzt an ganz offen aus: Die Philosophie hat die Erforschung der Wahrheit und des Wesens der Dinge zur Aufgabe (es handelt sich aber um die Wahrheit, von der der Herr selbst sagte: „Ich bin die Wahrheit“164); andererseits schult die auf die Ruhe in Christus vorbereitende Bildung den Geist, weckt den Verstand und erzeugt Gewandtheit im Suchen nach der wahren Philosophie.165 Diese besitzen die Eingeweihten, nachdem sie sie gefunden oder vielmehr von der Wahrheit selbst erhalten haben.

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